Versammlungshalle im Hauptquartier der UNO in New York
Reuters/Mike Segar
UNO-Generaldebatte

Ukraine-Krieg und Klimakrise im Fokus

In New York herrscht ab Dienstag diplomatischer Hochbetrieb – und wie bereits im Vorjahr wird der russische Krieg gegen die Ukraine wohl viel Raum einnehmen. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt treffen sich bei der 78. UNO-Generaldebatte im Sitz der Vereinten Nationen. Mit Spannung wird der Auftritt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erwartet. Neben dem Krieg steht auch der Kampf gegen die Erderwärmung stark im Fokus.

Selenskyj dürfte seine Rede vor der UNO-Vollversammlung am Dienstag dafür nutzen, die internationale Staatengemeinschaft zu weiterer Hilfe für sein Land aufzurufen. Denn angesichts der schwierigen Gegenoffensive gegen Russland muss der Präsident darum bangen, wie lange ihn westliche Staaten noch mit umfangreichen Waffenlieferungen unterstützen werden. Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn wird Selenskyj persönlich bei der UNO-Vollversammlung anwesend sein.

Südländer drängen auf Kompromiss

Viele Länder des globalen Südens, also die Entwicklungs- und Schwellenländer, die durch die Auswirkungen des Krieges in Mitleidenschaft gezogen wurden, drängen zudem auf eine Kompromisslösung – ganz abgesehen davon, dass sie nicht Russland gegen sich aufbringen wollen. Mit dem Ukraine-Krieg wird sich auch eine offene Sitzung des UNO-Sicherheitsrats am Mittwoch befassen.

Bei vielen Reden dürfte der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eine wichtige Rolle spielen: Neben Selenskyj werden auch US-Präsident Joe Biden, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der deutsche Kanzler Olaf Scholz, der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva und der iranische Regierungschef Ebrahim Raisi Reden an die rund 150 Staats- und Regierungschefs richten.

„Rettungsplan für die Menschheit und den Planeten“

Neben dem Ukraine-Krieg werden auch Klimakrise und Entwicklungspolitik auf der Agenda stehen. Bereits am Montag begann ein UNO-Nachhaltigkeitsgipfel („Sustainable Development Goals Summit“), bei dem eine Halbzeitbilanz der 2015 beschlossenen Agenda 2030 gezogen werden soll. Diese hat 17 globale Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt, die bis 2030 erreicht werden sollen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei einer Rede im UNO Hauptquartier in New York
Reuters/Mike Segar
UNO-Generalsekretär Guterres präsentierte auf dem Nachhaltigkeitsgipfel am Montag einen „Rettungsplan“

Entwicklungsziele und Finanzreform bekräftigt

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warnte, dass die meisten Ziele mit dem aktuellen Tempo nicht erreichbar seien, weswegen er am Montag einen „Rettungsplan für die Menschheit und den Planeten“ vorlegte, der später wie geplant einstimmig angenommen wurde. Eine Staatengruppe um Russland hatte am Vortag mit einer Blockade gedroht, ließ ihren Drohungen aber letztlich keine Taten folgen.

Laut der Erklärung bekennt sich die Staatengemeinschaft zur schnelleren Umsetzung der Agenda 2030 und zur Umsetzung konkreter Maßnahmen. Dazu zählen etwa nationale Strategien zur Verringerung von Armut und Ungleichheit. Auch enthalten ist ein Bekenntnis zu einer Reform der internationalen Finanzstruktur. Diese „müsse zweckdienlicher, gerechter und reaktionsfähiger“ auf den Bedarf der Entwicklungsländer ausgerichtet werden.

Van der Bellen und Schallenberg anwesend

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist bereits seit Montag anwesend und drängt auf dem Nachhaltigkeitsgipfel laut Redetext zum Handeln: „In einer Welt, in der wir uns Kipppunkten nähern, können wir uns Untätigkeit nicht leisten.“ Am Dienstag wird der Bundespräsident gemeinsam mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) mit UNO-Generalsekretär Guterres konferieren.

Was die wachsende Unzufriedenheit des globalen Südens betrifft, ortet Schallenberg Handlungsbedarf. „Wir sind in einem Kampf der Angebote mit China, in einem Kampf der Narrative mit Russland. Und da müssen wir, glaube ich, sehr viel besser werden im Outreach“, so Schallenberg im Vorfeld. Die Liste der bilateralen Gespräche, die er laut Planung in New York führen soll, weist jedenfalls einen Afrikaschwerpunkt auf. Am Donnerstag folgt eine Rede vor dem UNO-Plenum.

Klimagipfel am Mittwoch

Der Kampf gegen die Erderwärmung ist nicht nur Thema auf dem Nachhaltigkeitsgipfel, sondern auch auf einem Klimagipfel („Climate Ambition Summit“) am Mittwoch, zu dem UNO-Generalsekretär Guterres geladen hat. Damit soll „das Handeln von Regierungen, Unternehmen, Finanzinstituten, lokalen Behörden und der Zivilgesellschaft beschleunigt werden“.

Die jüngste wissenschaftliche Bewertung der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe für Klimaänderungen (IPCC) habe erneut die Dringlichkeit des Handelns unterstrichen, hieß es im Vorfeld. „Die durch die Klimakrise verursachten Schäden sind bereits beträchtlich, und die weltweiten Treibhausgasemissionen befinden sich nach wie vor auf Rekordniveau.“

„Riesige Herausforderungen“

Guterres hat vor der UNO-Woche mahnende Worte an die Staatengemeinschaft gerichtet. „Wir werden in einer Zeit zusammenkommen, in der die Menschheit vor riesigen Herausforderungen steht“, sagte Guterres. „Von dem sich verschlimmernden Klimanotstand über eskalierende Konflikte, die weltweite Lebenshaltungskostenkrise und rasch wachsende Ungleichheiten bis hin zu dramatischen technologischen Umbrüchen.“

Russland durch Lawrow vertreten

Doch viele besonders einflussreiche Staats- und Regierungschefs bleiben der UNO-Woche in diesem Jahr fern: Von den fünf ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates – China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA – ist US-Präsident Biden der einzige Präsident, der in New York erscheint. Russland beispielsweise wird durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten.

UNO-Generalsekretär Guterres will das aber nicht als Zeichen werten, dass die diesjährige UNO-Woche weniger Gewicht hat. „Es kommt nicht auf die Anwesenheit von diesem oder jenem Präsidenten an. Es kommt auf das Engagement der jeweiligen Regierung an.“ Das diplomatische Spitzentreffen sei schließlich „kein Jahrmarkt der Eitelkeiten“.