Kellner deckt einen Tisch
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Nationalbank

Firmengewinne heizten Inflation an

Nicht höhere Löhne, sondern deutlich gestiegene Unternehmensgewinne haben die Inflation heuer und im letzten Jahr mit nach oben getrieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse der Nationalbank (OeNB). Gedreht hat sich das laut Nationalbank in diesem Frühjahr. Die OeNB-Analyse erschien kurz vor dem Startschuss für die diesjährigen Lohnverhandlungen.

„Im Durchschnitt erklären Unternehmensgewinne ein Viertel der Jahresinflation 2022“, rechnen die Studienautoren vor. Im ersten Quartal 2023 erreichte deren Beitrag einen Höchststand: 40 Prozent der Inflation in dieser Periode seien durch steigende Gewinne erklärlich.

Am Beginn der steigenden Teuerung im Jahr 2021 waren noch die hohen Importpreise für die Preisrallye verantwortlich, dann schlugen die Gewinne zu Buche. Von Löhnen ging im vergangenen Jahr noch kein relevanter Preisantrieb aus, was daran liegt, dass sie zeitverzögert steigen.

Ab dem zweiten Halbjahr 2023 habe ein Wandel stattgefunden: Die Löhne legten zu und wurden aktuell zum „bestimmenden Inflationstreiber“, so die Nationalbank. Mehr als zwei Drittel der erhöhten Preise würden nun volkswirtschaftlich betrachtet in die höheren Löhne fließen, berichtete der „Standard“ mit Verweis auf die Zahlen der OeNB.

Streitpunkt rund um anstehende Lohnrunden

Vor den anstehenden Lohnrunden gab es bereits Warnungen von Teilen der Politik und der Wirtschaft, die Gehälter dürften nicht zu stark steigen, da das sonst die Inflation anheizen würde. Der ÖGB dagegen verwies darauf, dass die Lohnrunden seit jeher die vergangene Inflation als Grundlage haben, nicht eine etwaige künftige.

Am Montag beginnt die Herbstlohnrunde mit der Übergabe der Forderungen der Gewerkschaften an die metalltechnische Industrie. Die Arbeitgeber klagen über eine sich verschlechternde Auftragslage, während die Gewerkschaften auf die hohe Inflation verweisen. Basis des Feilschens ist die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate von 9,6 Prozent.

„Zunehmend Zweitrundeneffekte“

In den Einleitungsworten ihres „Themen-Fokus“ schreiben die Expertinnen und Experten der OeNB: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der ab Mitte 2021 zu beobachtende Inflationsanstieg zunächst durch stark gestiegene Importpreise – insbesondere für Energie und verarbeitete Güter – ausgelöst wurde.“

„Seit Mitte des Jahres 2022 sind aber zunehmend Zweitrundeneffekte zu beobachten: Steigende Unternehmensgewinne verstärkten den Preisauftrieb – zuerst hauptsächlich im Energiesektor, später aber auch in anderen Wirtschaftsbereichen.“ Hier landet die OeNB in der Gastro- und Tourismusbranche: „So erklärten die Gewinne in der Gastronomie und Hotellerie im ersten Quartal 2023 ein Viertel des Verbraucherpreisanstiegs.“

Weiters heißt es: „Im zweiten Quartal 2023 waren die Löhne – genauer die Lohnstückkosten – der bedeutendste Inflationstreiber. Bis Ende 2024 ist eine anhaltend hohe Rolle der Löhne für die Inflation zu erwarten.“

Katzian: Nicht unter 9,6 Prozent

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB betonten in Anspielung auf die Gewerkschaftsmenschenkette beim Parlament am Mittwoch, die Forderungen nach niedrigeren Preisen und höheren Löhnen unterstreichen sollte: „Manchmal muss der Protest auf die Straße getragen werden, und zwar genau an die richtige Adresse.“ ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian betonte Dienstagabend im ORF-„Report“, dass – wie in der Vergangenheit auch – die Basis für das Feilschen der Durchschnitt der Preissteigerungen der vergangenen zwölf Monate ist.

Diese „rollierende Inflation“ liege bei 9,6 Prozent, darunter könne es keinen Abschluss bei der bevorstehenden Metallerlohnrunde geben. „Wir ändern die Spielregeln nicht, wir verhandeln nicht für die Zukunft“, so Katzian.

WKO verweist auf schwierige Auftragslage

Zuvor hatte Arbeitgebervertreter Christian Knill (WKO) die Kritik der Gewerkschaften zurückgewiesen. Viele Unternehmen würden derzeit um Aufträge ringen, jeder dritte Betrieb schreibe Verluste, und die Industrie stecke in der Rezession, so der steirische Industrielle zur „Kleinen Zeitung“.

Auslaufen der MwSt-Senkung als Faktor

Die OeNB hat sich im aktuellen „Themen-Fokus“ auch die Regierungspolitik im Kampf gegen die Teuerung angesehen. „Zusätzlicher Preisdruck kam im Jahr 2022 vom Auslaufen der im Zuge der Corona-Pandemie durchgeführten Mehrwertsteuersenkung für Gastronomie, Hotellerie und Kultur. Die Senkungen von energiebezogenen Abgaben glichen diesen preistreibenden Effekt in den ersten drei Quartalen von 2022 nicht aus. Die Strompreisbremse dämpft die Inflation seit Dezember 2022“, so die Einschätzung der OeNB-Experten.