Flüssiges Metall wird in eine Form gegossen
Getty Images/Fmajor
Herbstlohnrunde

Metaller fordern 11,6 Prozent mehr Lohn

Mit der Forderung nach 11,6 Prozent mehr Lohn sind die Metaller am Montag in die Herbstlohnrunde gestartet. Es geht um rund 200.000 Beschäftigte und Lehrlinge, die Metaller haben oft Vorbildwirkung für die anderen Branchen. Die Arbeitnehmervertreter sprachen von einem „eklatanten“ Realverlust der Löhne und Gehälter – dem müsse von der Arbeitgeberseite Rechnung getragen werden. Diese verwies zuletzt auf eine schlechte wirtschaftliche Lage.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten in den letzten Monaten einen der größten Reallohnverluste in der Geschichte der zweiten Republik erlitten, so die beiden Chefverhandler Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) zum Auftakt. „Die Arbeit der Beschäftigten wurde massiv entwertet. Sie können sich um rund zehn Prozent weniger leisten als noch vor einem Jahr. Das ist gleichbedeutend mit einem Monat gratis arbeiten.“

Gleichzeitig sei die Teuerung in den letzten zwölf Monaten „eklatant“ gestiegen, sagte Binder bei einer Pressekonferenz. Die Regierung habe zuletzt versagt, dadurch sei man nun bei den Verhandlungen noch mehr gefordert. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen jetzt eine spürbare und vor allem nachhaltige Erhöhung, damit ihr Leben leistbar bleibt“, so Binder und Dürtscher.

KV-Verhandlungen der Metaller erklärt

Die Metaller sind mit der Forderung nach einer Lohnerhöhung von 11,6 Prozent in die Herbstlohnrunde gegangen. Tobias Pötzelsberger (ORF) erklärt, was diese Forderung zu bedeuten hat und wie es in den Vorjahren aussah.

Arbeitnehmer: Leichter zur sechsten Urlaubswoche

Auch das Thema Arbeitszeit will das Verhandlungsteam der Gewerkschaften mit den Arbeitgeberverbänden besprechen. Neben mehr Lohn und Gehalt solle es leichter sein, die sechste Urlaubswoche zu erreichen, und die Möglichkeit geben, dass das Mehr an Einkommen gegen Freizeit getauscht werden kann. Eine generelle Arbeitszeitverkürzung sei kein Thema.

Weitere Gewerkschaftsforderungen betreffen unter anderem die rund 8.000 Lehrlinge in der Metallindustrie. Nach Abschluss ihrer Lehre sollen sie künftig bei der Einstufung dem Gehaltsschema von Absolventinnen und Absolventen höherer berufsbildender Schulen gleichgestellt werden. Zurzeit betrage der Einkommensunterschied in der Grundstufe 390 Euro brutto.

Arbeitgeber sehen wenig Spielraum

Die Arbeitgeber zeigten sich am Montag leicht erstaunt, sie hatten mit höheren Forderungen der Gewerkschaften gerechnet. Wenig überraschend sind dem Obmann der Metalltechnischen Industrie, Christian Knill, die Wünsche der Gewerkschaften GPA und PRO-GE trotzdem noch zu hoch.

Die Metallindustrie stecke in einer Rezession und würde durch hohe Lohnabschlüsse als besonders exportorientierte Branche gegenüber den Mitbewerbern im Ausland geschwächt. Bereits im Vorfeld zeichneten die Arbeitgeber ein düsteres Bild der Wirtschaft und sprachen von wenig Spielraum.

„Giftiger Cocktail für Industriestandort“

Stefan Ehrlich-Adam, einer der Chefverhandler auf Arbeitgeberseite, betonte am Montag schon im Vorfeld der Forderungsübergabe: „Die Inflation ist enorm, gleichzeitig bricht die Konjunktur ein, und eine Rezession steht ante portas. Am Standort kämpfen wir mit hohen Energiepreisen, Produktionskosten und Lohnnebenkosten. Gleichzeitig werden wie schon im Vorjahr hohe Lohnabschlüsse gefordert. In Summe ist das ein giftiger Cocktail für den Industriestandort.“

Grafik zu Metallerabschlüssen seit 2017
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Laut Industrievertretern betragen die Lohnkosten in der Metalltechnischen Industrie rund zehn Milliarden Euro pro Jahr, entsprechend hoch wären die Mehrkosten selbst bei nur einem Prozent mehr Entgelt. Und ein früheres Erreichen der sechsten Urlaubswoche hat die Arbeitgeberseite bisher abgelehnt. Im Übrigen habe es von der Regierung zur Abmilderung der hohen Inflation – im vergangenen Jahr betrug sie durchschnittlich 9,6 Prozent – auch Teuerungsausgleiche gegeben, diese müssten berücksichtigt werden.

