Ein Sprecher sagte, es könnten bis zu 9.000 Tote zu beklagen sein. Abdulmenam al-Ghaithi, der Bürgermeister von Darna, geht sogar davon aus, dass sich die Zahl der Toten auf 18.000 bis 20.000 erhöhen könnte. Das ergebe sich auf Grundlage der Teile der Stadt, die zerstört worden seien.
Rund 25 Kilometer entfernt von Darna trieben immer noch Leichen im Meer, allein am Mittwoch waren es Rettungskräften zufolge mehr als 2.000. Die Hafenstadt ist besonders schwer betroffen, nachdem zwei Staudämme in der Nacht von Sonntag auf Montag gebrochen waren und ganze Viertel der Stadt ins Mittelmeer gespült hatten.
Die genaue Zahl der Toten sei allerdings weiter schwer zu bestimmen, so der Sprecher am Mittwoch. Hunderte unidentifizierte Leichen seien in Massengräbern beerdigt worden, nachdem am Dienstag schon mehr als 2.000 identifizierte Opfer begraben worden waren. Hilfsorganisationen, Politiker und die Armee rechnen damit, dass die Zahl der Toten noch weiter steigen könnte.

UNO: 30.000 in Darna obdachlos
Weiter hieß es, dass der Wiederaufbau Milliarden von Dollar kosten werde. Man appelliere daher an internationale Hilfe, da Libyen nicht über die nötige Erfahrung verfüge, um die Folgen einer solchen Katastrophe zu bewältigen. Zehntausende haben zudem ihr Zuhause verloren. Lokalen Behörden zufolge gebe es auch 7.000 Verletzte. Laut UNO-Angaben wurden allein in Darna mindestens 30.000 Menschen durch die Fluten obdachlos. Die Schäden seien so groß, dass die Stadt für humanitäre Helferinnen und Helfer fast nicht zugänglich ist.
Libyen: Anstieg der Opferzahlen befürchtet
Die verheerende Flutkatastrophe in Libyen hat nach Behördenangaben mehr als 9.000 Todesopfer gefordert. Viele Menschen werden weiterhin vermisst, und es wird befürchtet, dass die Opferzahlen noch steigen könnten.
UNO will mit lokalen Behörden kooperieren
Bilder aus dem Bürgerkriegsland mit rund sieben Millionen Einwohnern zeigen das Ausmaß der Schäden. Immer mehr Länder bieten ihre Unterstützung an, darunter auch die Vereinten Nationen. Ein Sprecher des UNO-Generalsekretärs Antonio Guterres in New York sagte, man arbeite mit lokalen, nationalen und internationalen Partnern zusammen, „um den Menschen in den betroffenen Gebieten dringend benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen“.

Ein UNO-Team sei an Ort und Stelle. Man kooperiere mit den Behörden, um Bedarf zu ermitteln und laufende Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. Die Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) teilte mit, es werde gemeinsam mit anderen Organisationen geprüft, „wie wir unsere Programmarbeit am besten für die von den Überschwemmungen betroffenen Menschen aufstocken können“.
Die Hilfsorganisation Care Libyen teilte mit, bei einem Wasserstand von bis zu zehn Metern sei das Gebiet um Darna völlig zerstört sowie die Kommunikations- und Stromnetze lahmgelegt worden. Auch andere Städte wie al-Baida, al-Mardsch, Susah und Schahat waren betroffen. Der Bürgermeister in Schahat sprach von rund 20.000 Quadratkilometern überfluteter Gebiete. Die betroffenen Regionen wurden zu Katastrophengebieten erklärt. Papst Franziskus hat zum Abschluss der Generalaudienz auf dem Petersplatz der Menschen in Libyen und Marokko gedacht.


Gefährdete Retter
Die Hilfe läuft wegen der Verwüstungen allerdings nur schleppend an. Osama Ali, ein Sprecher der örtlichen Notdienste, berichtete von den schwierigen Bemühungen der Retter. „Es gibt noch eine Straße, die in die Stadt führt. Aber die Durchfahrt ist schwierig und gefährlich, da ein Teil der Straße zerstört ist und ein weiterer Einsturz aufgrund der riesigen Wassermengen erwartet wird.“ Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur Reuters berichtete auf seinem Weg nach Darna, dass Hilfskonvois und Lastwagen mit Bulldozern auf dem Weg in die Stadt seien.
Derzeit kämpfen in Libyen zwei verfeindete Regierungen um die Macht. Im vom Unwetter betroffenen Osten befindet sich die Regierung von General Chalifa Haftar, im Westen gibt es die international anerkannte Regierung unter Premier Abdul Hamid Dbaiba. Zudem ringen in dem ölreichen Staat zahlreiche Milizen um Einfluss. Der Konflikt wird durch ausländische Mächte zusätzlich befeuert. Alle diplomatischen Bemühungen, den bis heute andauernden Bürgerkrieg friedlich beizulegen, scheiterten bisher.
Extremwetter
Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.
Tripolis schickt Hilfe
Die Regierung in Tripolis schickte trotz der politischen Situation Hilfskonvois nach Darna. Mindestens ein Hilfsflug startete am Dienstag von der westlichen Stadt Misrata aus. Laut Dbaiba brachte das Flugzeug 14 Tonnen an Hilfsgütern, Medikamenten, Ausrüstung, Leichensäcken und 87 medizinische und paramedizinische Fachleute nach Bengasi. Außerdem hieß es, man habe umgerechnet 412 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau in Darna und anderen Städten im Osten bereitgestellt.
Zudem boten etliche Länder ihre Hilfe an. Die Türkei organisierte die Entsendung von Rettungskräften. Man habe Flüge mit Bergungstrupps samt Rettungsbooten, Zelten und Versorgungsgütern an Bord organisiert, teilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf Twitter (X) mit. Auch das Nachbarland Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Europäische Union sicherten Unterstützung zu.

Erste Hilfsgüter aus Deutschland, Rumänien und Finnland – darunter Zelte, Feldbetten und Decken, Generatoren, Lebensmittel sowie Feldlazarette und Wassertanks – seien auf dem Weg in die besonders betroffene Hafenstadt Darna, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mit. Nach Angaben des EU-Kommissars für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, stellte Brüssel zudem eine erste Nothilfe in Höhe von 500.000 Euro bereit. Die EU sei bereit, „die Hilfe für die am meisten betroffenen Menschen in Libyen in dieser schwierigen Zeit weiter zu verstärken“.
Hilfsgüter der Golfstaaten eingetroffen
Bereits eingetroffen sind erste Hilfsgüter aus den Golfstaaten. Eine Maschine der Luftstreitkräfte aus Kuwait und die ersten beiden Flugzeuge aus dem Golfemirat Katar landeten auf einem Flughafen in der östlichen Stadt Bengasi, wie die staatlichen Nachrichtenagenturen beider Länder am Mittwoch berichteten. An Bord der drei Maschinen waren demzufolge mehr als 100 Tonnen Hilfsgüter, darunter etwa Stromgeneratoren, Zelte, Lebensmittel und Medikamente.
Auch das Österreichische Rote Kreuz gab 150.000 Euro als Soforthilfe für die Krisenregionen in Nordafrika frei. „Das ist eine erste Maßnahme, mit der wir einen Beitrag dazu leisten, dass die von der Katastrophe betroffenen Menschen mit dringend benötigten Hilfsmitteln wie etwa Decken oder warmen Mahlzeiten versorgt werden können“, erklärte Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig am Mittwoch.