Viele 100-Euro-Scheine
Reuters/Leonhard Foeger
Finanzausgleich

Heiße Phase bringt neues Angebot

Die Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden befinden sich in der heißen Phase. Doch derzeit scheint die Stimmung eher unterkühlt zu sein. Die Gespräche über Aufgaben und die Aufteilung des Steuerkuchens stocken. Zuletzt preschte die Regierung in Sachen Kinderbetreuung vor, im Gesundheitsbereich wird um eine Reform gerungen. Ein neues Angebot soll die stockenden Gespräche nun vorantreiben.

Seit Monaten wird verhandelt, doch richtige Meilensteine konnten bisher nicht gesetzt werden. Das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) hielt am Freitag in einer Information fest, dass in den Bereichen Gesundheit und Pflege an Reformen gearbeitet würde, das Finanzierungsthema sei jedoch „nach wie vor ungeklärt“.

Dabei blieben nach KDZ-Angaben nur noch wenige Wochen für eine Einigung, denn die Vereinbarungen müssen noch durch das Parlament. „Kommt es daher nicht bald zu einer Einigung, besteht die Gefahr, dass es keine Nachfolgeregelung gibt.“

Brunner mit „Zukunftsfonds“

Der stockenden Verhandlungen ist sich das Finanzministerium wohl bewusst. Denn am Freitag schlug Ressortchef Magnus Brunner (ÖVP) den Ländern einen „Zukunftsfonds“ vor, über den zielgebunden zusätzliche Mittel fließen sollen. Vom Prinzip her ist vorgesehen, dass es in jedem Bundesland definierte und messbare Ziele in den Bereichen Kinderbetreuung, Wohnen sowie Klima und Umwelt geben soll.

Erreichen die Länder diese, soll es mehr Geld seitens des Bundes geben. Über die Dotierung des Fonds wird geschwiegen. Brunner sieht darin einen „völlig neuen und innovativen Denkansatz“. Wie Länder und Gemeinden ihre Ziele erreichen, bleibe diesen überlassen. Das erlaube eine hohe Flexibilität bei gleichzeitig gemeinsamen Zielen.

Skepsis in Wien und Kärnten

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) begrüßte Brunners Vorstoß. Er sah die Verhandlungen am Freitag auf dem richtigen Weg – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Ähnlich sieht es der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP): Der Bund habe „erste Schritte in die richtige Richtung gemacht“. Zufrieden ist er aber noch nicht: „Es ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, und weitere Verhandlungen sind notwendig.“

Städtebund-Präsident und Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigte sich weniger zufrieden: „Wir haben klargestellt, dass die Höhe des Angebots noch nicht reicht.“ Für Städte und Gemeinden müsse endlich Klarheit geschaffen werden.

Skeptisch blieb auch der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der eigenen Angaben zufolge „Sorgenfalten“ hat. Die gebotene Summe sei viel zu wenig: „Das geht sich beim besten Willen nicht aus. Wenn die Bundesregierung dabei bleibt, dann sind viele derzeitige Leistungen insbesondere in der Gesundheits- und Pflegeversorgung gefährdet.“

Finanzierungsstrategie vermisst

Als prioritär sieht die Regierung die Bereiche Kinderbetreuung, zu der Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) jüngst eine Offensive angekündigt hat, Wohnen sowie Klima und Umwelt. Laut KDZ beschränkt sich das Thema Klimaschutz auf die Frage der Verteilung der Strafzahlungen auf Bund und Länder bei Zielverfehlung. Bisher fehle „zur Gänze“ eine gemeinsame Finanzierungsstrategie zur Verhinderung des Misslingens.

Etwas schärfer formulieren die Fachleute das Thema Kinderbetreuung. Als Finanzierung sei vonseiten des Bundes „überraschend“ ein Ausbauprogramm in Höhe von 4,5 Milliarden Euro bis 2030 ins Spiel gebracht worden, „ohne sich vorab mit den anderen Ebenen abzustimmen. Gemeinsame Verhandlungen sehen anders aus“, hielt das KDZ fest.

Kasse will Geld vom Bund für Ärztegesamtvertrag

Am Freitag wurde bei einer Verhandlungsrunde um eine Reform im Gesundheitssystem gerungen. Während Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) die Gespräche „auf einem guten Weg“ sieht, kam aus der Sozialversicherung eine weitere Forderung: Der Bund solle nicht nur neue Planstellen finanzieren, sondern auch Mittel für die Schaffung des überfälligen bundesweiten Gesamtvertrages mit den Ärzten und Ärztinnen bereitstellen.

Nur mit mehr Geld lasse sich die Umstellung auf ein einheitliches, erweitertes Leistungsspektrum bewerkstelligen. Laut APA wünscht sich die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) einen klaren gesetzlichen Auftrag an die ÖGK und die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK), einen entsprechenden Vertrag zu verhandeln, und zwar mit genauer Zeitvorgabe.

Leistungsspektrum vereinheitlichen

Dieser Vertrag soll dann für alle ÖGK-Vertragsärzte und -ärztinnen im ganzen Land gelten. Weil die Honorare harmonisiert wären, würden Kassenverhandlungen mit den neun Landesärztekammern der Vergangenheit angehören, was ebenfalls gesetzlich festgeschrieben werden müsste.

Das Leistungsspektrum sollte vereinheitlicht und auch erweitert werden. Für die Ärzte und Ärztinnen sollte es häufigere Pauschalhonorierungen geben, um deren Zeit und Leistung stärker zu bewerten. Neben attraktiveren Honoraren soll auch eine verpflichtende Leistungserbringung vorgegeben werden.

Dass ein Patient eine bestimmte Untersuchung bei einer niedergelassenen Ärztin nicht erhält, nur weil für die Medizinerin in diesem Monat schon die verrechenbare Höchstzahl zum besten Tarif erreicht ist, würde aufhören. Umgekehrt soll auch niemandem mehr eine – vielleicht gar nicht notwendige – Untersuchung aufgedrückt werden, nur weil die Ordinationssoftware der Ärztin anzeige, dass sie diese noch verrechnen könne.

Gesamtvertrag im Prinzip Konsens

Dass es diesen Gesamtvertrag geben soll, ist im Prinzip Konsens zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung. Ende Juni wurde dieser als einer der Eckpunkte für die Verhandlungen zur Gesundheitsreform festgelegt. Dem Vernehmen nach lehnt es das Finanzministerium aber ab, neben neuen Ärzteplanstellen auch dafür Geld lockerzumachen. In der ÖGK hält man genau das aber für essenziell. Andernfalls werde sich eine Entlastung der Spitäler und eine Verbesserung im niedergelassenen Bereich nicht realisieren lassen.

Die Ärztekammer reagierte positiv auf den Vorschlag der ÖGK. Die niedergelassene Ärzteschaft sei gesprächsbereit, denn die Kammer habe selbst schon vor geraumer Zeit in Eigenregie einen fertigen Entwurf für einen solchen Leistungskatalog vorgelegt, so Vizepräsident Edgar Wutscher in einer Aussendung.

Wichtig sei, dass vorab ausführlich mit allen Vertragspartnern gesprochen werde und man regionale Besonderheiten berücksichtige. Irritiert zeigt sich Wutscher aber über den Vorwurf, Ärzte würden ihre Patientinnen nicht nach Bedarf, sondern nach den Tarifen behandeln. Er bezeichnete das als absurd: „Ich verwehre mich vehement gegen solche bösartigen Verdächtigungen.“