die aus der Haft im Iran entlassenen US-Amerikaner steigen aus einem Flugzeug am Flughafen in Doha
Reuters/Mohammed Dabbous
Gefangenenaustausch über Doha

Vom Iran festgehaltene US-Bürger wieder frei

Mehrere seit Jahren im Iran inhaftierte US-Amerikaner haben am Montag das Land Richtung Katar verlassen. Das Golfemirat spielte bei den monatelangen Verhandlungen eine Schlüsselrolle. Der Mitte August vereinbarte Deal umfasst im Gegenzug die Freilassung von fünf in den USA verurteilten bzw. angeklagten Iranern. Zwei von diesen sind am Montag ebenfalls in Doha gelandet.

Eine zentrale Rolle beim Zustandekommen des Abkommens spielte die Freigabe von iranischem Vermögen in Höhe von rund sechs Milliarden US-Dollar (rund 5,6 Mrd. Euro) durch die USA. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, bestätigte am Vormittag, dass die Gelder nach Katar überwiesen worden seien – und kündigte gleichzeitig an, dass die US-Amerikaner noch am Montag das Land verlassen werden. Wenig später flogen diese an Bord eines Flugzeuges von Qatar Airways vom Flughafen von Teheran ab, das am frühen Abend in Doha landete.

Mit an Bord waren neben zwei Familienangehörigen offenbar auch der Schweizer Botschafter, der im Iran die Interessen der USA vertritt. Wie das iranische Staatsfernsehen am Nachmittag berichtete, seien am Montag auch zwei der fünf in den USA freigelassenen Iraner in der katarischen Hauptstadt gelandet.

die aus dem Iran entlassenen US-Amerikaner steigen in ein Flugzeug am Flughafen in Teheran
Reuters
Die freigelassenen Amerikaner wurden mit einem Qatar-Airways-Passagierflugzeug nach Doha gebracht

„Emotionales Gespräch“

US-Beamte bezeichneten laut Medien die Freigabe der eingefrorenen Vermögenswerte als „Schlüsselelement“ hinter der nun erfolgten Freilassung. Die Ausnahmegenehmigung für den Transfer der in Südkorea wegen internationaler Sanktionen eingefrorenen Gelder wurde von der US-Regierung bereits im August angekündigt.

US-Außenminister Antony Blinken hat eigenen Angaben zufolge mit den nun freigelassenen US-Bürgern bereits gesprochen. „Ich kann Ihnen sagen, dass es für sie und für mich ein emotionales Gespräch war“, so Blinken, der Reuters-Angaben zufolge zudem anmerkte, auch weiterhin alle sich ergebenden „Möglichkeiten der Diplomatie“ prüfen zu wollen.

Bereits am Donnerstag hatte der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian Berichte bestätigt, wonach die Freilassung der fünf US-Bürger unmittelbar bevorstehe. Kurz nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen im August wurden die Betroffenen zudem aus der Haft in einem Hotel in der Hauptstadt Teheran unter Hausarrest gestellt.

Auch Mutter und Ehefrau saßen im Iran fest

Die fünf US-Bürger haben iranische Wurzeln und besitzen neben der iranischen auch die US-Staatsbürgerschaft. Der Iran erkennt jedoch keine doppelten Staatsbürgerschaften an.

Unter den vor der Freilassung stehenden US-Amerikanern befindet sich der Geschäftsmann Siamak Namasi. Er wurde 2015 inhaftiert und wegen Spionage zu zehn Jahren Haft verurteilt. Mit an Bord der Qatar-Airways-Maschine waren laut CNN-Angaben auch Namasis Mutter und Ehefrau. Auch die beiden konnten den Angaben zufolge erst dank des zwischen Teheran und Washington getroffenen Abkommens nun das Land verlassen.

Dazu kommen der Umweltschützer Morad Tahbas und der Geschäftsmann Emad Shargi, die beide 2018 im Iran festgenommen wurden. Die Identität der beiden anderen Amerikaner ist nicht öffentlich bekannt

Zwei Iraner bleiben in USA

Die amerikanische Justiz wiederum musste Angaben aus Teheran zufolge im Zuge der Abmachung fünf Iraner freilassen. Vergangene Woche hatte die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA die Namen der fünf Iraner genannt.

Unter ihnen sind Ressa Sarhangpur und Kambis Attar Kaschani, die beide gegen US-Sanktionen gegen den Iran verstoßen haben sollen. Der 2021 in der Nähe von Boston festgenommene Kaweh Lotfolah Afrasiabi wurde von der US-Justiz beschuldigt, ein Agent der iranischen Regierung zu sein.

Zwei der von den USA offenbar auch am Montag freigelassenen Männer sollten iranischen Angaben zufolge in ihr Heimatland zurückkehren. Ein weiterer wollte in ein Drittland fliegen, zwei bleiben indes weiter in den USA.

