Pressekonferenz von „Fridays For Future“
APA/Georg Hochmuth
Globaler Klimastreik

Auch in Österreich gibt es elf Demos

Am Freitag steht wieder ein globaler Klimastreik an. Auch in Österreich finden Demonstrationen an elf Standorten statt, wobei die größte in Wien erwartet wird. Dazu aufgerufen hat die Organisation „Fridays for Future“. Ihre zentrale Forderung lautet: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) solle einen „nationalen Klimakatastrophengipfel“ einberufen.

In der Bundeshauptstadt startete die Demonstration unter dem Motto „Zukunft für alle! Jetzt handeln!“ um 12.00 Uhr beim Bahnhof Wien-Mitte und endet um 16.00 Uhr mit einer Abschlusskundgebung auf dem Heldenplatz – mehr dazu in wien.ORF.at. Die Politik verspreche Klimaschutz, leiste aber zu wenig, so „Fridays for Future“. „Es ist höchste Zeit zu handeln, um das generationenübergreifende Recht auf Sicherheit und ein gutes Leben zu gewährleisten.“

Gestreikt wird am Freitag außerdem in Graz (Europaplatz), Innsbruck (Christoph-Probst-Platz), Bregenz (Parkplatz Seestadt), Salzburg (Mirabellplatz), Linz (Volksgarten), Klagenfurt (Doktor-Arthur-Lemisch-Platz), St. Pölten (Rathausplatz), Mistelbach (Bahnhof), Pressbaum (vor der Kirche) und Kufstein (Stadtpark). Zudem gibt es auch in weiteren Orten lokale Initiativen, etwa in Ried im Innkreis. In Österreich rechneten die Organisatorinnen und Organisatoren wieder mit „Tausenden Teilnehmern“.

Katastrophensommer „muss Nachspiel haben“

Klara König von „Fridays for Future“ forderte, dass der heurige von Umweltkatastrophen geprägte Sommer samt Hochwasser, Dürre und Waldbränden ein „Nachspiel haben muss“. „Der Klimakatastrophensommer verlangt einen Herbst, auf den ernsthaftes klimapolitisches Anpacken folgen muss. Der erste Schritt: Der Kanzler beruft einen Klimakatastrophengipfel ein“, sagte König. Hier solle die Bundesregierung gemeinsam mit den Landeshauptleuten „eine Zeitenwende in der österreichischen Klimapolitik einläuten“.

„Fridays for Future“ vor dem Bundeskanzleramt im März 2023
APA/Tobias Steinmaurer
„Fridays for Future“-Demo vor dem Bundeskanzleramt im März 2023

Karl Steininger, Klimaökonom und Leiter des Wegener Center der Universität Graz, unterstrich vor allem die dramatischen ökonomischen Folgen der Klimaerhitzung. In Österreich lägen die vor allem durch Extremwetter verursachten Schäden derzeit bei durchschnittlich mindestens zwei Mrd. Euro pro Jahr. Im Jahr 2030 werden sie laut den Prognosemodellen zumindest drei bis sieben Mrd. Euro ausmachen und bis 2050 weiter auf sieben bis 14 Mrd. Euro steigen.

Klimagipfel „längst überfällig“

Mit entsprechenden Investitionen könnten diese Summen aber Steininger zufolge erheblich gesenkt werden. „Kluge Klimapolitik hat einen extrem hohen Return on Investment, jeder investierte Euro verringert Schäden um zehn bis 20 Euro.“ Steiniger sagte zudem, dass in Österreich alle Technologien, um Emissionen zu senken, bereits bereitstehen würden. „Wir haben Unternehmen, die Wärmepumpen bauen und Schienen verlegen können, und wir haben fertige Gesetze in den Schubladen der Ministerien liegen. Woran es scheitert, ist der Wille der Politik.“ Der geforderte „nationale Klimakatastrophengipfel“ sei daher „ein längst überfälliger Schritt“, so Steininger.

