Überschwemmtes Land und Straße in Larissa
AP/Vaggelis Kousioras
Unwetter in Griechenland

Autobahn gesperrt, viele Orte unerreichbar

Griechenland ist weiterhin stark von schweren Regenfällen und Überschwemmungen getroffen. Dramatisch ist vor allem die Situation in Mittelgriechenland, wo es die ganze Nacht durchregnete. Es gab Tausende Feuerwehreinsätze, in der Nacht auf Donnerstag musste die wichtigste Autobahn zwischen Athen und Thessaloniki aufgrund der Flut auf einer Länge von 200 Kilometern gesperrt werden, zahlreiche Orte sind nicht erreichbar. Zwei Österreicher gelten zudem als vermisst.

„Zum aktuellen Zeitpunkt müssen wir leider bestätigen, dass zwei österreichische Staatsbürger am von den Unwettern stark betroffenen Pilion vermisst werden. Die österreichische Botschaft in Athen und das Honorarkonsulat in Volos stehen in laufendem Kontakt mit den lokalen Behörden, um die Suche nach den Vermissten bestmöglich zu unterstützen“, so das Außenministerium gegenüber der APA.

Laut dem Portal Ekathimerini.com handelt es sich um ein frischvermähltes Paar aus Graz, dessen Ferienunterkunft am Dienstag in der Region Pilion weggeschwemmt wurde. Demnach floh das Paar auf einen Hügel, um den Wassermassen zu entkommen. Seither werden sie vermisst – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Schwere Unwetter in Südosteuropa

In Griechenland setzen sich die schweren Regenfälle und Überschwemmungen fort. Besonders besorgniserregend ist die Situation in Mittelgriechenland, wo es die ganze Nacht hindurch ununterbrochen regnete. Die Feuerwehr verzeichnete Tausende von Einsätzen, und in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag musste die wichtigste Autobahnverbindung zwischen Athen und Thessaloniki aufgrund der Überschwemmungen über eine Strecke von 200 Kilometern gesperrt werden. Zahlreiche Ortschaften sind derzeit schwer erreichbar. Zusätzlich werden zwei österreichische Staatsbürger vermisst.

Zugsverkehr unterbrochen

Insgesamt verschärfte sich die Hochwassersituation in den betroffenen Gegenden am Donnerstag weiter. Auch der Zugsverkehr zwischen Athen und Thessaloniki wurde unterbrochen. Die große Tiefebene in der Region Thessalien, die „Kornkammer“ Griechenlands, steht zu vier Fünfteln unter Wasser. Von Athen, wo es ebenfalls stark regnete, wurden keine schweren Schäden gemeldet.

Viele Dörfer und große Teile der Städte Volos, Larisa und Karditsa haben nach wie vor keinen Strom, und dadurch ist auch die Wasserversorgung ausgefallen. Auch viele Kläranlagen funktionieren nicht. Einige Orte sind aufgrund von Erdrutschen und umgestürzten Bäumen nicht erreichbar. Straßen waren aufgrund von Schlamm und Trümmern selbst für Feuerwehr und Katastrophenschutz unpassierbar. In Karditsa stand das Wasser oft bis zu den Dächern der Häuser. „Das Wasser ist an manchen Stellen bis zu vier Meter hoch“, sagte ein Bewohner.

Ein Haus unter Wasser
AP/Vaggelis Kousioras
Vier Fünftel der Tiefebene in Thessalien stehen unter Wasser

5.000 Feuerwehreinsätze in der Nacht

„So etwas haben wir noch nicht gesehen. Allein in der Nacht mussten wir 5.000-mal ausrücken, um Menschen zu helfen“, sagte der Feuerwehrsprecher Giorgos Artopoios gegenüber dem griechischen Radio. Zahlreiche Menschen seien mit Schlauchbooten von der Feuerwehr und dem Zivilschutz aus ihren umspülten Häusern in Sicherheit gebracht worden. Zusätzlich habe man Verstärkung aus allen anderen Regionen Griechenlands geholt.

Laut Artopoios ist inzwischen auch das Militär in Schlauchbooten im Einsatz. In der gesamten Region Thessalien leben rund 700.000 Menschen – so gut wie alle seien von der Flut betroffen, heißt es in griechischen Medien.

Bürgermeister der betroffenen Regionen berichten von eingebrochenen Straßen und Brücken, zerstörten Häusern und Unternehmen. Schäden in Milliardenhöhe werden befürchtet. In Volos wurden schon am Dienstag ganze Straßenzüge überschwemmt. Autos wurden von den Wassermassen ins Meer gespült, zahllose Keller und Geschäfte überschwemmt.

