Nasser Kanaani, Sprecher des iranischen Außenministeriums
AP/Iranian Foreign Ministry
Teheran

Heute Gefangenenaustausch mit USA

Durchbruch nach monatelangen Verhandlungen: Fünf seit Jahren im Iran inhaftierte US-Amerikaner werden nach Angaben aus Teheran am Montag das Land verlassen. Der Deal sieht vor, dass die USA im Gegenzug fünf in den USA verurteilte bzw. angeklagte Iraner freilassen. Der Gefangenenaustausch zeichnete sich zuletzt ab. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Freigabe von iranischem Vermögen in Höhe von sechs Milliarden US-Dollar (rund 5,6 Mrd. Euro) durch die USA.

Die Ausnahmegenehmigung für der Transfer der in Südkorea wegen internationaler Sanktionen eingefroren Gelder wurde von der US-Regierung bereits vor Tagen erteilt. Eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen spielten die Golfstaaten Oman und Katar. CNN-Angaben zufolge sollten die fünf Freigelassenen am Dienstag mit einem katarischen Flugzeug zunächst nach Doha gebracht werden. Das Flugzeug stehe startklar auf dem Flughafen von Teheran, und die fünf Amerikaner seien bereits dorthin unterwegs, berichtete unter anderem Reuters mit Verweis auf mit der Sache vertraute Personen am frühen Nachmittag.

Zudem wurde für die von den USA freigegebenen Vermögenswerte eine Überweisung auf katarische Banken vereinbart – und, wie der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, am Montag mitteilte, sei das Geld dort schon angekommen.

Bereits am Donnerstag hatte der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian Berichte bestätigt, wonach die Freilassung der fünf US-Bürger unmittelbar bevorstehe. Kurz nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen im August wurden die Betroffenen zudem aus der Haft in einem Hotel in der Hauptstadt Teheran unter Hausarrest gestellt.

Wegen Spionage verurteilter Geschäftsmann

Die fünf US-Bürger haben iranische Wurzeln und besitzen neben der iranischen auch die US-Staatsbürgerschaft. Der Iran erkennt jedoch keine doppelten Staatsbürgerschaften an. Unter den vor der Freilassung stehenden US-Amerikanern befindet sich der Geschäftsmann Siamak Namasi. Er wurde 2015 inhaftiert und wegen Spionage zu zehn Jahren Haft verurteilt. 2018 wurden der Umweltschützer Morad Tahbas und der Geschäftsmann Emad Shargi festgenommen. Die Identität der beiden anderen Amerikaner ist nicht öffentlich bekannt.

Zwei Iraner bleiben in USA

Die amerikanische Justiz wiederum wird Angaben aus Teheran zufolge im Zuge der Abmachung fünf Iraner freilassen. Sie sollen laut Berichten in den USA unter anderem versucht haben, die internationalen Sanktionen zu umgehen. Einem Iraner wurde außerdem Industriespionage vorgeworfen. Ein weiterer soll gegen ein Gesetz verstoßen haben, das „ausländische Vertreter“ in den USA zur Registrierung verpflichtet.

Zwei Männer werden laut iranischem Außenministerium in ihre Heimat zurückkehren, ein weiterer in ein Drittland fliegen. Zwei Iraner wollen in den USA bleiben.

„Förderung der Produktion“

Das Geld, auf das der Iran nun offenbar wieder Zugriff hat, wurde von Südkorea nach Angaben Teherans und Washingtons in mehreren Tranchen in Euro getauscht und nach Katar überwiesen. Mit dem Vermögen soll die Islamische Republik unter Aufsicht Güter kaufen können, die nicht von internationalen Sanktionen betroffen sind.

Die laut US-Medien aus Ölgeschäften stammenden Milliarden wurden in Südkorea eingefroren, nachdem die USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem gemeinsamen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen waren. Durch die damit in Kraft getretenen Sanktionen war der Iran wieder verstärkt vom internationalen Geldverkehr abgeschnitten, wie etwa ABC berichtete.

Der Iran kündigte nach der Freigabe der eingefrorenen Gelder Investitionen in die heimische Produktion an. „Die Regierung wird versuchen, alle diese Mittel in die Förderung der Produktion (…) zu investieren“, sagte Präsident Ebrahim Raisi Mitte August nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA. Um welche Produktionsbereiche es sich handelt, ist nicht klar.

US-Regierung: Kein Lösegeld

An der Vereinbarung mit Teheran hatte es vorab reichlich Kritik gegeben. Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence etwa hatte den Deal als „größte Lösegeldzahlung in der amerikanischen Geschichte“ bezeichnet. Kritiker mahnten, Teheran könne die Milliarden Dollar womöglich für militärische Zwecke nutzen.

Die US-Regierung versuchte in den vergangenen Wochen, derlei Bedenken zu zerstreuen. Sie betonte mehrfach, das Geld könne allein für humanitäre Zwecke genutzt werden – etwa für Medikamente und Lebensmittel. Es handle sich nicht um Lösegeld und nicht um Geld von US-Steuerzahlern, sondern um iranisches Geld, das allein dem iranischen Volk zugutekommen solle und nicht der Führung. Die US-Seite wies auch Darstellungen Raisis zurück, das Geld solle in andere Bereiche fließen, etwa in die heimische Produktion.

Folgenschwere Geiselnahme in US-Botschaft

Der Iran inhaftiert immer wieder Ausländer unter dem Vorwurf der Spionage oder anderer Verstöße gegen die nationale Sicherheit. Menschenrechtler kritisieren die oft hinter verschlossenen Türen verhandelten Verfahren als unfair. Der Islamischen Republik wird auch vorgeworfen, Ausländer als Geiseln gefangen zu halten.

Die Beziehungen zwischen dem Iran und den USA sind historisch schlecht. Immer wieder standen beide Länder am Rande eines Krieges. Im Jänner 2020 töteten die USA den mächtigen iranischen General Ghassem Soleimani bei einem Drohnenangriff im Nachbarland Irak. Es folgten wochenlange militärische Spannungen.

Die Stürmung der US-Botschaft durch Studenten und die darauffolgende Geiselnahme am 4. November 1979 hatte die Beziehungen beider Länder unwiderruflich verschlechtert. Seitdem gibt es zwischen den Ländern auch keine direkten diplomatischen Beziehungen.