Ab kommendem Montag wird verhandelt

Der Auftakt gilt traditionell dem grundlegenden Austausch der Positionen. Am Montag kommender Woche startet dann die erste Verhandlungsrunde, eine rasche Einigung gilt als äußerst unwahrscheinlich. Basis der KV-Verhandlungen ist die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate („rollierende Inflation“) von 9,6 Prozent. Die Pensionisten erhielten zuletzt eine Erhöhung von 9,7 Prozent.

Einmalzahlungen „Schnittlauch am Butterbrot“

Einen Abschluss unter der rollierenden Inflation hat PRO-GE-Verhandlungsführer Binder am Sonntagabend in der ZIB2 ausgeschlossen. Die von den Arbeitgebern angedachten Einmalzahlungen seien bestenfalls „Schnittlauch am Butterbrot“.

„Brauchen Gehaltserhöhung wie einen Bissen Brot“

PRO-GE-Vorsitzender Reinhold Binder hat in der ZIB2 einen Ausblick auf die KV-Verhandlungen der Metaller gegeben. Aus seiner Sicht brauchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angesichts der Teuerungen nun starke Gehaltserhöhungen „wie einen Bissen Brot“.

Die Metalltechnische Industrie habe in den vergangenen zwei Jahren Rekordeinnahmen lukriert, der Export würde nach wie vor hervorragend laufen, nun seien die Arbeitnehmer am Zug, so Binder. Er führt heuer zum ersten Mal die mehr als 130.000 Beschäftigten der Metalltechnischen Industrie in die Herbstlohnrunde. Der Mindestlohn in der Metallindustrie liegt derzeit bei 2.236 Euro (brutto).

Knill: Müssen nicht „Kaufkraft gewährleisten“

Arbeitgeberverhandler Knill wiederum hatte bereits betont: „Wir können nur verteilen, was wir erwirtschaften.“ Und er stellte klar: „Unsere Aufgabe ist nicht, die Kaufkraft in Österreich zu gewährleisten.“

Christian Knill
APA/Eva Manhart
Aufseiten der Arbeitgeber steigt seit einigen Jahren der steirische Industrielle Christian Knill in den Ring

Mit dem Fachverband der Metalltechnischen Industrie starten auch die Verhandlungen der anderen Sektoren der Metallindustrie, wobei hier immer auf dem Niveau des Metalltechnischen Industrie abgeschlossen wurde. Leicht zeitversetzt feilscht auch das Metallgewerbe, im Oktober folgt dann der Start der KV-Verhandlungen für 430.000 Handelsangestellte und -lehrlinge.

WIFO-Lohnexperte sieht „Dilemma“

„Das wird eine der schwierigsten Lohnrunden sein, die es je gab“, prognostizierte Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer gegenüber der „Kleinen Zeitung“. WIFO-Lohnexperte Benjamin Bittschi sprach vor Kurzem von einem „Dilemma“. So seien die hohen Lohnforderungen aufgrund der stark gestiegenen Inflation ebenso gerechtfertigt wie die Darstellung der Arbeitgeberseite über die schlechte Wirtschaftslage in der Branche.

Im Vorjahr einigten sich die Sozialpartner der Metalltechnischen Industrie im Schnitt auf eine Erhöhung der Ist-Löhne um 7,44 Prozent, wobei sich der Anstieg aus einem Plus von 5,4 Prozent und einer monatlichen Zahlung von 75 Euro zusammensetzte. Die rollierende Inflation lag damals bei 6,4 Prozent, die Gewerkschaften waren mit einer Forderung von plus 10,6 Prozent in die Verhandlungen gestartet.

Interessant ist auch ein Blick auf die Pensionen: Diese steigen im kommenden Jahr um 9,7 Prozent, Gleiches gilt auch für die Sozial- und Familienleistungen (Familienbeihilfe, Kinderbetreuungs- und Krankengeld, Studienbeihilfe etc.).

Bei keiner Einigung drohen Streiks

Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen, läuft der KV des Vorjahres weiter. Da das für die Beschäftigten einen Reallohnverlust bedeuten würde, wird aber im Regelfall schon während der Verhandlungen mit Betriebsversammlungen und Warnstreiks der Druck durch die Arbeitnehmerseite erhöht.

Die Streikstatistik in der Metallindustrie weist zwei größere Arbeitsniederlegungen in der jüngeren Vergangenheit aus: 2011 kam es zu Streiks in rund 200 Betrieben mit 100.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie 2018 in über 240 Betrieben mit mehr als 70.000 Beschäftigten. Aktuell gibt es einen Arbeitskonflikt beim Tiefkühlkosthersteller Ardo in Niederösterreich.