Aufräumarbeiten nach Unwettern in Griechenland
AP/Eurokinissi/Anastasia Karekla
Griechenland

Unwetter hinterlässt „Spur der Verwüstung“

Sintflutartigen Regenfälle haben in Griechenland Häuser, Geschäfte und Straßen überflutet. In griechischen Medien war am Mittwoch von Schäden „epischen Ausmaßes“ die Rede, in weiten Teilen des Landes hinterließ das „Daniel“ genannte Sturmtief eine „Spur der Verwüstung“. Nachdem die schweren Unwetter mit Starkregen in der Nacht auf Mittwoch andauerten, ist es für Entwarnung zu früh.

Zahlreiche Menschen hätten „unter noch nie da gewesenen Bedingungen um ihr Leben“ gekämpft „und ließen ihr Eigentum und ihre Autos zurück“, berichtete die Athener Zeitung „Ekathimerini“ Mittwochfrüh. Bisher sind zwei Todesopfer bestätigt. Nach Angaben des Senders ERT werden drei Personen vermisst.

Eine vorläufige Bilanz möglicher Verletzter oder Todesopfer könne noch nicht gezogen werden, sagte Efthymios Lekkas, Geologieprofessor an der Universität Athen. Zahlreiche Dörfer in den von Unwettern betroffenen Regionen konnten wegen Erdrutschen nicht erreicht werden und hatten teils auch keinen Strom, kein Handynetz und keine Internetverbindung.

Überflutung durch Unwetter in Griechenland
Reuters/Eurokinissi/Thanassis Kalliaras
Kleine Bäche verwandelten sich in reißende Flüsse

Überflutete Straßen in Volos

Besonders betroffen sind die Hafenstadt Volos und ihr Umland. So haben den „Ekathimerini“-Angaben zufolge etliche Dörfer auf der Halbinsel Pilio große Schäden erlitten und sind weiterhin blockiert.

Wegen der schweren Unwetter wurden die Menschen in den besonders stark betroffenen Städten und Regionen am Dienstagabend aufgefordert, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen. In Volos, wo das Wasser in manchen Straßen fast bis zu den Dächern geparkter Wagen reichte, wurden Autos von den Wassermassen ins Meer gespült, Keller und Geschäfte wurden überschwemmt.

Flüge gestrichen, Fähre kann nicht anlegen

Im Flughafen der Insel Skiathos saßen mehrere hundert Menschen fest, da nach Angaben des Senders Skai die Flüge gestrichen wurden.

Hunderte Menschen haben zudem die Nacht auf der Fähre „Superstar“ im Meer vor Volos verbracht. Auch in der Früh lag das Schiff der Reederei Seajets noch mehrere Seemeilen vom Hafen entfernt. Medienberichten zufolge hatte die Hafenpolizei von Volos das Anlegen der Fähre untersagt, weil der Hafen zuvor unter Wasser stand und auch die Verkehrssituation in der Stadt sehr schwierig sei.

„Noch nie gesehen“

Das Ausmaß der Regenfälle, die zu Wochenbeginn auf eine lange Dürreperiode folgten, überrascht selbst Experten. Solche sintflutartigen Regenfälle gebe es sonst nicht einmal in den regenreicheren Wintermonaten, so die Nachrichtenagentur dpa, die Meteorologen mit den Worten zitierte: Man habe so etwas „noch nie gesehen“.

Überflutung durch Unwetter in Griechenland
Reuters/Louisa Gouliamaki
Überflutete Straßen in Volos

Die Regenwassermengen, die am Dienstag über der Region Thessalien in Mittelgriechenland niedergingen, seien nach Angaben der griechischen Wetterbehörde EMY die höchsten seit Beginn der Aufzeichnungen. In der Ortschaft Zagora seien am Dienstag demnach 754 Millimeter Regen je Quadratmeter von Mitternacht bis 20.45 Uhr gefallen. Der bisherige Höchstwert wurde am 10. Dezember 2009 im ebenfalls in der Region liegenden Ort Makrinitsa gemessen. Damals betrug die Niederschlagsmenge allerdings nur etwas mehr als die Hälfte des neuen Höchstwerts, nämlich 417 Millimeter pro Quadratmeter.

