Ein russischer Ka-52 Helikopter
AP/Russian Defense Ministry Press Service
Fast 70 Prozent mehr

Moskau erhöht Militärausgaben 2024 stark

An ein Ende der Offensive in der Ukraine denkt Russland offenbar nicht. Die Militärausgaben sollen 2024 im Jahresvergleich um mehr als 68 Prozent auf fast 10,8 Billionen Rubel (rund 106 Mrd. Euro) steigen. Das teilte das russische Finanzministerium am Donnerstag mit. Schon in den vergangenen Wochen war über eine drastische Aufstockung der Mittel für das Militär spekuliert worden.

Diese Summe würde rund sechs Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen. Heuer beträgt der Anteil am BIP 3,9 Prozent. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow begründete die starke Erhöhung der Ausgaben für Verteidigung mit dem „hybriden Krieg, der gegen uns geführt wird“. Die russischen Militärausgaben im kommenden Jahr sind damit dreimal so hoch wie jene für Bildung, Umweltschutz und Gesundheit zusammen, zeigen Berechnungen der Nachrichtenagentur AFP.

Schon in der ersten Jahreshälfte wurden laut Reuters zwölf Prozent mehr für Verteidigung ausgegeben als die knapp fünf Billionen Rubel, die für das Gesamtjahr vorgesehen waren. Die Ausgaben für Waffenproduktion und Militär erhöhten sich bereits seit Beginn der Offensive – trotz anhaltend hoher Inflation und schwachen Rubels. Der Rubel verlor seit Beginn des Jahres 30 Prozent an Wert im Vergleich zum Dollar. Diese Entwicklung wirkt sich auf die Wirtschaft aus.

Warnung vor Ausweitung des Defizits

Das russische Budgetdefizit erhöhte sich deutlich. Für das erste Halbjahr meldete das russische Finanzministerium 2,82 Billionen Rubel – das sind 1,8 Prozent des BIP. Schon im Sommer hatte der russische Finanzminister Anton Siluanow eingeräumt, dass sich das Defizit auf 2,5 Prozent des BIP ausweiten könnte. Zuvor hatte Siluanow immer betont, dass Russland am Ziel eines Defizits von höchstens zwei Prozent des BIP festhalte.

Russischer Finanzminister Anton Siluanow
Reuters/Anton Vaganov
Der russische Finanzminister räumte ein, dass sich das Defizit ausweiten könnte

Russland verfüge aber über genügend Ressourcen, um die geplanten Ausgaben zu stemmen, sagte Siluanow. Um die Budgetlöcher zu stopfen, griff die Regierung im laufenden Jahr auf den Nationalen Vermögensfonds im Umfang von rund 551 Milliarden Rubel zurück.

Schwacher Rubel heizt Inflation an

Erst vor Kurzem warnte die russische Zentralbank vor einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der zweiten Jahreshälfte. Ursache dafür sind insbesondere die hohen Militärausgaben sowie die Sanktionen und damit verbundenen ausbleibenden Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen nach Europa.

Der russische Präsident Wladimir Putin zeigte sich vor wenigen Tagen weniger pessimistisch. Er erwartet im laufenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 2,8 Prozent. Putin forderte aber die Zentralbank auf, Maßnahmen zur Stützung des Rubels zu ergreifen. Dessen Schwäche sei der Hauptfaktor der steigenden Inflation, die im August bei 5,2 Prozent lag.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg
Reuters/Gleb Garanich
Stoltenberg besuchte am Donnerstag zum zweiten Mal seit Kriegsbeginn Kiew

NATO-Staaten verschärften Zweiprozentziel

Die NATO-Staaten verschärften angesichts der Bedrohung durch Russland das gemeinsame Ziel für die nationalen Verteidigungsausgaben. Bisher war vorgesehen, dass sich die Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben. Auf dem NATO-Gipfel im Juli wurde das Ziel auf mindestens zwei Prozent deutlicher festgelegt. Zum Vergleich: Der Anteil der Militärausgaben am BIP in den USA lag im vergangenen Jahr bei 3,45 Prozent. 877 Milliarden Dollar wurden für die US-Armee aufgewendet.

Während die baltischen Staaten eine noch stärkere Erhöhung gefordert hatten, wollte Deutschland das Ziel bei den Ausgaben so vage wie möglich halten. Erst vor wenigen Tagen erinnerte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Berlin an das Zweiprozentziel: „Für das Bündnis macht es einen riesigen Unterschied, ob sich das größte Land Europas an diese Vorgabe hält oder nicht.“

Stoltenberg reiste zudem am Donnerstag zum zweiten Mal seit Kriegsbeginn nach Kiew. Aus Sicherheitsgründen war der Besuch zuvor geheim gehalten worden. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj meinte dieser, dass ein NATO-Beitritt der Ukraine nur „eine Frage der Zeit“ sei. Selenskyj forderte bei dem Treffen von der NATO mehr Unterstützung insbesondere zur Sicherung der ukrainischen Luftabwehr.