Containerhafen in Hamburg (Deutschland) aus der Vogelperspektive
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China kauft ein

Häfen als strategische Außenposten

China besetzt seit Jahren geschickt Außenposten rund um den Globus – durch Kredite, Investitionen und Beteiligungen, von Asien über Afrika bis nach Mitteleuropa. Eine ganz wichtige Rolle dabei spielen Häfen, nicht nur, weil sie die zentralen Schnittstellen des internationalen Warenverkehrs sind. Sie gelten auch als wichtige Anker strategischer Interessen.

Peking hat in den letzten Jahren viel Geld in die Beteiligung an Häfen weltweit investiert, von Athen über Singapur bis nach Hamburg. Zuletzt war es der chinesische Staatskonzern China COSCO Shipping Corporation, der einen knapp 25-prozentigen Anteil an einem Containerterminal in der deutschen Hansestadt übernahm.

Bereits 2016 hatte das chinesische Unternehmen die Mehrheit am Athener Hafen Piräus, dem nach Passagier- und Frachtzahlen wichtigsten am Mittelmeer, übernommen. Beide Geschäfte – Stichwort: kritische Infrastruktur und strategische Interessen – hatten für lange und heftige politische Debatten gesorgt.

Ein Netz rund um den Globus

China habe in den letzten Jahren versucht, Einfluss auf den Ozeanen, strategisch wichtige Schiffsverbindungen und Häfen in Asien und rund um die ganze Welt zu gewinnen, hieß es zuletzt in einem Gastkommentar in „Foreign Policy“.

Containerhafen von Hamburg (Deutschland)
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Der Einsteig des chinesischen Staatskonzerns COSCO beim Hamburger Hafen sorgte für Kontroversen über kritische Infrastruktur

Laut diesem halten Unternehmen aus der Volksrepublik unterschiedlich große Anteile an fast 100 Häfen weltweit oder sind deren Betreiber und vergrößerten ihr Portfolio kontinuierlich – zuletzt eben um die Beteiligung am Terminal Tollerort in Hamburg und eine auf den Salomonen im Pazifik.

An sich nicht ungewöhnlich

Natürlich seien ausländische Beteiligungen an Hafeninfrastruktur an sich noch kein Problem, hieß es in dem US-Magazin, auch die Niederlande, Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) etwa besäßen oder betrieben „Dutzende“ Seehäfen.

China allerdings würde die Häfen als Außenposten nutzen, um kritische Informationen zu sammeln. Die Antwort auf die Frage, welche genau das sind, bleiben die beiden Autoren des Kommentars, Elaine Dezenski und David Rader von der konservativen Foundation for Defense of Democracies (FDD) in Washington, allerdings schuldig. Der Thinktank steht der republikanischen Partei nahe, beide Autoren waren früher US-Regierungsbeamte.

Ein Wettlauf „Spion gegen Spion“

Tatsache scheint jedenfalls, dass China und speziell die USA ihre geheimdienstlichen Aktivitäten deutlich verstärkt haben. Die „New York Times“ schrieb zuletzt von einer Art Wettlauf „Spion gegen Spion“ zwischen den beiden Supermächten.

Die Volksrepublik versuche mit bemerkenswerter „Aggressivität“ (Stichwort: Spionageballon), die USA auszuspionieren, diese wiederum versuchten mit einer ähnlichen Strategie, unter Präsident Joe Biden Chinas militärischen und technologischen Fortschritt zu bremsen.

Geschickte Besetzung von Schlüsselstellen

Jedenfalls, hieß es in dem „Foreign Policy“-Artikel, sei China an zumindest der Hälfte der 75 führenden Containerhäfen (außerhalb der Volksrepublik) in irgendeiner Form beteiligt. Das ermögliche die Kontrolle über den Zugang zu Terminals, Docks und Lagerflächen.

Containerhafen von Piräus (Griechenland)
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Am Athener Hafen Piräus ist China – neben vielen anderen weltweit – schon seit Jahren als Mehrheitseigentümer beteiligt

Mehr als die Hälfte der chinesischen Beteiligungen betreffe Schlüsselstellen der internationalen Schifffahrt, etwa im Indischen Ozean (Sri Lanka), dem Roten Meer (Dschibuti), dem Suezanal in Ägypten und dem Mittelmeer, etwa Haifa in Israel oder eben Piräus in Athen.

