Steckdose
ORF.at/Christian Öser
Schnellschätzung

Inflation sinkt auf 6,1 Prozent

Die Inflation ist im September laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf den niedrigsten Wert seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 gesunken. Mit dem Wert von 6,1 Prozent liegt die Teuerung erstmals seit Langem unter der Marke von sieben Prozent. Größter Unsicherheitsfaktor bleiben die Energiepreise. Dass die Inflation auch im Euro-Raum stark sinkt, dürfte sich auf die Zinsen auswirken.

Noch im August lag die Jahresinflation (VPI) bei 7,4 Prozent. Im September des Vorjahres hatte die Teuerung mit 10,5 Prozent ein 70-Jahre-Hoch erreicht, den Höhepunkt erreichte sie dann im Februar mit 11,2 Prozent. Laut Statistik Austria ist die Inflation diesen September der geringste Anstieg seit Beginn des Krieges. Im Vergleich zum Vormonat August sind die Preise um 0,5 Prozent höher. Der Rückgang gehe vor allem auf die Haushaltsenergiepreise zurück, die nun inflationsdämpfend wirkten.

Nach einem „massiven“ Anstieg der Energiepreise im Herbst des Vorjahres seien diese nun im Vorjahresvergleich „nur noch gering gestiegen oder sogar zurückgegangen“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas laut Aussendung. Auch bei Lebensmitteln habe „der Preisdruck weiter nachgelassen“, so Thomas. Der für Vergleiche mit anderen EU-Ländern wichtige Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) fiel laut Schnellschätzung auf 5,8 Prozent.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) schrieb in einer Stellungnahme, der Rückgang der Inflation „stimmt uns optimistisch. Der positive Trend setzt sich fort, und ich bin zuversichtlich, dass sich die Teuerung in den nächsten Monaten weiter entspannen wird.“

Energie als großer Unsicherheitsfaktor

Die Energiepreise bleiben jedenfalls der wichtigste Faktor in der Entwicklung der Inflation. Angesichts des bevorstehenden Winters ist noch nicht absehbar, in welche Richtung es gehen wird. Ebenfalls am Freitag gab allerdings die heimische Energieagentur bekannt, dass die Energiepreise seit August wieder steigen, auch wenn freilich im Vergleich zum letzten Sommer zumindest Sprit und Heizöl deutlich billiger sind.

Im August stiegen die Preise für Haushaltsenergie insgesamt gegenüber dem Vormonat Juli um vier Prozent und um 7,2 Prozent verglichen mit dem August 2022. „Trotz staatlicher Entlastungsmaßnahmen können wir wieder eine verstärkte Dynamik auf den Endkundenmärkten feststellen“, betonte der Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur, Franz Angerer.

Ein Blick auf die aktuellen Marktdaten lässt laut Angerer weitere Preissteigerungen bei Benzin, Diesel und Heizöl erwarten. Das liege an Verknappungen auf den Rohölmärkten getrieben durch Förderkürzungen in Saudi-Arabien und Russland sowie einem Rückgang der Schiefergasbohrungen (Fracking) in den USA.

Keinerlei Entspannung bei Gas und Fernwärme

Kaum Entspannung gab und gibt es für Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit Gas oder Fernwärme heizen. Im Jahresvergleich waren die Fernwärmepreise um 64,5 Prozent höher. Gas verteuerte sich im Jahresvergleich um fast 80 Prozent. Auch im Monatsvergleich legten die Preise für Fernwärme (plus 0,9 Prozent) und Gas (plus 0,1 Prozent) zu.

Bei Holzpellets stiegen die Preise im Vergleich zum Vormonat Juli um 1,7 Prozent, im Jahresvergleich waren sie 19,2 Prozent günstiger. Die Preise für Brennholz waren im Vergleich zum Vormonat unverändert. Gegenüber August 2022 stiegen sie um sieben Prozent. Strom wurde im Monatsvergleich um 2,4 Prozent teurer, im Jahresvergleich um 5,4 Prozent günstiger.

Der Inflationswert ist nicht zuletzt auch wichtig für die bereits begonnenen und weitere bevorstehende Kollektivvertragsverhandlungen.

Experte: Vergleich mit anderen Ländern kaum möglich

Österreich zählt in der Euro-Zone zu den Ländern mit vergleichsweise hoher Inflation. Der relevante Vergleichswert ist dabei nicht der VPI von 6,1 Prozent, sondern der HVPI, der mit 5,8 Prozent etwas niedriger war. Im für die heimische Wirtschaft besonders wichtigen Nachbarland Deutschland fiel der HVPI im September laut Schnellschätzung auf 4,5 Prozent. Das ist ebenfalls ein neuer Tiefstwert seit Beginn des Ukraine-Krieges.

Im Ö1-Mittagsjournal betonte der IHS-Experte Sebastian Koch allerdings, dass aufgrund der vielen und sehr unterschiedlichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen derzeit die Inflationsraten in den verschiedenen Ländern nicht wirklich vergleichbar seien.

Überraschend starker Rückgang im Euro-Raum

Mit dem starken Rückgang liegt Österreich im Trend, denn im gesamten Euro-Raum schwächte sich die Teuerung überraschend stark ab. Der HVPI stieg im September im Jahresvergleich nur noch um 4,3 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist sogar der niedrigste Wert seit Oktober 2021 – also fast ein halbes Jahr vor Beginn des Ukraine-Krieges. Der Rückgang fiel zudem stärker aus als erwartet, Volkswirte hatten mit einer Teuerung von 4,5 Prozent gerechnet. Im August war sie noch bei 5,2 Prozent gelegen.

Vorerst keine weiteren Zinsanhebungen

Der Rückgang ist nicht zuletzt Folge der heuer recht deutlichen Zinsanhebungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Analystinnen und Analysten erwarten nun, dass die EZB die Zinsen heuer zumindest nicht weiter anhebt. Das hat europaweit viele Häuslbauer und Käuferinnen und Käufer von Wohnungen stark unter Druck gebracht.

Da die Inflation aber immer noch deutlich über der Zielmarke von zwei Prozent liegt – und es mit Energiepreisen und Löhnen zwei starke Faktoren gibt, die die Inflation anheizen könnten –, ist vorerst auch keine Senkung der Zinsen in Sicht.