Finger tippt auf TokTok-App
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Jugendschutz missachtet

EU verhängt Millionenstrafe gegen TikTok

Die Europäische Union hat den populären Videodienst TikTok mit einer Strafe in der Höhe von 345 Millionen Euro belegt. Das erklärte die irische Datenschutzkommission (DPC) am Freitag, die im Namen der EU handelt. Auslöser war eine Untersuchung zum Umgang mit Nutzerdaten von Minderjährigen von Ende Juli bis Ende Dezember 2020.

Speziell sei es dabei um einige Einstellungen der Plattform sowie die Altersüberprüfung bei der Anmeldung gegangen. Unter anderem war demzufolge die Voreinstellung so, dass Beiträge wie Videos von Nutzerinnen und Nutzern im Alter zwischen 13 und 17 Jahren standardmäßig für alle sichtbar veröffentlicht werden konnten.

Die Anmeldung auf der Plattform ist eigentlich erst ab 13 Jahren erlaubt, viele Jüngere hätten sich aber trotzdem ein Konto erstellen können. Auch sei die Kommentierfunktion in den Profilen als Voreinstellung für alle anderen Nutzerinnen und Nutzer zugänglich gewesen. Probleme bereite zudem die Einstellung „Familienverbindung“, mit der das TikTok-Konto Minderjähriger mit dem eines Elternteils verknüpft werden kann. TikTok prüfe nämlich nicht, ob das verknüpfte Konto tatsächlich einem bzw. einer Angehörigen oder einem Vormund gehöre.

TikTok betonte in einer Reaktion, die Ergebnisse der Untersuchung bezögen sich in erster Linie auf Einstellungen, die vor drei Jahren gültig gewesen seien: „Und die meisten dieser Ergebnisse sind aufgrund von Maßnahmen, die wir bereits vor Beginn der Untersuchung eingeführt haben, nicht mehr relevant.“

Auch TikTok muss DSGVO einhalten

Dazu gehöre, dass alle Konten von Nutzerinnen und Nutzern im Alter unter 16 Jahren standardmäßig auf privat gesetzt worden seien. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, TikTok sei mit der Strafe nicht einverstanden, insbesondere mit der Höhe der Geldbuße. Seit Anfang dieses Jahres seien 17 Millionen Konten gelöscht worden, weil sie mutmaßlich Kindern unter 13 Jahren gehörten. TikTok prüfe das weitere Vorgehen.

Zusätzlich zur Strafe wurde TikTok aufgefordert, die Datenverarbeitung binnen drei Monaten in Einklang mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu bringen. Die Rekordstrafe nach der DSGVO von 1,2 Milliarden Euro war im Mai gegen den Facebook-Konzern Meta verhängt worden.

Untersuchung schon seit zwei Jahren

Die DPC hatte bereits im September 2021 eine Untersuchung gegen TikTok eingeleitet. Sie ist zuständig, da sich die Hauptniederlassung TikToks in Europa in Irland befindet. Im April hatte bereits die britische Datenschutzbehörde ICO eine Strafe gegen TikTok in Höhe von 12,7 Millionen Pfund (14,78 Millionen Euro) verhängt. Die Behörde warf TikTok vor, 2020 die Anmeldung von bis zu 1,4 Millionen Kindern unter 13 Jahren zugelassen und deren Daten ohne Erlaubnis der Eltern genutzt zu haben.

In den Niederlanden musste TikTok 2021 wegen Datenschutzverstößen bei Minderjährigen 750.000 Euro zahlen, die USA verhängten 2019 nach ähnlichen Vorwürfen eine Strafe in Höhe von 5,7 Millionen Dollar (5,3 Mio. Euro).

TikTok hat in der EU derzeit mehr als 130 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Der Social-Media-Dienst steht wie viele Onlinekonzerne wegen Datenschutzbedenken in der EU zunehmend unter Druck. Hinzu kommt noch, dass befürchtet wird, die chinesischen Behörden könnten Zugriff auf die Daten von Nutzerinnen und Nutzern haben.

Mehrere neue Rechenzentren in Europa in Planung

TikTok hat deshalb angekündigt, europäische Nutzerdaten künftig in der EU zu speichern und Anfang September ein erstes Datenzentrum in Dublin in Betrieb genommen. Ein weiteres Rechenzentrum in Irland und eines in Norwegen sind im Bau.

Bis Ende 2024 sollen die europäischen Nutzerdaten dorthin übertragen und standardmäßig dort gespeichert werden. TikTok will mit dem Plan unter dem Namen „Project Clover“ Vertrauen in Europa gewinnen. Die Video-App hat einen schweren politischen Stand im Westen, da sie dem chinesischen Konzern ByteDance gehört.

So untersagten die EU-Kommission und mehrere europäische Regierungen, darunter auch Österreich, die Nutzung der App auf Diensthandys ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit „Project Clover“ will TikTok garantieren, dass der Zugriff auf persönliche Daten europäischer Nutzerinnen und Nutzer strikt geregelt und transparent ist.