Der Ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskiy mit dem US-Präsidenten Joe Biden
Reuters/Kevin Lamarque
Selenskyj bei Biden

Neue US-Militärhilfe ohne ATACMS-Raketen

US-Präsident Joe Biden hat den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus empfangen und ihm dabei weitere Unterstützung im Krieg gegen Russland zugesichert. Man werde sicherstellen, dass die „Welt an der Seite“ der Ukraine stehe, sagte Biden und stellte ein neues Hilfspaket in Aussicht. Die von Kiew erhofften Raketen vom Typ ATACMS sind aber nicht dabei.

Der ukrainische Präsident warb bei einem Washington-Besuch eindringlich um weitere Waffenhilfe für sein Land. Selenskyj hatte am Donnerstag zunächst am Kapitol die Anführer von Bidens Demokraten und von den konservativen Republikanern in Senat und Repräsentantenhaus getroffen.

Er habe „sehr starke“ Gespräche geführt, sagte der Präsident. Später erklärte Selenskyj, er zähle auf die „dauerhafte Unterstützung“ der USA. „Um zu gewinnen, müssen wir zusammenstehen. Und zusammen gewinnen.“ Im Weißen Haus dankte er den USA für ihre Unterstützung im Kampf gegen den „russischen Terror“.

Der Ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskiy mit dem US-Präsidenten Joe Biden
Reuters/Kevin Lamarque
Biden versprach der Ukraine neue Militärhilfen, aber die von Kiew erhofften Raketen sind nicht dabei

Zwar hatte Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan ein neues Paket mit Militärhilfen für Kiew angekündigt. Er stellte aber klar, dass das Paket keine Raketen vom Typ ATACMS umfasse, die Selenskyj sich wünscht. „Präsident Biden wird heute ein neues Paket mit Militärhilfen verkünden“, sagte er. Biden habe sich nach sorgfältiger Abwägung aber gegen eine Lieferung von ATACMS-Raketen entschieden, so Sullivan. „Er schließt es aber für die Zukunft auch nicht aus.“

„Wir hatten ein tolles Gespräch“

Vor seiner Ankunft im Weißen Haus hatte Selenskyj Vertreter und Vertreterinnen des US-Kongresses getroffen. Am Kapitol führte der ukrainische Staatschef Gespräche mit Mitgliedern von Senat und Repräsentantenhaus über zusätzliche US-Hilfen zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. „Wir hatten ein tolles Gespräch“, sagte Selenskyj nach den Treffen. In erster Linie soll es bei den Gesprächen um weitere Hilfen gegangen sein.

Selenskyj habe die Senatoren vor den Gefahren gewarnt, wenn keine weiteren Mittel für die Ukraine bewilligt würden, sagte der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer. Sein Parteikollege aus dem Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, pflichtete ihm bei. „Es ist wichtig, dass wir hinter der Ukraine stehen, bis der Sieg errungen ist“, sagte der Demokrat.

Selenskyj: „Sehr intensiver Austausch“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im US-Kapitol in Washington mit Senatoren und Abgeordneten über eine Fortführung der Waffenlieferungen aus den USA gesprochen. „Wir hatten ein tolles Gespräch“, sagte Selenskyj nach dem Treffen, welches er als „intensiven Austausch“ beschrieb.

Ende Dezember war der ukrainische Präsident schon einmal in Washington zu Gast gewesen. Damals wurde er wie ein Held empfangen, sprach unter dem Jubel von Abgeordneten und Senatoren vor beiden Kongresskammern. Seit Beginn des Angriffskrieges haben die USA nach eigenen Angaben militärische Hilfen im Umfang von mehr als 43 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt – weit mehr als jedes andere Land. Hinzu kommen umfangreiche Wirtschaftshilfen.

Heute weht anderer Wind

Doch seit Selenskyjs Besuch kurz vor Weihnachten hat sich die politische Lage in Washington verändert. Die Republikaner haben seit Jänner im US-Repräsentantenhaus das Sagen, und in ihren Reihen herrscht beträchtliche Skepsis, ob die USA weiter im großen Stil Geld in einen Krieg pumpen sollten, dessen Ende nicht abzusehen ist. Und so hat Selenskyj Senatoren und Abgeordnete dieses Mal hinter verschlossenen Türen getroffen. Eine große Rede fiel ins Wasser.

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, machte klar, dass er diese Bitte abgelehnt habe. „Wir haben keine Zeit für eine gemeinsame Sitzung“, zitierten ihn US-Medien. McCarthy sagte, er werde Selenskyj nach der Verwendung bisheriger US-Mittel fragen. Von den USA werde verlangt, „mit unbegrenzten Ressourcen einen endlosen Konflikt“ zu finanzieren, schrieb der republikanische Senator J.D. Vance auf Twitter (X).

Der Ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskiy mit Fraktionsführer seiner Partei im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries (D-N.Y.)
AP/POLITICO/Francis Chung
Am Donnerstag traf sich Selenskyj mit mehreren Politikerinnen und Politikern des US-Kongresses

Zwar steht die Mehrheit der Republikaner im Kongress hinter der Unterstützung für die Ukraine. Vor allem rechte Hardliner stellen sich aber dagegen. „Die USA verpulvern Geld, das wir nicht haben, um für diesen Krieg zu bezahlen, während die EU und andere führende Politiker auf der Weltbühne abwesend sind“, erklärte etwa der republikanische Senator Roger Marshall. Aus diesem Grund sei er auch dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten ferngeblieben.

Um Budget tobt ein Streit

Alle Augen sind vor allem auf das Repräsentantenhaus gerichtet. Anders als im Senat haben die Republikaner in dieser Parlamentskammer eine Mehrheit – allerdings nur eine knappe. Das gibt den Hardlinern in der Partei, die sich gegen weitere Ukraine-Hilfen stellen, aber eine besonders große Macht. Sie setzen ihren Vorsitzenden McCarthy unter Druck und treiben ihn vor sich her. Das zeigt sich aktuell beim jährlichen Streit um ein neues Budget, das auch für die Ukraine wichtig ist.

Der Ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskiy mit Führungskräften in New York
Reuters/Albert Cheung
Ein Gespräch mit dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger stand auf dem Programm

US-Präsident Biden hatte in diesem Zusammenhang eine neue Milliardensumme für die Ukraine beim Kongress beantragt. Es ist offen, in welcher Form seiner Bitte entsprochen wird. Bis Ende September muss ein neues Bundesbudget beschlossen werden, sonst droht ein „Shutdown“ – also ein Stillstand der Regierungsgeschäfte. Innerhalb der Republikaner tobt ein erbitterter Streit darüber – es geht um diverse Differenzen, neue Ukraine-Hilfen gehören dazu.

Nächste Station Kanada

Nach seinem Besuch in den USA setzt Selenskyj seine Auslandsreise mit einem Zwischenstopp im benachbarten Kanada fort. Premierminister Justin Trudeau werde ihn in der Hauptstadt Ottawa empfangen, teilte die kanadische Regierung am Donnerstagabend (Ortszeit) überraschend mit.

Während des bis Freitag geplanten Aufenthalts in dem NATO-Land sei auch eine Rede Selenkyjs vor dem Parlament vorgesehen. Danach werde der ukrainische Präsident nach Toronto weiterreisen, wo er mit kanadischen Wirtschaftsvertretern zusammentreffe.