Widerstand gegen Pekings Expansion

Diese Beteiligungen „öffnen die Tür“, so das US-Politikmagazin, für das Sammeln von Informationen „und andere strategische Aktivitäten“. Im Fall des Hamburger Terminals war eine Befürchtung etwa die, dass Peking auch Spionage und Cyberaktivitäten nutzen könnte, der deutsche Verfassungsschutz warnte davor, dass man sich „nicht in Abhängigkeit begeben“ dürfe. Mehrere deutsche Ministerien sprachen sich gegen den chinesischen Einstieg aus.

Für China, die größte Handelsnation der Welt, sind die Beteiligungen an Häfen ein wichtiger Teil seiner Infrastrukturinitiative der „Neuen Seidenstraße“ („Belt and Road“, BRI). Dieses 2013 von Staats- und Parteichef Xi Jinping gestartete gigantische Projekt mit Milliardeninvestitionen soll nicht nur Handelskorridore über Land schaffen, sondern auch über See – mit Beteiligungen an einer Reihe wichtiger Häfen entlang der Schiffsrouten für den Handel von und nach China.

Sogar Kräne unter Spionageverdacht

China ist laut „Foreign Policy“ mittlerweile der führende Akteur im Schiffstransport mit einer enormen Flotte an Container- und Tankschiffen, Schiffen zum Transport von Flüssiggas und Frachtern für Kohle und Getreide. Mehr als 90 Prozent der Schiffscontainer würden in der Volksrepublik gefertigt, Ähnliches gelte für Schiffskräne.

Chinas Aktivitäten auf dem Meer und seine Beteiligung an Häfen würden zum Sammeln von Daten und Beobachtung „in einem massiven Ausmaß“ genutzt, heißt es weiter in dem Gastkommentar. Die USA nannten die chinesische Logistikplattform LOGINK, die Handelsrouten, Handelsvolumina, Geodaten, Lizenzen und alle möglichen anderen Daten aufzeichne, ein Risiko.

Im Frühjahr waren sogar Hafenkräne unter Spionageverdacht geraten. Der Verdacht damals: Sie könnten Daten sammeln, etwa auch Informationen über die Ladungen bzw. bei Militärhäfen über die militärische Ausrüstung, die verschifft bzw. entladen wird, und diese weitergeben. Die USA führen Militäreinsätze bzw. -stützpunkte auf der ganzen Welt, unter anderem auch in Nachbarländern Chinas.

Grenzen zwischen zivil und militärisch verschwimmen

Schließlich profitierten auch die chinesischen Seestreitkräfte, laut dem US-Politikmagazin mittlerweile die größte Marine der Welt, von Zugang zu Häfen im Eigentum oder mit Beteiligung der Volksrepublik weltweit. Bisher betreibe China nur eine Marinebasis im Ausland – im ostafrikanischen Dschibuti am Roten Meer – gegenüber einem „ausgedehnten globalen Netzwerk“ der US-Marine.

Aber: Zivile Häfen mit chinesischer Eigentümerschaft dienten auch als Anlaufpunkt für militärische Zwecke, im Krisenfall könnten sie als Versorgungs- und Reparaturstützpunkte dienen. Zu diesem Zweck bemühe sich China „zunehmend um zivil-militärische Interoperabilität in der maritimen Infrastruktur“ und anderen Bereichen. Eigene Schiffsdaten würden von China blockiert, schrieb „Foreign Policy“.

Die Grenze zwischen zivil und militärisch verschwimme, Häfen, die mit chinesischer Hilfe gebaut werden (nicht solche mit Beteiligungen), würden auch auf die Nutzung durch die Kriegsflotte der chinesischen Volksbefreiungsarmee zugeschnitten. In rund einem Drittel der Häfen, an denen China beteiligt ist, seien bereits Kriegsschiffe aus der Volksrepublik eingelaufen. Aber allein schon die Kontrolle über Daten, Hafeninfrastruktur, Logistik und Verteilungswege würde Peking im Konfliktfall enorme Macht in die Hand geben – ganz ohne direkte militärische Mittel.