Kind steht im Gang eines Hauses
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Strafen verschärft

Weiter Kritik an „Kinderschutzpaket“

Die Regierung hat am Mittwoch im Ministerrat ihr „Kinderschutzpaket“ – auch als „Lex Teichtmeister“ bekannt – beschlossen. Dieses enthält unter anderem die verpflichtende Umsetzung von Schutzkonzepten an Schulen, die Verschärfung des Sexualstrafrechts und die Ausweitung des Tätigkeitsverbots. Obwohl die Koalition bei Kritikpunkten nachschärfte, bleibt Kritik am Paket bestehen.

Nach Bekanntwerden der Vergehen des ehemaligen Burgschauspielers Florian Teichtmeister hatte die Bundesregierung ihr Paket angekündigt. Nun ging es durch den Ministerrat und wird dem Parlament übermittelt. Es soll im Dezember in Kraft treten.

Damit drohen künftig bei Besitz von Darstellungen von Kindesmissbrauch statt eines Jahres bis zu zwei Jahre Haft, teilte das Justizministerium im Anschluss an die Regierungssitzung mit. Wenn es sich um Material mit unmündigen Minderjährigen handelt, können bis zu drei Jahre Haft verhängt werden. Neu ist, dass bei Herstellung oder Anbieten einer „Vielzahl“ – also mehr als 30 Bilder oder Videos – von Missbrauchsdarstellungen zum Zweck der Verbreitung bis zu zehn Jahre Haft drohen.

Verschärfungen im Sexualstrafrecht

Die Regierung will einerseits die Strafen für Sexualstraftäter deutlich erhöhen, andererseits soll es verpflichtende Kinderschutzkonzepte in Schulen geben und ein Berufsverbot für Täter.

Schutzkonzepte für Schulen

Die am Mittwoch beschlossenen Regierungsvorlagen sind Teil eines Maßnahmenpakets, das laut Regierung auf drei Säulen aufbaut: Prävention, Strafverfolgung und Sanktionen sowie Opferschutz. „Kinder sollen nicht Opfer werden. Sie sollen schon vorher vor Übergriffen und Missbrauch geschützt werden“, hieß es aus den zuständigen Ressorts von Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Dafür werden Kinderschutzkonzepte an den Schulen eingeführt.

Überarbeitet wurden auch die Regeln für Tätigkeitsverbote bereits verurteilter Täter und Täterinnen. Um eine Ausweitung der Verbote sicherzustellen, soll das bisherige Erfordernis der Tätigkeit bzw. der Tätigkeitsabsicht zum Tatzeitpunkt wegfallen.

Bei Jugendlichen kann von Verfolgung abgesehen werden

Eine Lösung wurde laut Regierung auch für „Sexting“ unter gleichaltrigen Minderjährigen gefunden. Fachleute hatten gewarnt, dass mit der ursprünglichen Version der Regierungsvorlage hauptsächlich Minderjährige verurteilt werden könnten, wenn diese etwa Nacktfotos voneinander teilen.

Das Justizministerium regelt künftig per Erlass, dass in solchen Fällen von einer Strafverfolgung abgesehen werden kann, auch wenn unter 14-Jährige beteiligt sind. Sollte doch die Strafverfolgung angezeigt sein, wird zu prüfen sein, ob eine Diversion möglich ist, sofern das nicht aufgrund der Schwere der Tat und der Folgen für das Opfer ausscheidet.

Kampagne für mehr Bewusstsein geplant

Um in der Bevölkerung mehr Bewusstsein für das Thema Missbrauch zu schaffen, wird in den kommenden Monaten eine Kampagne umgesetzt. Durch das Maßnahmenpaket wird auch der frühere und als verharmlosend kritisierte Begriff der „pornografischen Darstellung Minderjähriger“ im Gesetz durch den Begriff „bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen“ ersetzt.

