Kosovarische Polizisten und US- sowie EU-Truppen patroullieren in Josevik, Kosovo
Reuters/Fatos Bytyci
Polizist getötet

Neue Spannungen Kosovo – Serbien

Im Norden des Kosovo sind nach Angaben des kosovarischen Innenministeriums am Sonntag bei einem bewaffneten Angriff ein Polizist getötet und zwei weitere verletzt worden. Die kosovarische Polizei umstellte die etwa 30 Eindringlinge im Dorf Banjska nahe der Stadt Mitrovica. Laut Polizei wurden bei den Gefechten drei Angreifer getötet.

Offenbar war aus Serbien eine militärisch ausgerüstete Kampftruppe eingedrungen, wie der kosovarische Premier Albin Kurti mitteilte. Er stufte den Vorfall als Terror ein und machte Serbien mitverantwortlich – ein weiterer Rückschlag bei den von der EU vermittelten Gesprächen, eine Normalisierung der Beziehungen rückt in weite Ferne.

Die Angreifer „sind Profis, die Masken tragen und schwer bewaffnet sind“, schrieb Kurti in der Früh auf Facebook. Auch zu Mittag gab es laut den Angaben noch Schüsse. Auf einer Pressekonferenz am Nachmittag sagte Kurti, es sei eine militärisch ausgerüstete Kampftruppe in den fast ausschließlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo eingedrungen. „Es sind mindestens 30 Mann, schwer bewaffnet, uniformiert, professionelle Militärs oder Polizisten, die im Dorf Banjska von unseren Polizeikräften umstellt sind.“

In Kloster verschanzt

Kurti zeigte Bilder von bewaffneten Männern, die sich offenbar im Hof eines Klosters verschanzten. Bei ihnen handle es sich „nicht um Zivilisten“. Nach Angaben der zuständigen Diözese hatten „maskierte Männer in einem gepanzerten Fahrzeug das Kloster Banjska“ gestürmt und gewaltsam das Tor aufgebrochen.

Am Abend sagte Innenminister Xhelal Svecla mit Blick auf das Kloster: „Wir haben dieses Gelände wieder unter Kontrolle, nach mehreren Kämpfen.“ Es habe mehrere Festnahmen gegeben, eine große Zahl von Waffen und Ausrüstung sei sichergestellt worden.

Mehrere Personen verhaftet

Die Angreifer hatten in der Früh offenbar einen Hinterhalt gelegt. Die kosovarischen Polizisten gerieten unter Feuer, als sie zwei Lastwagen ohne Kennzeichen untersuchten. Diese waren auf einer Brücke abgestellt und blockierten den Zugang nach Banjska nahe der Stadt Mitrovica. Kurti machte Serbien für die Gewalt mitverantwortlich: „Das organisierte Verbrechen greift mit der politischen, finanziellen und logistischen Unterstützung des offiziellen Belgrad unseren Staat an.“ Serbiens Präsident Aleksandar Vucic wies unterdessen die von Kurti gegen Serbien gerichteten Anschuldigungen umgehend zurück.

„Von Serbien organisierte Banden“

Auch die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani, die sich in New York bei der UNO-Generalversammlung aufhält, verurteilte die Tötung und die „Angriffe auf die Souveränität der Republik Kosovo“. Solche Angriffe bezeugten "einmal mehr die destabilisierende Macht der von Serbien aus organisierten kriminellen Banden, die seit Langem (…) den Kosovo und die Region destabilisieren“, so Osmani.

Der hauptsächlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Über 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind Albaner. Im Norden des Landes stellen allerdings die Serben die Mehrheit. Die NATO hat rund 4.000 Soldaten in dem Balkan-Land stationiert, die den Frieden sichern sollen. Serbien und die serbische Minderheit im Kosovo erkennen das bis heute nicht an und verlangen die Rückgabe seiner einstigen Provinz.

Serbischer Präsident Aleksandar Vucic, der kosovarische Premier Albin Kurti, EU-Vizepräsident Joseph Borrell und EU-Sonderbeauftragter Miroslav Lajcak
AP/Virginia Mayo
Keine Annäherung zwischen dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic (l.) und dem kosovarischen Premier Albin Kurti (r.)

Der Konflikt hatte sich dieses Jahr wieder verschärft und bereits zu gewalttätigen Ausschreitungen geführt. Im Mai wurden bei Unruhen im Norden des Kosovo Dutzende Soldaten der UNO-Friedenstruppen verletzt. Der Auslöser war, dass die Regierung in Prishtina beschlossen hatte, ethnisch-albanische Bürgermeister in vier Gemeinden mit serbischer Mehrheit einzusetzen.

Gespräche ohne Fortschritt

Von der EU vermittelte Gespräche zwischen den beiden Ländern blieben ohne Lösung. Im Februar legte die EU einen Zehnpunkteplan zur Beendigung der Krise vor. Kurti und Vucic gaben damals ihre Zustimmung, allerdings mit einigen Vorbehalten, die noch immer nicht ausgeräumt wurden.

Polizist im Kosovo erschossen

Im Kosovo ist am Sonntag ein Polizist erschossen und ein weiterer verletzt worden. Regierungschef Albin Kurti spricht von einem Terrorakt.

Die EU machte zuletzt die kosovarische Seite für eine Verzögerung verantwortlich, weil diese der von der EU und Serbien geforderten Bildung eines Verbandes der serbischen Gemeinden nicht zustimmen will. Prishtina sieht darin jedoch den Versuch, die Grundlage für eine spätere Abspaltung des serbischen Nordens zu legen.

Warnungen aus USA und EU

Die EU warnte beide Länder, dass die Verpflichtungen, die Serbien und der Kosovo im Februar eingegangen sind, „für sie bindend sind und eine Rolle auf dem europäischen Weg der Parteien spielen“.

Der US-Botschafter in Prishtina, Jeffrey Hovenier, verurteilte „die orchestrierten, gewalttätigen Angriffe auf die Polizei des Kosovo heute Morgen aufs Schärfste“, schrieb er auf Twitter (X). Die Polizei des Kosovo habe „die volle und legitime Verantwortung für die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit gemäß der Verfassung und den Gesetzen“.

Das österreichische Außenministerium verurteilte in einer Stellungnahme auf Twitter (X) den „abscheulichen Angriff auf Polizeibeamte des Kosovo auf das Schärfste“. Die Gewalt müsse sofort aufhören, die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden, hieß es weiter.