„Was in (der Region, Anm.) Magnisia passiert, ist ein äußerst extremes Phänomen, sowohl was die Menge und Intensität der Niederschläge als auch ihre Dauer angeht“, sagte Chefmeteorologe Kostas Lagouvardos. Lagouvardos vermutet, dass die aktuell relativ hohen Temperaturen des Meeres dazu beigetragen haben könnten. „Es handelt sich um ein statisches System, das ständig mit feuchter Meeresluft versorgt wird, wodurch es ständig an derselben Stelle regnet“.

„Kommende Sommer wahrscheinlich noch schwieriger“

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis besuchte am Dienstag den Zivilschutz, um sich über die Lage zu informieren. So wie für die Waldbrände, die zuletzt über Wochen in Griechenland wüteten, stellte Mitsotakis auch bei den nun tobenden Unwettern einen Zusammenhang mit der Klimakrise außer Frage. „Ich fürchte, dass es die sorglosen Sommer, wie wir sie kannten, nicht mehr geben wird, und die kommenden Sommer werden wahrscheinlich noch schwieriger werden“, so Mitsotakis laut griechischen Medien.

Frühzeitige Warnung

Experten hatten zu Wochenbeginn vor dem aufziehenden Sturmtief gewarnt. Die Warnung wurde etwa mittels Handymitteilungen des Zivilschutzes auch an die Bevölkerung der betroffenen Regionen weitergeleitet. Polizei und Feuerwehr sind weiter im Dauereinsatz, und Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias appelliert immer wieder, die Menschen sollten den Anweisungen der Behörden unbedingt Folge leisten.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Die Alarmkette habe grundsätzlich funktioniert, hieß es am Mittwoch in diversen Medienberichten – allerdings war es laut „Ekathimerini“ etwa auf dem Pilion sehr schwierig, alle Menschen vor dem Ausbruch des Unwetters rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

Weitere Regenfälle prognostiziert

Während sich die Situation auf den Sporadeninseln Skiathos, Skopelos und Alonnisos zwischenzeitlich leicht entspannte, wütete „Daniel“ weiterhin in der Region Thessalien. Der Zivilschutz verhängte dort für einige Orte Fahrverbote, damit die Rettungsfahrzeuge freie Fahrt haben und weil viele Straßen wegen Überschwemmung gesperrt waren, wie Bilder in griechischen Medien zeigten.

EMY warnte am Mittwoch vor weiteren starken Regenfällen, Stürmen und einer hohen Anzahl von Blitzen. Betroffen seien die Region Thessalien, die Sporaden, die Insel Euböa, der Osten und der Süden der Halbinsel Peloponnes sowie Regionen im Norden des Landes nahe der Hafenstadt Thessaloniki.

Die Menschen seien angehalten, in den betroffenen Regionen möglichst nicht auf die Straße zu gehen, wegen der Blitzgefahr Bäume und Küstengebiete zu meiden und nicht zu versuchen, Wildbäche zu Fuß oder mit dem Auto zu überqueren. Den Prognosen zufolge soll es vielerorts auch am Donnerstag stark regnen und stürmen. Erst am Freitag soll sich das Wetter beruhigen.

Aufräumarbeiten nach Unwettern in Griechenland
AFP/Eurokinissi
In Medienberichten ist von Schäden „epischen“ Ausmaßes die Rede

Tote bei Überschwemmungen in Istanbul

Vom Sturmtief betroffen sind auch Bulgarien und der Westen der Türkei. In Bulgarien kamen am Dienstag an der südlichen Schwarzmeer-Küste zwei Menschen ums Leben, weitere drei wurden vermisst. Nach zwei Toten in der Grenzregion zu Bulgarien wurden in der Türkei am Mittwoch zwei weitere Todesopfer aus der Millionenmetropole Istanbul gemeldet. Mehrere Personen seien bei Überschwemmungen zudem verletzt worden, sagte Innenminister Ali Yerlikaya in der Früh.

Verheerende Unwetter in Südosteuropa

Bei Starkregen und Unwettern sind in Griechenland, Bulgarien und der Türkei bereits mehrere Menschen ums Leben gekommen.

Am Vorabend war es in Istanbul zu sturzflutartigen Regenfällen in zwei Bezirken im Norden der Stadt gekommen. Straßen verwandelten sich in reißende Flüsse, und Autos wurden von den Fluten weggespült. Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu sagte, aus einer Stadtbücherei seien mehrere Menschen in Sicherheit gebracht worden, nachdem Wasser in das Gebäude eingedrungen war. Er betonte, dass sich die Türkei als Folge des Klimawandels auf weitere Extremwetterereignisse einstellen müsse.