Im Nationalrat verteidigte Zadic das Paket am Mittowch gegen Kritik. Neben Vorbeugung und gestärktem Opferschutz brauche es auch härtere Strafen. Diese würden nun verdoppelt, teils sogar verdreifacht, und auch das Tätigkeitsverbot werde ausgeweitet, sagte sie in einer von der FPÖ verlangten Kurzdebatte. FPÖ-Mandatar Harald Stefan hatte dafür zwar Lob ausgesprochen, sah das Paket aber als Ergebnis der „woken Kopiermaschine“ der Regierung von Forderungen der FPÖ.

Jurist geht von „Symbolik“ aus

Fachleute sehen trotz Nachschärfungen des Pakets Kritikpunkte. Der Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer von der Kepler-Universität Linz sagte am Mittwoch gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal, das Paket betreffe die Delikte der Missbrauchsdarstellungen. Ob hier die Strafverschärfungen etwas verändern werden, „ist in der kriminologischen Forschung sehr zweifelhaft, es ist eher eine Symbolik, die dahintersteht“.

Unter rechtsdogmatischen und kriminalpolitischen Gesichtspunkten sei das Paket „durchaus ein sehr kritisch zu sehender Weg, weil sehr schnell einmal die Wertigkeit der Delikte untereinander aus den Fugen geraten kann“, so Birklbauer. So könne nun die Strafe bei einem schweren Fall von Missbrauchsdarstellungen gleich hoch sein wie bei einem „Hands-on“-Delikt.

Teichtmeister hätte selbe Strafe ausfassen können

Auch das Urteil gegen Teichtmeister, das etwa von der FPÖ als zu mild beurteilt wurde, wäre durch die neuen Verschärfungen nicht zwingend anders ausgefallen, so Birklbauer. Eine höhere Strafe wäre zwar möglich gewesen, aber die bedingte Strafnachsicht orientiere sich immer am konkreten Fall. Teichtmeister hätte laut Birklbauer auch mit dem neuen Paket nicht zwingend ins Gefängnis gehen müssen.

Die verpflichtende Umsetzung von Schutzkonzepten an Schulen beurteilte der Jurist als gut, aber als zu wenig ausreichend. „Ich halte Prävention für sehr wichtig und finde es gut, dass es Konzepte gibt, um zu sensibilisieren, aber mit Konzepten allein ist es nicht getan.“ Es brauche darüber hinaus Ressourcen für Präventions- und Beziehungsarbeit, sagte er.

So fänden statistisch gesehen mehr als 80 Prozent aller Missbrauchsfälle in den „eigenen vier Wänden“ statt „und nicht in den Institutionen wie Schule, Kulturbetrieb oder Sportbetrieb. Da muss man hier ansetzen bei den Konzepten.“

Strafverschärfung „per se noch kein Kinderschutz“

Dass grundsätzlich verpflichtende Kinderschutzkonzepte in Schulen verankert werden sollen, sei begrüßenswert, so Hedwig Wölfl, Geschäftsführerin der Kinderschutzorganisation die möwe. Ebenfalls positiv hervorzuheben sei die vor der Umsetzungen stehende Kinderschutzkampagne. „Das war eine jahrelange Forderung“, so Wölfl. Auch dass mehr Gelder in Behandlung und Beratung von Opfern fließen würden, sei ein wichtiger Schritt.

In Bezug auf die Strafverschärfung sagte sie allerdings: „Das ist per se noch kein Kinderschutz, sondern nur einer von vielen Bausteinen dafür.“ Die Regierung solle auf das Paket auch ein bundesweites Kinderschutzgesetz sowie eine eigene unabhängige Koordinationsstelle folgen lassen. „Es braucht einen langfristigen Plan“, so Wölfl.

Ähnlich äußerte sich Martina Wolf, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Kinderschutzzentren, gegenüber der APA. „Es ist vieles dabei, was wir gut finden“, sagte Wolf, „die Schutzkonzepte müssen dann jedoch auch umgesetzt werden.“ Eine Verankerung solcher Konzepte bei Vereinen oder anderen Einrichtungen wäre ebenfalls wünschenswert gewesen. In Bezug auf die Strafverfolgung sagte Wolf: „Eine Therapie für Menschen, die eine pädophile Störung haben, ist noch immer die beste Therapie.“