Blick auf die Ölfelder in Bakersfield (Kalifornien)
Reuters/Mike Blake
„Täuschung, Vertuschung“

Klimaklage Kaliforniens gegen Ölgiganten

Wegen Umweltschäden in Milliardenhöhe und Irreführung hat Kalifornien fünf der weltgrößten Ölkonzerne geklagt. Wie die „New York Times“ berichtete, reichte der US-Bundesstaat Klage gegen die Unternehmen ExxonMobil, Shell, BP, ConocoPhillips und Chevron sowie gegen den Industrieverband American Petroleum Institute ein. Ihnen wird vorgeworfen, die mit dem Einsatz fossiler Energieträger verbundenen Risiken „bewusst heruntergespielt“ zu haben.

„Mehr als 50 Jahre lang haben uns die Ölgiganten belogen und die Tatsache verschleiert, dass sie schon seit Langem wissen, wie gefährlich die von ihnen produzierten fossilen Energieträger für unseren Planeten sind“, erklärte Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Kalifornien wolle „die großen Umweltverschmutzer nun zur Verantwortung ziehen“.

Die Beklagten hätten bereits seit den 50er Jahren gewusst, „dass ihre Produkte wahrscheinlich zu erheblicher Erderwärmung führen“, zitierte die Zeitung aus der am Freitag bei Gericht in San Francisco eingereichten Klage. Die Manager der Öl- und Gasunternehmen hätten „seit Jahrzehnten gewusst, dass eine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu diesen katastrophalen Ergebnissen führen würde“.

Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien
AP/Rich Pedroncelli
Gouverneur Newson: „Diese Leute hatten diese Informationen und haben uns belogen“

„Aktiv Falschinformationen verbreitet“

Dennoch hätten sie diese Informationen der Allgemeinheit und Politikern vorenthalten und jahrzehntelang „aktiv Falschinformationen zu dem Thema“ verbreitet, heißt es in der 135-seitigen Klageschrift. Durch diese „Täuschung“ habe die Gesellschaft erst mit Verspätung auf die Erderwärmung reagiert. Damit habe das „Fehlverhalten“ der Ölbosse zu „enormen Kosten für die Menschen, Eigentum und natürliche Ressourcen“ geführt. „Diese Leute hatten diese Informationen und haben uns belogen, und wir hätten einige der schwerwiegendsten Folgen abwenden können“, sagte Newsom. „Es ist beschämend. Es kotzt einen an.“

In der Klage wird behauptet, dass das Greenwashing der Unternehmen bis heute anhält, indem etwa bestimmte Benzinsorten als umweltfreundlich angepriesen werden. Zudem hätten die Konzerne in letzter Zeit Zusagen zur Emissionssenkung zurückgenommen.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Sieben andere US-Bundesstaaten und Dutzende von Gemeinden haben in den letzten Jahren ähnliche Klagen eingereicht. Die jetzige hat aber eine andere Dimension: Kalifornien ist nicht nur der bevölkerungsreichste Bundesstaat des Landes, sondern auch ein bedeutender Öl- und Gasproduzent. Zudem ist die Staatsanwaltschaft des Staates bekannt dafür, bahnbrechende Prozesse zu führen, die von kleineren Staaten nachgeahmt werden.

Gehäufte Katastrophen

Kalifornien steht auch an vorderster Front bei extremen Wetterereignissen, die durch den Klimawandel ausgelöst werden: Waldbrände, Überschwemmungen, der Anstieg des Meeresspiegels, sengende Hitze, selbst tropische Stürme machen dem Staat zu schaffen. „Die letzten zehn Jahre haben mich zutiefst erschüttert“, sagte Newsom. „Das sind Dinge, die wir uns für 2040 oder 2050 vorgestellt haben, die aber in die Gegenwart geholt wurden. Jetzt ist es an der Zeit, Rechenschaft abzulegen.“

Aufräumarbeiten nach dem Tropensturm Hilary in Cathedral City in Kalifornien im August
AP/Mark J. Terrill
Im August wütete Tropensturm „Hilary“ über Kalifornien

Ölkonzerne haben in der Vergangenheit versucht, viele der Fälle von den einzelstaatlichen Gerichten an Bundesgerichte zu verlagern – dort rechneten sie sich bessere Chancen auf einen juristischen Sieg aus. Anfang dieses Jahres lehnte der Oberste Gerichtshof jedoch eine diesbezügliche Berufung ab, was bedeutet, dass die Fälle vor den Gerichten der Bundesstaaten verbleiben.

„Die Gierigen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“

Die Klage aus Kalifornien wurde von Generalstaatsanwalt Rob Bonta im Namen der kalifornischen Bevölkerung eingereicht. Darin wird kein Schadenersatz für ein bestimmtes Extremwetterereignis gefordert. Stattdessen strebt Bonta die Einrichtung eines Fonds an, mit dem die Kosten künftiger infolge der Klimakrise angerichteter Schäden in dem Bundesstaat gedeckt und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bezahlt werden sollen.

In der Klage wird angeführt, dass Kalifornien bereits Dutzende von Milliarden Dollar für die Bewältigung von Klimakatastrophen aufwenden musste und die Kosten in den kommenden Jahren erheblich steigen werden. „Es handelt sich um eine seit mehreren Jahrzehnten andauernde Kampagne zur Erzielung endloser Gewinne auf Kosten unseres Planeten und unserer Menschen. Die gierigen Unternehmen und Einzelpersonen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Bonta in einem Interview. „Hier kommen wir ins Spiel“.