Zwei Personen bei einem Gespräch in einem Büro
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Feedback ade

Neues Mascherl für Kritik im Job

Viel zu negativ, lautet der Vorwurf einiger Expertinnen und Experten im Personalmanagement zur Bedeutung von Feedback. Rückwärts (engl.: „back“) gewandt sollte ein gut gemeinter Rat ja eigentlich nicht sein, finden sie. Da das Wort Feedback bei Angestellten oft Angst auslöse, schlagen sie stattdessen den Begriff „Feedforward“ vor.

„Forward“, also nach vorne schauend, sei die sinnvollere Reaktion eines Vorgesetzten, wenn er die Arbeit von Angestellten überprüfe, um Rückmeldung zu geben, hieß es von Personalmanagern gegenüber dem „Wall Street Journal“ („WSJ“). „Feedforward“ sei sanfter und konstruktiver als Feedback. Feedback hinterlasse bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern allzu oft ein Gefühl der Niederlage, da sie sich mit den vergangenen Handlungen abfinden müssten, anstatt sich Gedanken über die nächsten Schritte zu machen.

„Feedforward“ fördere hingegen Verbesserungsbestreben und Entwicklung, sagen die Befürworterinnen und Befürworter des Begriffs. „Die alten Annahmen über Feedback und all das, was dieses Wort heraufbeschwört, bremsen meiner Meinung nach die Leistung“, so Joe Hirsch, Autor und beliebter Keynote-Speaker bei Businessveranstaltungen, zum „WSJ“. „Bei ‚Feedforward‘ geht es um diese zukunftsorientierte Sichtweise auf Menschen, Leistung und Potenzial.“

„Feedbackgespräche, wie sie heute üblich sind, aktivieren eine soziale Bedrohungsreaktion im Gehirn, die die Fähigkeit, klar zu denken, beeinträchtigt und die Herzfrequenz erhöht“, sagte Theresa Adams, leitende HR-Beraterin beim Branchenverband für Humanressourcen (SHRM) in den USA. Ähnlich verhalte es sich mit dem Wort „Überprüfung“ (engl.: „review“). Stattdessen könne man „connect“, also „Verbindung“, sagen. Die Begriffsänderung soll der Reflexion beider Seiten dienen.

Bekannte Unternehmen änderten Strategien

Der durch die Bekämpfung des Coronavirus bekannt gewordene Pharmariese AstraZeneca änderte sein Beurteilungsverfahren der Leistungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Jahr 2020, um Nachwuchstalente ans Unternehmen zu binden. Statt jährlicher „Beurteilungen“ setzt das Unternehmen auf vierteljährliche „Check-ins“ und hat Feedback und Leistungsmanagement durch „Feedforward“ und Leistungsentwicklung ersetzt.

Bei Microsoft werden Manager ermutigt, das Wort „Perspektive“ anstelle des traditionellen Feedbacks zu verwenden. Sämtliche Überprüfungen werden inzwischen als „Connect“-Gespräche bezeichnet. Außerdem hat das Unternehmen vor Kurzem damit aufgehört, anonyme Kommentare von Kolleginnen und Kollegen in Mitarbeiterbewertungen aufzunehmen, und gibt stattdessen die Namen offen an.

Die Buchungsplattform Booking.com bringt unterdessen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei, wie sie am besten mit Feedback umgehen können, so Paulo Pisano, ein HR-Chef des Unternehmens, zum „WSJ“. Das Onlinereisebüro drehte eine Reihe von Videos für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu dem Thema.

Bloß leeres Rebranding?

Freilich laufen Unternehmen Gefahr, mit „Feedforward“ bloß leeres Rebranding zu betreiben. Da müsse schon ein echter Wandel her, meinen Expertinnen und Experten. Denn gerade jüngeren Kolleginnen und Kollegen wird häufig nachgesagt, in ihrer Berufswahl eher auf ein positives, förderndes Umfeld auf Augenhöhe zu achten, als das vorhergehende Generationen getan hätten. Auf der anderen Seite konzentrieren sich Unternehmen naturgemäß auf Leistung und Effizienz.

Babyboomer hätten gelernt, sich durchzubeißen und Leistung zu bringen, schreibt Megan Gerhardt, Professorin an der Miami University und Autorin eines Buches über die Führung generationenübergreifender Belegschaften. Da die Generation Z immer offener über psychische Gesundheit und Ängste spricht, würden auch Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sensibler, so Gerhardt.

Sie empfiehlt Managern und Managerinnen, sich über den Zweck des Feedbacks im Klaren zu sein, wie oft sie es geben und wie ihre Angestellten darauf reagieren könnten. Im besten Fall kann man es dann auch guten Gewissens „Feedforward“ nennen.