„Förderung der Produktion“

Der Gouverneur der iranischen Zentralbank, Mohammedresa Farsin, bestätigte indes den Eingang von rund 5,6 Mrd. Euro auf sechs iranischen Konten bei zwei katarischen Banken. Im iranischen Staatsfernsehen kündigte er zudem eine Schadenersatzklage gegen Südkorea an, weil es „den Zugang zu diesen Geldern verweigert und sich der Wert dieser Gelder reduziert“ habe.

Nasser Kanaani, Sprecher des iranischen Außenministeriums
AP/Iranian Foreign Ministry
Nasser Kanaani, Sprecher des iranischen Außenministeriums, kündigte am Montag in der Früh die Freilassung der Amerikaner an

Das Geld, auf das der Iran nun offenbar wieder Zugriff hat, wurde von Südkorea nach Angaben Teherans und Washingtons in mehreren Tranchen in Euro getauscht und nach Katar überwiesen. Mit dem Vermögen soll die Islamische Republik unter Aufsicht Güter kaufen können, die nicht von internationalen Sanktionen betroffen sind.

Die laut US-Medien aus Ölgeschäften stammenden Milliarden wurden in Südkorea eingefroren, nachdem die USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem gemeinsamen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen waren. Durch die damit in Kraft getretenen Sanktionen war der Iran wieder verstärkt vom internationalen Geldverkehr abgeschnitten, wie etwa ABC berichtete.

Der Iran kündigte Mitte August im Zusammenhang mit den nun freigegebenen Geldern Investitionen in die heimische Produktion an. „Die Regierung wird versuchen, alle diese Mittel in die Förderung der Produktion (…) zu investieren“, sagte Präsident Ebrahim Raisi damals nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA. Um welche Produktionsbereiche es sich handelt, ist nicht klar.

Festgehaltene US-Bürger wieder frei

Mehrere seit Jahren im Iran inhaftierte US-Amerikaner haben am Montag das Land Richtung Katar verlassen. Das Golfemirat spielte bei den monatelangen Verhandlungen eine Schlüsselrolle. Der Mitte August vereinbarte Deal umfasst im Gegenzug die Freilassung von fünf in den USA verurteilten bzw. angeklagten Iranern. Zwei von diesen sind am Montag ebenfalls in Doha gelandet.

US-Regierung: Kein Lösegeld

An der Vereinbarung mit Teheran hatte es vorab reichlich Kritik gegeben. Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence etwa hatte den Deal als „größte Lösegeldzahlung in der amerikanischen Geschichte“ bezeichnet. Kritiker mahnten, Teheran könne die Milliarden Dollar womöglich für militärische Zwecke nutzen.

Die US-Regierung versuchte in den vergangenen Wochen, derlei Bedenken zu zerstreuen. Sie betonte mehrfach, das Geld könne allein für humanitäre Zwecke genutzt werden – etwa für Medikamente und Lebensmittel. Es handle sich nicht um Lösegeld und nicht um Geld von US-Steuerzahlern, sondern um iranisches Geld, das allein dem iranischen Volk zugutekommen solle und nicht der Führung. Die US-Seite wies auch Darstellungen Raisis zurück, das Geld solle in andere Bereiche fließen, etwa in die heimische Produktion.

Folgenschwere Geiselnahme in US-Botschaft

Der Iran inhaftiert immer wieder Ausländer unter dem Vorwurf der Spionage oder anderer Verstöße gegen die nationale Sicherheit. Menschenrechtler kritisieren die oft hinter verschlossenen Türen verhandelten Verfahren als unfair. Der Islamischen Republik wird auch vorgeworfen, Ausländer als Geiseln gefangen zu halten.

Die Beziehungen zwischen dem Iran und den USA sind historisch schlecht. Immer wieder standen beide Länder am Rande eines Krieges. Im Jänner 2020 töteten die USA den mächtigen iranischen General Ghassem Soleimani bei einem Drohnenangriff im Nachbarland Irak. Es folgten wochenlange militärische Spannungen.

Die Stürmung der US-Botschaft durch Studenten und die darauffolgende Geiselnahme am 4. November 1979 hatte die Beziehungen beider Länder unwiderruflich verschlechtert. Seitdem gibt es zwischen den Ländern auch keine direkten diplomatischen Beziehungen.

Neue Sanktionen

Auch wenn Beobachter den Gefangenenaustausch als erste diplomatische Annäherung seit langer Zeit hervorhoben, erwartet kaum jemand eine schnelle Entspannung. Erst am Montag wurden vielmehr neue Sanktionen der Vereinigten Staaten gegen Teheran bekannt. Nach Angaben des US-Finanzministeriums richten sich diese gegen den ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und das iranische Geheimdienstministerium.

Die Sanktionen, die nach der Vereinbarung eines Gefangenenaustauschs zwischen den beiden Ländern verhängt wurden, gehen auf eine US-Verfügung im Zusammenhang mit Geiselnahmen zurück. Die Maßnahmen ergänzen die bestehenden US-Sanktionen gegen das iranische Geheimdienstministerium.