Die Regierung stelle allen ohne Obdach eine Unterkunft zur Verfügung, hieß es in der armenischen Hauptstadt Eriwan. Die Registrierung der Geflüchteten gehe weiter. Vor einer Woche hatte das autoritär geführte Aserbaidschan eine großangelegte Militäroffensive in Bergkarabach gestartet.
Bereits einen Tag später mussten die proarmenischen Kämpfer von Bergkarabach eine Waffenstillstandsvereinbarung akzeptieren. Mindestens 200 Menschen starben bei den Kämpfen nach armenischen Angaben, 400 weitere wurden verletzt.
Tote und Verletzte bei Explosion von Treibstofflager
Nach der Explosion eines Treibstofflagers Montagabend nahe der Hauptstadt Stepanakert werden unterdessen Hunderte Opfer gemeldet. Mindestens 20 Menschen seien ums Leben gekommen, mindestens 290 weitere Personen mit unterschiedlich schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden, teilte das Gesundheitsministerium der südkaukasischen Region am Dienstag mit. Die Ursache der Explosion ist derzeit unklar.

Bis Dienstagfrüh seien sieben ins Krankenhaus eingelieferte Personen gestorben, teilte das Gesundheitsministerium nun mit. Zudem seien 13 Tote am Unglücksort geborgen worden. Dutzende Verletzte schwebten in Lebensgefahr. Die Politikerin Metakse Akopjan erklärte, an dem Lager seien zum Zeitpunkt des Unglücks viele Menschen für Benzin angestanden, weil sie mit Autos vor den Aserbaidschanern nach Armenien fliehen wollten.
Das Menschenrechtsbüro der Region appellierte an die internationale Gemeinschaft: Es sei dringend notwendig, insbesondere schwer verletzte Menschen zur Behandlung auszufliegen. „Die medizinischen Kapazitäten Bergkarabachs sind nicht ausreichend, um die Leben der Menschen zu retten“, hieß es in der Mitteilung auf Twitter (X).
Aserbaidschan will Brandopfer aufnehmen
Aserbaidschan ist eigenen Angaben zufolge zur Aufnahme von Opfern der Explosion bereit. Spitäler mehrerer Bezirke seien für die Versorgung einer großen Anzahl an Patientinnen und Patienten aus Bergkarabach vorbereitet worden, teilte der aserbaidschanische Präsidentenberater, Hikmet Hajiyev, mit.
Humanitäre Lage prekär
Die humanitäre Lage in Bergkarabach, das seit Langem zwischen den beiden verfeindeten Ex-Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan umkämpft ist, ist ohnehin katastrophal. Seit Monaten blockierten aserbaidschanische Truppen die einzige Zufahrtsstraße aus Armenien, weshalb Lebensmittel, Medikamente und Benzin in der Region knapp sind.

Bergkarabach – das sich 2017 in Republik Arzach umbenannte – gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, in dem Gebiet leben aber überwiegend Armenierinnen und Armenier. Aserbaidschan und Armenien kämpfen seit Jahren um das Gebiet.
Armenien immer „ureuropäische Region“
Armenien-Experte Herbert Maurer sagte Montagabend in der ZIB3, dass der Konflikt eine „lange Vorgeschichte“ habe. „Im Schatten des Ukraine-Desasters ist es einfacher, kleinere Konflikte zu bereinigen.“ Auch deshalb, weil die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit nicht so groß sei, sagte der Schriftsteller, der selbst in Armenien gelebt hat.
Armenien-Experte zur Situation in Bergkarabach
Armenien-Experte Herbert Maurer erklärt die Hintergründe des Konflikts in Bergkarabach.
Armenien sei immer eine „ureuropäische Region“ gewesen, sagte Maurer. Die Armenier seien „nie aggressiv oder expansiv“ gewesen, sie wollten nur ihre Kultur und Identität leben, die immer eine europäische gewesen sei, so Maurer weiter.