Schwere Ausschreitungen bei Eritrea-Treffen in Stuttgart

Nach den heftigen Ausschreitungen gestern am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart sind 227 der 228 zwischenzeitlich festgenommenen mutmaßlichen Krawallmacher wieder frei. Das teilte der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler heute mit. Gegen die Personen liefen Strafverfahren wegen schweren Landfriedensbruchs. Ein mutmaßlicher Täter werde noch heute dem Haftrichter vorgeführt, weil er schon öfter polizeilich in Erscheinung getreten sei.

Polizeiaufgebot bei Ausschreitungen am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart
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Die Polizei geriet aus eigener Sicht bei den Ausschreitungen in Stuttgart zwischen die Fronten von Anhängern und Gegnern des eritreischen Regimes. „Wir waren heute der Prellbock für einen eritreischen Konflikt, der auf Stuttgarter Straßen mit massiver Gewalt ausgetragen wurde“, teilte Höfler mit.

26 Polizeibeamte verletzt

Bis zu 200 Personen hätten Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Treffens und Polizisten mit Steinen, Flaschen und Holzlatten angegriffen. 26 Polizeibeamte und -beamtinnen seien verletzt worden, zudem vier Teilnehmer der regimenahen Veranstaltung und zwei Oppositionelle. Sechs Beamte mussten im Krankenhaus behandelt werden. Fünf Polizisten könnten ihren Dienst nicht weiter ausführen.

Rund 200 Menschen versammelten sich nach Polizeiangaben gestern Nachmittag zu einer Veranstaltung des Verbands eritreischer Vereine in Stuttgart und Umgebung. Die Vereine sympathisierten mit der Regierung in Eritrea, so der Polizeisprecher.

Polizeiaufgebot bei Ausschreitungen am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart
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Zur Mittagszeit hätten sich dann mehrere Kleingruppen von Oppositionellen am Bahnhof Bad Cannstatt und am Stuttgarter Hauptbahnhof versammelt. Sie seien am Stuttgarter Römerkastell auf die Beamten losgegangen, hätten sie mit Flaschen und Steinen beworfen. Auch mit Holzlatten hätten sie Teilnehmer des Treffens und Polizisten attackiert.

Eritrea mit seinen rund drei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern liegt im Nordosten Afrikas am Roten Meer und ist international weitgehend abgeschottet. Seit einer in einem jahrzehntelangen Krieg erkämpften Unabhängigkeit von Äthiopien vor 30 Jahren regiert Präsident Isaias Afewerki in einer Einparteidiktatur das Land. Andere Parteien sind verboten, die Meinungs- und Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Es gibt weder ein Parlament noch unabhängige Gerichte oder zivilgesellschaftliche Organisationen. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Menschen ins Ausland fliehen.

Ausschreitungen bei Festivals schon zuvor

Im Juli war es bereits im hessischen Gießen zu Ausschreitungen bei einem Eritrea-Festival mit mindestens 26 verletzten Polizisten gekommen, als Gegner der Veranstaltung Sicherheitskräfte mit Stein- und Flaschenwürfen attackierten und Rauchbomben zündeten. In Stockholm kam es im August bei einem Eritrea-Festival zu gewalttätigen Ausschreitungen mit mehr als 50 Verletzten.