Ukrainische Soldaten
Screenshot Telegram
Ukraine

Kiew meldet Einnahme von Dorf bei Bachmut

Die ukrainische Armee hat laut eigenen Angaben ein schwer umkämpftes Dorf nahe der Stadt Bachmut im Osten des Landes zurückerobert. „Ich kann bestätigen, dass das dank der Anstrengungen der 80. Luftsturmbrigade, der fünften Sturmbrigade und der vereinigten Brigade der Nationalen Polizei ‚Ljut‘ (‚Wut‘) gelungen ist“, zitierte die Zeitung „Ukrajinska Prawda“ am Sonntag den Sprecher der Heeresgruppe Ost, Ilja Jewlasch.

Mehrere Stunden zuvor hatte bereits der Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, auf Telegram ein Foto veröffentlicht, das ukrainische Soldaten in dem Ort im Gebiet Donezk zeigen soll. „Die Ukraine holt sich das ihre immer zurück“, schrieb Jermak dazu. Ukrainische Medien verorteten das Bild unter anderem anhand der markanten Kirche in Klischtschijiwka, einem Ort südlich der umkämpften Stadt Bachmut im Gebiet Donezk. In den vergangenen Wochen gab es schwere Gefechte um das Dorf.

Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte den beteiligten Einheiten für die Rückeroberung von Klischtschijiwka. „Heute möchte ich besonders die Soldaten erwähnen, die Schritt für Schritt der Ukraine ihr Eigentum zurückholen, gerade in der Gegend von Bachmut“, sagte Selenskyj am Sonntagabend in seiner täglichen Videobotschaft. „Klischtschijiwka. Prachtkerle“, sagte er.

Kämpfe gehen unvermindert weiter

Die Brigade „Ljut“ veröffentlichte ein Video, auf der sie die Einnahme der Ortschaft unmittelbar südlich der Stadt Bachmut verkündete. „Der Feind versucht aber weiterhin, sie wieder zu besetzen“, sagte einer der Soldaten, die die ukrainische Fahne und die Flaggen der beteiligten Armeeeinheiten in die Kamera halten. Im Hintergrund ist anhaltender Gefechtslärm zu vernehmen. Von russischer Seite gab es bislang keinen Kommentar. Unabhängig lassen sich die Meldungen der Kriegsparteien zunächst oft nicht überprüfen.

Zweiter Teilerfolg nach Andrijiwka

Offiziell hat das ukrainische Verteidigungsministerium eine Befreiung Klischtschijiwkas noch nicht bekanntgegeben. Der Ort war im Jänner 2023 von den Russen besetzt worden. Zuletzt hatte das Kiewer Militär eigenen Angaben zufolge die benachbarte Ortschaft Andrijiwka zurückerobert. Bildern zufolge ist von dem Ort infolge der schweren Kämpfe allerdings nicht mehr viel übrig geblieben.

Russischen Besatzern droht Zangenangriff

Die Einnahme Klischtschijiwkas durch die Ukraine würde die taktische Lage der russischen Besatzer in Bachmut deutlich verschlechtern, die nun Gefahr laufen, vom Süden und vom Norden her in die Zange genommen zu werden. Um Bachmut hatten Russen und Ukrainer gut ein halbes Jahr lang gekämpft. Aufseiten der russischen Streitkräfte kamen hier vor allem die Söldner der Privatarmee Wagner zum Einsatz. Ende Mai erklärte Russland die Stadt für eingenommen.

Ein erzwungener Rückzug aus der Stadt wäre nicht nur strategisch eine schwere Niederlage, sondern nach den vielen Monaten verlustreicher Kämpfe auch psychologisch. Es könnte auch die bestehenden Spannungen innerhalb des russischen Militärs weiter verschärfen.

Auch auf ukrainischer Seite fordern die Kämpfe rund um Bachmut und die Gegenoffensive im Süden zahlreiche Verletzte und Tote. Insbesondere die vielen Minen, die Russland zur Absicherung der Front streute, führen zu zahlreichen Verletzungen und Todesfällen.

Nach Einschätzung des US-Generalstabschefs Mark Milley ist Kiew mit seiner Gegenoffensive „nicht gescheitert“. „Sie haben nicht versagt. Ich weiß, dass es einige Kommentare gibt, dass diese Offensive irgendwie gescheitert ist. Sie ist nicht gescheitert“, sagte Milley dem US-Sender CNN in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview. Es habe Teilerfolge gegeben, außerdem habe die Ukraine eine große Kampfkraft. Die Gegenoffensive sei zwar langsamer vorangegangen als erwartet, so Milley. Dafür sei sie aber „beständig“ gewesen.

Kiew: Neue Angriffe auf Odessa und Mykolajiw

Russland griff unterdessen in der Nacht auf Sonntag erneut den Süden der Ukraine mit Drohnen und Marschflugkörpern an. „Alle sechs Drohnen wurden vernichtet, vier über dem Gebiet Mykolajiw, zwei über dem Gebiet Odessa“, meldete die ukrainische Kommandostelle Süd auf Telegram. Zugleich räumte sie ein, dass zwar auch fünf Marschflugkörper des Typs Ch-101/Ch-555 abgefangen worden seien, aber einige andere Landwirtschaftsobjekte im Gebiet Odessa getroffen hätten.

Die genaue Anzahl der Treffer nannten die Militärs nicht. Die Einschläge bestätigte in der Früh auch der Militärgouverneur von Odessa, Oleh Kiper, auf Telegram. Seinen Angaben nach wurden im Landkreis Beresiwka unter anderem Getreidespeicher getroffen. Tote und Verletzte gebe es glücklicherweise nicht, teilte er mit.

Seit dem Auslaufen des Abkommens zur Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer attackiert Russland verstärkt die Infrastruktur der Schwarzmeer-Gebiete im Süden der Ukraine. Häfen und Getreidespeicher sind vorrangiges Ziel der Angriffe.