Untreueverdacht: Anzeigen gegen ÖOC-Spitzen

Die Führung des Österreichischen Olympischen Comites (OÖC) sieht sich mit einer Strafanzeige konfrontiert: Gegen Generalsekretär Peter Mennel besteht der Verdacht auf schwere Untreue, gegen das Präsidium der Vorwurf der Beihilfe dazu. Die Anzeige liegt der ZIB2, die heute über die Causa berichtete, sowie dem „Standard“ vor. Mennel lässt auf ORF-Anfrage über seinen Anwalt wissen, er kenne die Sachverhaltsstellung nicht und weise alle Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Im Zentrum der Causa steht die vor mehr als acht Jahren gegründete Crowdfunding-Plattform „I believe in you“ (IBIY). Über diese Plattform können Sportlerinnen und Sportler sowie Vereine Pläne oder Anschaffungen bewerben und um Spenden bitten. Wird das Crowdfunding-Ziel erreicht, behält die IBIY-GmbH zwölf Prozent der erzielten Summe als Administrations- und Transaktionsgebühr ein. IBIY aber schrieb über die Jahre Bilanzverluste. Die OÖC-Spitze wird nun verdächtigt, diese Verluste mit Vereinsvermögen des Comites abgedeckt zu haben. So sollen die ÖOC-Mitglieder um 416.000 Euro geschädigt worden sein.

Anzeige: Hauptversammlung hätte entscheiden müssen

Laut Anzeige ist der 68-jährige Mennel „verdächtig, wissentlich seine Befugnis missbraucht zu haben, über das Vermögen des ÖOC zu verfügen.“ Er habe den ordentlichen ÖOC-Mitgliedern „einen Vermögensschaden in der Höhe von 416.000 Euro zugefügt, indem er Verluste der I believe in you Österreich GmbH (IBIY) mit Vereinsvermögen des ÖOC abdeckte.“ Das ÖOC-Präsidium wiederum habe zu „diesen strafbaren Taten des Dr. Mennel beigetragen, indem es dieser Vorgangsweise zustimmte, obwohl die Mitglieder des Präsidiums wussten, dass für eine solche Entscheidung das Gremium der Hauptversammlung zuständig ist.“

Funktionen und Verflechtungen

Die Anzeige wurde bei der Staatsanwaltschaft Wien von einem Rechtsanwalt stellvertretend für „ordentliche Mitglieder des ÖOC“, also Sportverbände mit Sitz in der ÖOC-Hauptversammlung, eingebracht. Das OÖC habe die Verluste der IBIY vollständig übernommen, obwohl es bis vor Kurzem insgesamt drei Gesellschafter gab – neben dem OÖC handelte es sich um die Schweizer IBIY-Gesellschaft und die Sporthilfe – anstatt nur ein Drittel zu übernehmen.

Laut Protokoll der letzten Hauptversammlung, das dem ORF und dem „Standard“ vorliegt, betonte Mennel vor den Mitgliedern, durch die IBIY seien 1,8 oder 1,9 Millionen Euro „in den österreichischen Sport geflossen. Die Gesellschaft selbst aber blieb defizitär.“ Mennel wollte daher die IBIY mit einer weiteren Gesellschaft mit Namen Olympic Austria GmbH, eine 100-prozentige ÖOC-Tochter, verschmelzen. Die Olympic Austria erwirtschaftet Gewinne, da sie u. a. von der Wirtschaftskammer und von Sponsorinnen und Sponsoren finanziert wird. Mennel ist neben seinen Funktionen im OÖC auch Geschäftsführer der IBIY sowie Mitglied im Vorstand der Sporthilfe.

In der Anzeige wird es als „fraglich“ angesehen, ob eine Rettung der IBIY überhaupt notwendig war: „Diese Entscheidung wurde aber den ordentlichen Mitgliedern des ÖOC insofern abgenommen, als man sie hierzu gar nicht erst befragt hat.“ ORF und „Standard“ erhielten auf Anfrage von Mennel und ÖOC-Präsident Karl Stoss keine weiteren Stellungnahmen. Die Zeit für das ÖOC ist heikel, das Comite steht vor der Wahl eines neuen Vorstands. Die nächste Hauptversammlung findet dazu am 22. September statt.