Wie stark der Klimawandel unterschiedliche Berufsgruppen bereits trifft, zeigten exemplarisch die Biobäuerin Maria Vogt sowie Bernhard Steindl, ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. „In den letzten 30 Jahren habe ich gesehen, wie sich die Klimakrise auf den Höfen und in der Natur immer weiter zuspitzt. Früher hatten wir alle zehn Jahre ein trockenes Jahr, jetzt ist Hitze und Trockenheit ein Normalzustand im Weinviertel“, sagte Vogt. Steindl befürchtete indes, dass die Einsatzkräfte aufgrund der stark steigenden Einsatzzahlen „die Bevölkerung vor den immer stärker werdenden Katastrophen bald kaum mehr schützen können“.

NGOs, Kunst und Wissenschaft mit dabei

Der Protest am Freitag wird von etlichen Organisationen, Kunstschaffenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterstützt. Erst am Montag wandten sich etliche heimische Künstlerinnen und Künstler mit einem offenen Brief an die Bundesregierung, um diese beim Klimaschutz zum Handeln zu bewegen. In dem u. a. von Wolfgang Ambros, Ursula Strauss, Verena Altenberger, Hubert von Goisern, Stefan Ruzowitzky, Tobias Moretti und Mirjam Weichselbraun unterzeichneten Schreiben fordern sie ein „wirksames, sozialgerechtes Klimaschutzgesetz“, den „Öffi“-Ausbau, mehr erneuerbare Energien sowie eine höhere CO2-Bepreisung.

Weltweiter Klimastreik

Auf der ganzen Welt wird für mehr Klimaschutz protestiert, auch in Österreich. „Fridays for Future“ und andere Organisationen rufen zu Demos in zehn österreichischen Städten auf.

„Nie hat Europa einen Sommer wie den des Jahres 2023 erlebt“, heißt es eingangs. Quer über den Kontinent habe es verheerende Brände gegeben, gleichzeitig waren viele Regionen von Unwetterkatastrophen betroffen. „Trotz all der gravierenden Auswirkungen der menschengemachten Klimakrise hat sich die österreichische Regierung bis dato geweigert, die in ihrem Wirkungsbereich notwendigen Maßnahmen und Gesetze zu beschließen, um die Erderhitzung zu stoppen“, wird die Untätigkeit der Regierung kritisiert.

Notwendige Lösungen seien vorhanden, dennoch sei mit den derzeitigen Rahmenbedingungen das im Pariser Klimaschutzabkommen formulierte Ziel von 1,5 Grad „praktisch unerreichbar“ geworden. Stattdessen steuere die Menschheit derzeit auf eine Erderwärmung von drei Grad zu. „Wir fordern die Regierung auf, die absolut kritische Lage endlich ernst zu nehmen und die notwendigen Gesetze und Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen, bevor der Wahlkampf startet und Österreich neu wählt.“ Unterstützt wird die Initiative auch von „Fridays For Future Austria“.

Weltweit Millionen Demonstranten erwartet

Gestreikt wird rund um den Globus von Freitag bis Sonntag mit mehr als 400 Demonstrationen und Protestaktionen, zu denen Millionen Menschen erwartet werden. Dahinter stehen den Angaben zufolge 780 Organisationen – darunter neben „Fridays For Future“ etwa „Extinction Rebellion“, „Friends of the Earth“, Greenpeace und Global 2000. Gefordert wird ein möglichst schneller Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas, wie das „Climate Action Network“ mitteilte.

Dessen Direktorin Tasneem Essop verwies darauf, dass der Juli der heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Doch die beispiellosen, tödlichen Katastrophen der jüngsten Zeit infolge der Erderhitzung hinterließen keinen Eindruck bei den großen Verschmutzern. Staaten wie Norwegen, die USA und Großbritannien hätten sogar neue Öl- und Gasprojekte angekündigt, beklagte Essop. Die geplanten Demonstrationen seien eine laute Botschaft an die fossile Industrie und ihre Unterstützer, „dass ihre Zeit abgelaufen ist“.

Die „historische Mobilisierung“ richtet sich auch an den Klimagipfel am 20. September in New York (Climate Ambition Summit), zu dem UNO-Generalsekretär Antonio Guterres eingeladen hat. Vergangene Woche hatte Guterres deutlich mehr Ehrgeiz im Kampf gegen den Klimawandel gefordert, um „das schlimmste Klimachaos“ noch zu verhindern. Alle großen Emittenten müssten zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um ihre klimaschädlichen Emissionen zu senken.