Zerstörung nach Erdbeben in Marokko
Reuters/Abdelhak Balhaki
Beben in Marokko

Hunderte Tote, Suche nach Überlebenden

Nach dem verheerenden Erdbeben mit mehr als 800 Todesopfern wird in Marokko nach Überlebenden gesucht. Die Behörden gehen davon aus, dass die Zahl der Toten noch steigen wird. Das Ausmaß der Schäden ist enorm. Das Beben sorgte international für Bestürzung und zog eine Welle an Hilfsangeboten nach sich.

Mindestens 820 Menschen kamen ums Leben. Das geht aus einer Bilanz des Innenministeriums hervor. Außerdem wurden 672 Verletzte zur Behandlung in Krankenhäuser gebracht, 205 von ihnen schweben in Lebensgefahr. Das Beben mit einer Stärke von 6,8 ereignete sich in der Nacht auf Samstag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch.

Informationen über Betroffene aus Österreich lägen derzeit nicht vor, teilte das Außenministerium mit. Aktuell seien jedoch rund 30 Personen reiseregistriert. Ein Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Rabat sei bereits auf dem Weg in das besonders betroffene Krisengebiet Marrakesch.

Zerstörung nach Erdbeben in Marokko
Reuters/Abdelhak Balhaki
Unter den Felsen und dem Schutt werden Vermisste vermutet

Laut Ministerium befinden sich aktuell rund 215 Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher in Marokko. „Sie wurden noch in der Nacht per SMS und E-Mail kontaktiert und werden aktuell von der Botschaft durchgerufen“, sagte eine Sprecherin. In diesem Zusammenhang verwies das Ministerium auch auf den Bereitschaftsdienst (+43 1 90115 4411), der rund um die Uhr erreichbar sei. Ob Österreich eine Hilfsmission schickt, sei derzeit noch offen.

Marokko: Hunderte Tote nach Erdbeben

Bei einem schweren Erdbeben in Marokko sind mindestens 632 Menschen ums Leben gekommen. Das Beben habe laut US-Erdbebenwarte (USGS) eine Stärke von 6,8 gehabt. Laut Behördenangaben ist es das erste Mal seit einem Jahrhundert, dass ein derart starkes Erdbeben in Marokko registriert wurde. Auch in Nachbarländern war das Beben zu spüren.

Solidarität aus Österreich

Bundeskanzler Karl Nehammer, Innenminister Gerhard Karner sowie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (alle ÖVP) drückten in einem gemeinsamen Statement ihre Betroffenheit über das Beben aus. „Katastrophen wie diese erfordern internationale Solidarität und Unterstützung. Österreich wird jederzeit helfen, wo in den Katastrophengebieten Marokkos Hilfe benötigt wird“, wurde Nehammer zitiert.

„Innen- und Verteidigungsministerium treffen derzeit alle Vorkehrungen, um zu unterstützen, sobald eine entsprechende Anforderung kommt“, sagte Nehammer. Das Katastrophenhilfeelement des Bundesheers, die Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU), stehe jederzeit bereit, betonte Tanner. Zuletzt stand ein AFDRU-Kontingent des Bundesheeres nach dem verheerenden Beben im Süden der Türkei Anfang Februar im Einsatz.

Erdbeben mit Stärke 6,8

Laut der US-Erdbebenwarte (USGS) hatte das Beben am Freitag um 23.11 Uhr (Ortszeit, Samstag um 00.11 Uhr MESZ) stattgefunden. Es hatte eine Stärke von 6,8 und ereignete sich in einer Tiefe von 18,5 Kilometern gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch und 60 Kilometer nordöstlich der Stadt Taroudant. Das Epizentrum sei im Atlasgebirge gelegen. Das Geofon des Helmholtz-Zentrums Potsdam gab die Stärke des Bebens mit 6,9 an. Kurze Zeit später meldete die US-Behörde ein Nachbeben der Stärke 4,9.

Zerstörung nach Erdbeben in Marokko
Reuters/Al Oula TV
Das Erdbeben hinterließ gewaltige Schäden

Laut Augenzeugenberichten löste das Erdbeben in Marrakesch, Agadir und anderen Städten bei Bewohnern Panik aus. Wie die Zeitung „Le Matin“ berichtete, war das Beben auch in Rabat und Casablanca zu spüren. Bilder und Videos aus sozialen Netzwerken zeigen zerstörte Gebäude in Städten und auf den Straßen sitzende Menschen. Medienberichten zufolge wurden auch historische Wahrzeichen beschädigt.

Erdbeben auch in Portugal zu spüren

Marokkaner und Marokkanerinnen posteten Videos, auf denen zu Schutt zerfallene Gebäude und beschädigte Teile der berühmten roten Mauern zu sehen sind, die die Altstadt von Marrakesch umgeben, ein UNESCO-Weltkulturerbe. Andere Videos zeigen schreiende Menschen, die Restaurants in der Stadt verließen. Das Beben war Berichten zufolge auch in Portugal und Algerien zu spüren.