Dimension der Schäden nicht absehbar

Noch ist das Ausmaß der Schäden nicht absehbar. „Es ist unmöglich, die Straßen zu räumen“, sagte der Bürgermeister Achilleas Mpeos der rund 86.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Hafenstadt Volos am Pagasitischen Golf in der Region Thessalien am Mittwoch. „Gerade hört es für ein paar Minuten auf zu regnen, und wir gehen mit schwerem Gerät rein“, dann fange es aber sofort wieder an zu regnen. Premierminister Kyriakos Mitsotakis will laut einem Bericht der Zeitung „Ekathimerini“ nach Volos fahren.

Eingestürzte Brücke
Reuters/Stamos Prousalis
Durch den starken Regen wurden zahlreiche Straßen und Brücken zerstört

Er stellte wie schon bei den Waldbränden in den Wochen zuvor nun bei den Unwettern einen Zusammenhang mit der Klimakrise außer Frage. „Ich fürchte, dass es die sorglosen Sommer, wie wir sie kannten, nicht mehr geben wird, und die kommenden Sommer werden wahrscheinlich noch schwieriger werden“, so Mitsotakis laut griechischen Medien. Einzelne Extremereignisse lassen sich nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver.

Fachleute von Ausmaß überrascht

Experten hatten zu Wochenbeginn vor dem aufziehenden Sturmtief gewarnt. Die Warnung wurde etwa mittels Handymitteilungen des Zivilschutzes auch an die Bevölkerung der betroffenen Regionen weitergeleitet. Die Alarmkette habe grundsätzlich funktioniert, hieß es am Mittwoch in diversen Medienberichten – allerdings war es laut „Ekathimerini“ etwa auf dem Pilion sehr schwierig, alle Menschen vor dem Ausbruch des Unwetters rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

Das Ausmaß der Regenfälle, die zu Wochenbeginn auf eine lange Dürreperiode folgten, überrascht selbst Fachleute. Solche sintflutartigen Regenfälle gebe es sonst nicht einmal in den regenreicheren Wintermonaten, so die Nachrichtenagentur dpa, die Meteorologen mit den Worten zitierte: Man habe so etwas „noch nie gesehen“. Die Regenwassermengen, die am Dienstag über der Region Thessalien in Mittelgriechenland niedergingen, seien nach Angaben der griechischen Wetterbehörde EMY die größten seit Beginn der Aufzeichnungen.

Ein Auto unter Wasser
AP/Thodoris Nikolaou
In der Region Pilion sank ein Auto nach intensivem Regen in einem See

Tote auch in Bulgarien und der Türkei

Offiziellen Angaben zufolge starben durch die Unwetter in Griechenland bisher vier Menschen. Es gibt weiterhin mehrere Vermisste. Eine abschließende Bilanz zur Zahl der Todesopfer sei nicht möglich, sagte der griechische Geologe Efthymis Lekka, da viele Orte nicht erreichbar seien. Betroffen von den schweren Unwettern waren aber auch Bulgarien und der Westen der Türkei. Insgesamt forderten die heftigen Regenfälle bisher mindestens 14 Menschenleben.

In Bulgarien kamen an der südlichen Schwarzmeer-Küste vier Menschen ums Leben. Mit einem Kutter der Grenzpolizei wurde am Mittwoch im Schwarzen Meer vor Zarewo der leblose Körper einer vermissten Frau entdeckt, wie die bulgarische Polizei mitteilte. Die Leiche ihrer Mutter war am Dienstag an Land gespült worden. Mutter und Tochter wollten Medienberichten zufolge mit einem Geländewagen vor dem Hochwasser fliehen, das Fahrzeug geriet in den Fluss und wurde ins Meer getrieben.

Acht Todesfälle wurden aus der Türkei gemeldet. Betroffen war auch die Millionenmetropole Istanbul, wo es bereits am Dienstag zu sturzflutartigen Regenfällen in zwei Bezirken im Norden der Stadt gekommen war. Straßen verwandelten sich in reißende Flüsse, und Autos wurden von den Fluten weggespült.

Hilfe auf EU-Ebene gefordert

EU-Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley forderte derweil EU-Hilfen für die betroffenen Länder. Wie bereits bei früheren Naturkatastrophen in anderen Mitgliedsstaaten solle der EU-Solidaritätsfonds für den Wiederaufbau in Anspruch genommen werden, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es wäre ein Fehler zu glauben, dass es sich nur um gewöhnliche Wetterphänomene handele.