Polizisten im Dorf Banjska im Kosovo
Reuters/Ognen Teofilovski
Angriff im Kosovo

Lage laut Innenministerium „unter Kontrolle“

In einem Kloster verschanzte bewaffnete Männer, ein getöteter Polizist, drei getötete Angreifer: Rund 30 bewaffnete und maskierte Männer haben am Sonntag im Norden des Kosovo der Polizei über Stunden ein Feuergefecht geliefert. Erst am Abend kam von der kosovarischen Regierung aus Prishtina vorsichtige Entwarnung. Nach offenbar schweren Gefechten sagte Innenminister Xhelal Svecla, dass man das umkämpfte Klostergelände in der Ortschaft Banjska wieder unter Kontrolle habe.

Dort hatte sich gegen Mittag eine Gruppe Bewaffneter verschanzt, die nach Angaben der Regierung in der Früh unweit der Grenze zu Serbien das Feuer auf kosovarische Polizisten eröffnet hat. Ein Beamter und drei Angreifer seien den Polizeiangaben zufolge bei diesem Feuergefecht getötet worden.

Der Vorfall sorgte international für Besorgnis vor einer neuerlichen Eskalation zwischen Serbien und dem Kosovo. Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti sprach von einer Terrorattacke, verübt von Kriminellen, die von Serbien gefördert würden. „Das waren Profis, mit Militär- und Polizeihintergrund.“

Das Gelände des Klosters im  Dorf Banjska im Kosovo
Reuters/Kosovo Government
Das Gelände des Klosters im Dorf Banjska im Kosovo

Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani bezeichnete die Vorfälle als einen „Angriff“ auf ihr Land. Sie bewiesen, „dass die von Serbien organisierten kriminellen Banden eine destabilisierende Wirkung haben“. Osmani forderte die Verbündeten des Kosovo auf, das Land „in seinen Bemühungen um Frieden und Ordnung und die Wahrung der Souveränität über die gesamte Republik“ zu unterstützen.

Polizei in Hinterhalt gelockt?

Die Regierung in Prishtina veröffentlichte Bilder, auf denen Männer mit Infanteriegefechtswaffen und schusssicheren Westen sowie ein Jeep und ein gepanzertes Transportfahrzeug zu sehen sind. Zu erkennen sind auch die Mauern des serbisch-orthodoxen Klosters in Banjska, in dessen Umfeld die Eindringlinge operierten.

Der von der kosovarischen Polizei beschriebene Hergang des Vorfalls lässt laut Beobachtern durchaus auf professionelle Vorbereitung und Lenkung schließen. Den Angaben zufolge wurde Sonntagfrüh zunächst eine Streife der Kosovo-Polizei in einen Hinterhalt gelockt. Die Beamten hatten auf einer Brücke zwei Lastwagen ohne Kennzeichen entdeckt, die den Zugang nach Banjska blockierten. Als weitere Polizisten dort eintrafen, eröffneten die Eindringlinge das Feuer auf sie.

Erneut Gewalt im Kosovo

Im Norden des Kosovo sind ein Polizist und mehrere Angreifer bei einem Schusswechsel getötet worden. Offenbar sei aus Serbien eine militärisch ausgerüstete Kampftruppe eingedrungen, wie der kosovarische Premier Albin Kurti am Sonntag mitteilte. Er stufte den Vorfall als Terror ein und machte Serbien mitverantwortlich – ein weiterer Rückschlag für die von der EU vermittelten Gespräche, eine Normalisierung der Beziehungen rückt weiter in die Ferne.

„Frage der Zeit“

Nach einem Tag des Schweigens machte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic am Abend eine Gruppe lokaler Serben für die Aktion verantwortlich. Sie hätten sich erhoben, weil sie den „Terror“ von Premier Kurti nicht mehr dulden wollten. Es sei „nur eine Frage der Zeit“ gewesen, bis Serben, die von der kosovarischen Polizei verfolgt würden, etwas unternehmen würden, um sich zu schützen, meinte Serbiens Präsident bei einer Pressekonferenz in Belgrad.

Die Tötung des kosovarischen Polizisten sei allerdings nicht zu rechtfertigen. Das komme niemandem – am wenigsten den im Norden des Kosovo lebenden Serben – zugute, unterstrich Vucic.

Kosovarische Polizisten und US- sowie EU-Truppen patroullieren in Josevik, Kosovo
Reuters/Fatos Bytyci
Die Polizei lieferte sich mit den Angreifern über Stunden ein Feuergefecht

„Diese Angriffe müssen sofort wieder aufhören“

Die Leiterin der UNO-Mission im Kosovo (UNMIK), Caroline Ziadeh, verurteilte den Vorfall scharf, ebenso wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. „Diese Angriffe müssen sofort aufhören“, erklärte Borrell. Ziadeh forderte zudem, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssten.

Auch der US-Botschafter in Prishtina, Jeffrey Hovenier, verurteilte „die orchestrierten, gewalttätigen Angriffe auf die Polizei des Kosovo heute Morgen aufs Schärfste“. Die Polizei des Kosovo habe „die volle und legitime Verantwortung für die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit gemäß der Verfassung und den Gesetzen“.

Beim österreichischen Außenministerium war von einem „abscheulichen Angriff auf Polizeibeamte des Kosovo“ die Rede. Die Gewalt müsse sofort aufhören, die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden, wie das Ministerium auf Twitter (X) weiter mitteilte.

Verletzte bei schweren Ausschreitungen im Mai

Der Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Das wird weder von der Regierung in Belgrad noch von der serbischen Minderheit im Kosovo anerkannt. Über 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind ethnische Albaner. Im Norden des Landes stellen allerdings die Serben die Mehrheit.

Die NATO hat rund 4.000 Soldaten in dem Balkan-Land stationiert, die den Frieden sichern sollen. Die EU bemüht sich um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien, die beide in die EU streben. Zuletzt nahmen die Spannungen aber wieder zu, unter anderem, weil im Norden des Kosovo in einigen mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden ethnische Albaner als Bürgermeister eingesetzt wurden.

Im Mai war es in der Gegend zu schweren Ausschreitungen gekommen. Dabei wurden etwa 50 serbische Demonstranten und Dutzende Soldaten der NATO-Friedenstruppe KFOR verletzt.