Auf die Straße geflüchtete Einwohner in Marrakesh, Marokko
APA/AFP/SENNA
Bewohner und Bewohnerinnen verbrachten die Nacht im Freien

Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, bestätigte, dass die Nachbeben weniger stark seien. Das Beben sei in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte er der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Es sei das erste Mal seit einem Jahrhundert, dass ein derart starkes Erdbeben in Marokko registriert worden sei.

Erdbeben in Nordafrika sind relativ selten. 1960 hatte sich laut dem Sender al-Arabija in der Nähe von Agadir ein Beben der Stärke 5,8 ereignet, bei dem Tausende Menschen ums Leben kamen.

Zerstörung nach Erdbeben in Marokko
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Es wird mit weiteren Toten gerechnet

EU bietet Hilfe an

Die Europäische Union hat Marokko indes Hilfe angeboten. „Die EU ist bereit, Marokko in diesen schwierigen Momenten zu unterstützen“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel Samstagfrüh. Die Nachrichten aus dem Land seien schrecklich. Er sei in Gedanken bei allen, die von der Tragödie betroffen seien, und bei den Rettungskräften. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte ebenso ihr Mitgefühl. Sie sei angesichts des schrecklichen Erdbebens mit ganzem Herzen beim marokkanischen Volk.

Italiens Premierministerin Giorgia Meloni habe „ihre Verbundenheit und Solidarität mit Marokkos Premierminister Aziz Akhannouch, den Familien der Opfer und dem marokkanischen Volk zum Ausdruck gebracht und die volle Bereitschaft Italiens bekundet, Marokko in dieser Notlage zu unterstützen“, hieß es in einer Presseaussendung.

Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan meldete sich: „Wir stehen unseren marokkanischen Geschwistern an diesem schweren Tag mit allen Mitteln zur Seite“, schrieb Erdogan am Samstag auf Twitter (X). Er drückte sein Bedauern angesichts der vielen Toten aus und wünschte den Verletzten schnelle Genesung.

Guterres „tieftraurig“

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich bestürzt. Der Generalsekretär sei „tieftraurig“, teilte ein Sprecher mit. Er spreche der Regierung und dem Volk Marokkos seine Solidarität in diesen schweren Zeiten und den Familien der Opfer sein Beileid aus. Den Verletzten wünsche Guterres eine rasche Genesung. Die Vereinten Nationen stünden bereit, die Regierung Marokkos in ihren Bemühungen zu unterstützen, der betroffenen Bevölkerung zu helfen.

Zerstörung nach Erdbeben in Marokko
APA/AFP/Fadel Senna
Aus aller Welt kamen Hilfsangebote

Aus Russland und dem Iran kamen ebenfalls Hilfsangebote. „Wir alle sind schockiert über das schreckliche Erdbeben in Marokko. Frankreich steht bereit, um erste Hilfe zu leisten“, teilte der französische Präsident Emmanuel Macron mit. „Unsere Gedanken sind bei ihnen und allen, die in diesen Stunden nach den Verschütteten suchen und um das Leben der vielen Verletzten kämpfen“, hieß es aus dem deutschen Außenministerium.

Spaniens Außenminister Jose Manuel Albares bot an, Rettungskräfte nach Marokko zu entsenden. Der britische Außenminister James Cleverly erklärte, sein Land stehe bereit, „unseren marokkanischen Freunden auf jede mögliche Weise zu helfen“. Israel will Marokko humanitäre Hilfe leisten und Suchtrupps schicken. Alle Ministerien seien angewiesen worden, die Entsendung einer Hilfsdelegation vorzubereiten, meldeten israelische Medien unter Berufung auf das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Papst bekundet Beileid

Papst Franziskus bekundete den Hinterbliebenen sein Beileid. In einem Kondolenzschreiben, das am Samstag in Rom vom Vatikan veröffentlicht wurde, äußerte das Oberhaupt der katholischen Kirche tiefe Trauer. Franziskus schrieb, er bete für die Verstorbenen und die Verletzten sowie diejenigen, „die um den Verlust ihrer Lieben und ihrer Häuser trauern“.

US-Präsident Joe Biden hat sich „tieftraurig“ über den Verlust von Menschenleben und die Zerstörungen durch das Erdbeben in Marokko geäußert. „Unsere Gedanken und Gebete sind bei all denen, die von diesem schrecklichen Elend betroffen sind“, heißt es in einer Mitteilung des Weißen Hauses vom Samstag. Seine Regierung sei in Kontakt zu den marokkanischen Behörden. „Die Vereinigten Staaten stehen an der Seite Marokkos und meines Freundes König Mohammed VI. in diesem schwierigen Augenblick“, schrieb Biden.

Aufruf zu Spenden

Das Rote Kreuz rief am Samstag zu Spenden auf. „Das ganze Ausmaß der Katastrophe wird erst in den nächsten Stunden und Tagen klar sichtbar werden. Erste Hilfsmaßnahmen laufen bereits. Der Marokkanische Rote Halbmond unterstützt vor allem mit Erster Hilfe, psychosozialer Unterstützung und mit Evakuierungs- und Transportunterstützung der Behörden“, wird Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer in einer Aussendung zitiert.