„Blutgeld“-Sager: Selmayr ins Außenministerium zitiert

Nach seiner drastischen Kritik an den milliardenschweren österreichischen Gaszahlungen nach Russland ist der EU-Vertreter in Wien, Martin Selmayr, ins Außenministerium zitiert worden. „Herr Selmayr wurde zu einem Gespräch mit dem Generalsekretär ins Außenministerium zitiert“, teilte eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) der APA heute mit. Selmayr hatte die Zahlungen Österreichs als „Blutgeld“ bezeichnet. Die FPÖ forderte sogar die Abberufung Selmayrs.

„Oh mein Gott, 55 Prozent des österreichischen Gases kommen weiterhin aus Russland“, sagte der EU-Vertreter bei der Diskussionsveranstaltung der Kunstmesse viennacontemporary. Österreich finanziere derart Putins Krieg, und niemand sei auf der Wiener Ringstraße, um dagegen zu protestieren.

„Das verwundert mich, denn Blutgeld wird jeden Tag mit der Gasrechnung nach Russland geschickt“, erklärte Selmayr. Er verstehe zwar die Energieprobleme, Österreich sei jedoch ein reiches Land und könne wie auch andere Staaten ohne russisches Gas auskommen, erläuterte er.

FPÖ reagiert empört

Empört auf die Aussagen Selmayrs reagierte die FPÖ. „Das Mindeste ist, dass ÖVP-Kanzler (Karl, Anm.) Nehammer von der Kommission sofort die Abberufung Selmayrs fordert!“, schrieb FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung. „Ein freiheitlicher Volkskanzler Herbert Kickl würde jedenfalls wissen, was jetzt umgehend zu tun sei: Das ‚One-Way-Ticket‘ nach Brüssel könnte sich Selmayr heute noch online buchen!“ Selmayr habe nicht nur „keine Ahnung von den Sorgen und Nöten der österreichischen Bevölkerung, er verhöhnt sie mit derartigen Aussagen auch noch“.

Kurze Zeit später hieß es aus dem Außenministerium, dass Selmayr ins Ministerium zitiert werde. „Dieses Gespräch wird unmittelbar nach der Rückkehr Selmayrs nach Österreich stattfinden“, sagte eine Sprecherin.

Als „unseriös und kontraproduktiv“ sowie „völlig einseitig“ kritisierte Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) die Äußerungen Selmayrs. „Es ist bedauerlich, dass offenbar auch einem EU-Beamten gewisse Fakten nicht vertraut zu sein scheinen. Während Österreich seine Abhängigkeit von russischem Gas nachweislich reduziert und wichtige Vorkehrungen zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung getroffen hat, steigen innerhalb der EU die Mengen russischen LNG (Flüssiggases, Anm.) – nämlich um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum“, so Edtstadler.