Antrag auf Mindestsicherung
ORF/Roland Winkler
Mindestsicherung und Sozialhilfe

Höhere Kosten bei weniger Beziehern

Die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Mindestsicherung und Sozialhilfe ist im Vorjahr gesunken. Im Gegenzug stiegen die Ausgaben der öffentlichen Hand für diese Leistungen. Wie sich die Zahlen der Bezieher und Leistungen verteilen, zeigen Daten der Statistik Austria, die am Donnerstag veröffentlicht wurden: Wie viele Personen haben wo wie viel Leistung in Anspruch genommen?

Der Rückgang der Zahl der Bezieher war nicht der erste in den letzten sechs Jahren. Im Jahresdurchschnitt bezogen im Vorjahr laut den aktuellen Zahlen 189.957 Personen eine der beiden Leistungen. 2021 waren es bundesweit knapp über 199.000 Bezieherinnen und Bezieher gewesen, damit entspricht der Rückgang rund 9.200, im Vergleich zum Jahr 2017 (dem Beginn der Zeitreihe in der aktuellen Statistik) macht das Minus fast 50.000 Personen aus. Die österreichweite Jahressumme (alle Bezieher) belief sich im Vorjahr auf 254.149 Personen.

Bei der regionalen Verteilung zeigen sich deutliche Unterschiede, was nicht nur mit der Bevölkerungszahl der Bundesländer zu tun hat. Der mit Abstand größte Anteil der Betroffenen lebt in Wien – 134.000 von 190.000 österreichweit.

Große Unterschiede nach Bundesländern

Der Bundesdurchschnitt belief sich für 2022 gemessen an der Zahl der Leistungsbezieher und der Einwohnerzahl (laut Statistik Austria und mit Stichtag 31. Oktober) von knapp über neun Millionen auf 2,09 Prozent. Für Wien machte er 6,79 Prozent aus, für Tirol 1,25 Prozent, für Vorarlberg 1,13 Prozent.

Grafik zur Mindestsicherung
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

In der Steiermark machte der Anteil 1,11 Prozent und in Salzburg 0,89 Prozent aus, gemessen jeweils an der Bevölkerungszahl von 2022. In Niederösterreich bezogen im Vorjahr 0,69 Prozent der Einwohner Mindestsicherung oder Sozialhilfe, im Burgenland und Kärnten waren es 0,60 Prozent, Oberösterreich hatte mit 0,30 Prozent den niedrigsten Schnitt. Aber auch die Bundeshauptstadt verzeichnete (wie alle Bundesländer) in den letzten Jahren einen Rückgang bei der Zahl der Bezieher – von 150.150 im Jahr 2017 auf 134.303 im Vorjahr (minus 15.847).

Im Durchschnitt 741 Euro pro Monat

Trotz des kleiner gewordenen Bezieherkreises stiegen die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Leistungen. Insgesamt wurden 972,18 Millionen Euro ausgegeben – rund 5,25 Millionen mehr als 2017 (mit fast 50.000 Anspruchsberechtigten mehr). 2021 beliefen sich die Ausgaben für beide Leistungen auf knapp 966 Millionen Euro.

Im Österreich-Durchschnitt bezog eine „Bedarfsgemeinschaft“ 741 Euro pro Monat. Laut Statistik Austria entspricht das einem leichten Plus von vier Prozent. Als Bedarfsgemeinschaft werden alle Anspruchsberechtigten bezeichnet, egal, ob es sich um Familien oder Einzelpersonen handelt. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften stimmt folglich nicht mit der Zahl der Bezieher überein.

Die höchsten Bezüge gab es 2022 mit im Schnitt 821 Euro in Tirol, die niedrigsten mit 614 Euro im Burgenland, in Wien waren es 748 Euro. Die Leistung ist für Alleinlebende bei 1.054 Euro und für Paare bei 1.475 Euro gedeckelt. Für Kinder gelten Zuschläge.

Großteils „Alleinunterstützte“

In der Bundeshauptstadt etwa blieb die Zahl der Bedarfsgemeinschaften laut „Wiener Mindestsicherung 2022“ im Vorjahr nahezu gleich, während die Zahl der Bezieher sank. Noch weitere Zahlen aus Wien: Dort waren fast 70 Prozent „Alleinunterstützte“, jeweils 13 Prozent machten Paare mit Kindern und Alleinerziehende aus.

Fast drei Viertel der Bedarfsgemeinschaften (74 Prozent) in Wien verfügten über ein Einkommen, das sei aber so niedrig, dass es über die Mindestsicherung aufgestockt werden müsse. Als Einkommen werden hier allerdings auch Transferleistungen wie Leistungen der Krankenkasse und Arbeitslosenbezüge verstanden.

Zahlen nach Geschlecht, Alter, Staatsbürgerschaft

Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist nicht sehr deutlich ausgeprägt. Knapp 97.000 Frauen (51 Prozent) bezogen eine der beiden Leistungen, etwas mehr als 93.000 Männer (49 Prozent). Der Anteil der Kinder unter den Bezugsberechtigten entfiel auf 35,5 Prozent, die wenigsten (30,1) in Kärnten, die meisten (44,3 Prozent) in Tirol.

Von den Beziehern waren 2022 landesweit 42,8 Prozent (rund 81.300) österreichische Staatsbürger, über 92.000 kamen aus Drittstaaten. Der Rest verteilte sich im Wesentlichen auf EU-Bürger. 66.350 der Bezieher sind Asylberechtigte. Wien, Tirol und Vorarlberg haben dabei einen deutlich höheren Anteil an Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft als etwa das Burgenland, Niederösterreich und Kärnten, wo die Mehrheit der Bezieher Inländer sind.

Sozialquote trotz höherer Ausgaben gesunken

Generell sind die Sozialausgaben insgesamt laut vorläufiger Einschätzung der Statistik Austria von Juli im Vorjahr gestiegen – um 1,8 Prozent auf rund 136 Milliarden Euro. Aber: Die Sozialquote, der Anteil der Sozialausgaben am nominellen Bruttoinlandsprodukt (BIP), fiel mit 30,5 gegenüber 39,2 Prozent 2021 gleichzeitig. Der Grund war das starke Wirtschaftswachstum.

Nach den Pandemiejahren entwickelte sich der Arbeitsmarkt wieder in eine positive Richtung, Ausgaben für Kurzarbeitsbeihilfen, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe gingen deutlich zurück. Demgegenüber stiegen die Ausgaben etwa für Familien-, Gesundheits- und Altersleistungen, hieß es damals von der Statistik Austria.

Bei Mindestsicherung und Sozialhilfe wurden im Vorjahr von den insgesamt rund 972 Millionen Euro 94,28 Prozent (916,70 Mio. Euro) für Lebensunterhalt und Wohnen ausgegeben, 5,72 Prozent (55,54 Mio. Euro) für Krankenhilfe.