Transit: Salvini droht mit Gang zum EU-Gerichtshof

Italien denkt wegen des Konflikts mit Österreich über den Brenner-Transitverkehr in Tirol an den Gang zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) und erarbeitet dafür ein Dossier. Dieses müsse „vom juristischen Standpunkt solide sein, und wir arbeiten daran. Wenn die EU-Kommission nicht handelt, werden wir es laut Artikel 259 tun“, erklärte Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) im Gespräch mit ausländischen Journalisten gestern in Rom. Das könnte bereits im Herbst geschehen.

„Die österreichische Regierung bricht jede Regel, und sie hilft der Umwelt nicht. Wir können nicht akzeptieren, dass Österreich einseitig einen Alpenpass schließt, ohne dass jemand etwas unternimmt. Das ist eine Verletzung der EU-Regeln, ein offenkundiger Missbrauch, der gelöst werden muss“, sagte Salvini.

EU-Kommission muss befasst werden

Laut Artikel 259 könne jeder EU-Mitgliedsstaat den EuGH anrufen, wenn er der Auffassung ist, dass ein anderes Mitglied gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat. Bevor ein Mitgliedsstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus den Verträgen gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muss allerdings die EU-Kommission damit befasst werden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuletzt versucht, in dem Konflikt „ein letztes Vermittlungsgespräch“ anzubieten. Das zugrunde liegende Problem könne nur „gemeinsam“ mit den drei beteiligten Ländern Österreich, Deutschland und Italien gelöst werden, sagte die Kommissionspräsidentin.

Konflikt eskaliert

Der Transitkonflikt nahm in den vergangenen Monaten stetig an Schärfe zu. Vor allem Salvini agitiert beständig mit Drohgebärden und heftiger Kritik gegen die Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen wie Sektorales Fahrverbot, Nachtfahrverbot und Ähnliches. Der italienische Verkehrsminister forderte die EU-Kommission sogar offiziell auf, deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten. Seinen deutschen Amtskollegen Volker Wissing hatte er mit im Boot, was die Kritik an Fahrverboten und transiteinschränkenden Maßnahmen betrifft.

Auf regionaler Ebene hatte es dagegen an der Transitfront eine Einigung gegeben. Die Landeschefs von Bayern, Tirol und Südtirol – Markus Söder (CSU), Anton Mattle (ÖVP) und Arno Kompatscher (SVP) – hatten im April in Kufstein öffentlichkeitswirksam ein „Slot-System“ präsentiert. Für ein solches digitales, grenzüberschreitendes Verkehrsmanagement müsste aber ein Staatsvertrag zwischen Österreich, Deutschland und Italien abgeschlossen werden. Ein solcher ist noch in weiter Ferne. Denn Salvini zeigte sich bisher strikt ablehnend – er will erst darüber reden, wenn die transiteinschränkenden Maßnahmen und Fahrverbote aufgehoben werden. Auch Deutschland reagierte sehr reserviert.