Dronepilot in der Ukraine
AP/Libkos
Flugabwehr zerstört?

Neue ukrainische Angriffe auf Krim

Die Ukraine nimmt verstärkt russische Militärobjekte auf der russisch besetzten ukrainischen Halbinsel Krim ins Visier. Nachdem die ukrainischen Streitkräfte erst am Vortag den Hafen von Sewastopol und damit die dort stationierte russische Schwarzmeer-Flotte angegriffen hatten, wurden am Donnerstag Explosionen im Westen der Krim gemeldet – getroffen worden sein soll ein russisches Flugabwehrsystem.

Nahe der Großstadt Jewpatorija auf der seit 2014 russisch besetzen Krim habe es schwere Explosionen gegeben, meldeten ukrainische Medien. Getroffen worden sei ein modernes Flugabwehrsystem vom Typ S-400 Triumf, teilte der ukrainische Militärgeheimdienst SBU am Donnerstag mit.

SBU spricht von „einzigartiger Spezialoperation“

Kräften des SBU und der Marine sei es mit einer „einzigartigen Spezialoperation“ gelungen, nahe der Großstadt Jewpatorija mit Marschflugkörpern ein Boden-Luft-Raketensystem S-400 Triumf zu zerstören, erklärte ein SBU-Vertreter. Das System S-400 soll umgerechnet 1,1 Mrd. Euro kosten.

Menschen am Ort des Geschehens hatten in den Nachtstunden die Explosionen gefilmt. Auf den Bildern und Videos ist aus großer Entfernung eine hohe Feuersäule am dunklen Himmel zu erkennen. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte den Treffer bisher nicht, sondern meldete über die staatliche Nachrichtenagentur RIA lediglich den Abschuss von elf Drohnen.

Heeresstelle Süd: Militärobjekte ins Visier genommen

Der Ort Jewpatorija, in dem über 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner leben, liegt an der Westküste der Krim und gilt als Kurort. Nach Angaben der Pressesprecherin der Heeresstelle Süd in der ukrainischen Armee, Natalja Humenjuk, befinden sich in der Gegend aber auch mehrere Militärobjekte. Diese seien ins Visier genommen worden, teilte sie mit. Bereits im August war seitens der Ukraine die Zerstörung eines baugleichen Flugabwehrsystems auf der Krim gemeldet worden.

Archivbild von russischem S-400 Flugabwehrsystem
Reuters/Vitaly Nevar
Ein russisches Flugabwehrsystem vom Typ S-400 Triumf soll zerstört worden sein, das Bild zeigt ein baugleiches Exemplar

Darüber hinaus ist russischen Angaben nach auch die „Sergej Kotow“, ein Patrouillenboot der Schwarzmeer-Flotte, von mutmaßlich ukrainischen Wasserdrohnen attackiert worden. Dieser Angriff in den frühen Morgenstunden sei abgewehrt, alle fünf für die Attacke genutzten unbemannten Wasserfahrzeuge zerstört worden, teilte RIA laut Angaben aus dem russischen Verteidigungsministerium mit. Das Patrouillenschiff war in diesem Sommer nach russischen Angaben bereits mindestens zweimal unter Beschuss genommen worden.

Ukrainischer Angriff auf Kriegswerft in Sewastopol

Erst am Mittwoch hatte die Ukraine mit Marschflugkörpern eine Kriegswerft in Sewastopol angegriffen und dabei neben den Docks auch ein großes Landungsschiff und ein U-Boot getroffen. Fachleute gehen nach Ansicht der Bilder von einem Totalschaden am Landungsschiff aus. Doch waren die Angaben zur Zerstörung am Stützpunkt der russischen Schwarzmeer-Flotte bis zuletzt widersprüchlich.

Andrij Jussow vom ukrainischen Militärgeheimdienst bezeichnete die Schäden an einem großen russischen Landungsschiff und einem U-Boot in einem TV-Kommentar als „beträchtlich“. „Wir können jetzt sagen, dass (die Schiffe) höchstwahrscheinlich nicht mehr zu reparieren sind“, so Jussow. Moskau bestätigte zwar Schäden an zwei in Reparatur befindlichen Militärschiffen. Die beiden Schiffe würden aber vollständig repariert und wieder in Dienst gestellt, hieß es.

Feuer nach ukrainischem Dronenangriff auf der annektierten Krim
AP/Telegram /Sevastopol Governor Mikhail Razv
In Sewastopol wurden Teile der russischen Schwarzmeer-Flotte zerstört – auf dem Bild zu sehen ist Michail Raswoschajew, der russische Statthalter Sewastopols. Das Bild wurde von ihm selbst via Telegram veröffentlicht.

Bei den beiden Schiffen handelt es sich einem ukrainischen Militärexperten zufolge um das Landungsschiff „Minsk“ der Ropucha-Klasse und das Angriffs-U-Boot „Rostow am Don“, das Kalibr-Marschflugkörper tragen kann. „Es trägt sechs Torpedos oder vier Kalibr-Raketen in einer Salve. Wir können also davon ausgehen, dass Russland jetzt vier Kalibr-Raketen verloren hat“, sagte Wolodymyr Zablotskyj dem Sender RBK. Auch ein Raketenwerfer sei zumindest teilweise für mehrere Monate nicht einsetzbar.

Ukrainische Oblaste mit Drohnen beschossen

Unterdessen meldete die Ukraine den Beschuss mit etwa zwei Dutzend russischer Drohnen iranischer Bauart. Insgesamt sei der Abschuss von 22 Schahed-Drohnen in Richtung der Regionen Mykolajiw, Saporischschja, Dnipropetrowsk und Sumy festgestellt worden, erklärte das ukrainische Militär via Telegram. 17 unbemannte Flugobjekte seien von der Luftverteidigung abgeschossen worden. Angaben zu möglichen Schäden oder Opfern gibt es nicht.

Ukraine: Kind bei russischem Beschuss getötet

Doch wurde bei einem russischen Artillerieangriff in der Südukraine nach Angaben der Behörden ein Kind getötet. Ein sechsjähriger Bub sei durch russischen Beschuss in dem Dorf Nowodmytriwka in der Region Cherson ums Leben bekommen, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Sein 13-jähriger Bruder und drei weitere Personen seien verletzt worden. Die Granaten hätten ein Privathaus und das umliegende Grundstück getroffen.

Russland meldet Toten in Tjotkino

Zugleich sei laut dem Regionalgouverneur der Region Kursk, Roman Starowojt, bei einem ukrainischen Angriff auf die grenznahe russische Ortschaft Tjotkino ein Mensch getötet worden. Die ukrainischen Streitkräfte hätten Tjotkino „bombardiert“, so Starowojt via Telegram. Dabei seien eine Brennerei getroffen und ein dort tätiger Gabelstaplerfahrer getötet worden. Auch das 40 Kilometer östlich von Tjotkino gelegene Gordejewka sei getroffen worden, hier gab es Starowojt zufolge jedoch keine Verletzten.

Zugleich meldeten die russischen Streitkräfte, dass in den südlichen Gebieten Brjansk und Belgorod ukrainische Drohnen abgeschossen worden seien. Fünf Drohnen seien über Brjansk und eine über Belgorod zerstört worden, berichteten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf örtliche Beamte und das Verteidigungsministerium. Beide Gebiete grenzen an die Ukraine.