Frau mit Kind geht in starkem Regen
AP/Andy Wong
Neue Prognosemethode

Experten warnen vor Super-„El Nino“

Das Wetterphänomen „El Nino“ könnte diese Saison wieder zu einem Super-„El Nino“ werden. Zu diesem Schluss kommt ein US-Forschungsteam mit Hilfe eines neuen – als experimentell bezeichneten – Vorhersagesystems. So könnte vor allem die weltweit große Hitze durch die Klimakrise das Phänomen verschlimmern, wie die „Washington Post“ Ende September schrieb. Denn dadurch befindet sich mehr Feuchtigkeit in der Luft. Der letzte Super-„El Nino“ hatte 2015/16 seine zerstörerische Kraft von Brasilien bis Vietnam entfaltet.

Bei dem Klimaphänomen „El Nino“ ändern sich die Meeresströme und das Klima. Östliche Teile des Pazifiks werden wärmer, westliche Teile kühler. Das führt in manchen Regionen der Welt zu Regen und Überschwemmungen, in anderen zu Dürren und Waldbränden. In Super-„El Nino“-Jahren steigern sich die Katastrophen allerdings regelrecht.

Laut der experimentellen Prognose könnte das sich derzeit schnell entwickelnde und immer stärker werdende „El Nino“-Klimamuster in diesem Winter seinen Höhepunkt erreichen. Laut den Wissenschaflern und Wissenschaftlerinnen der US-Ozeanografie- und Meteorologiebehörde (NOAA) könnte es einer der intensivsten „El Ninos“ werden, die jemals beobachtet wurden. Das neue Vorhersagesystem deute darauf hin, dass er die höchste Super-„El Nino“-Stärke erreichen könne, so die „Washington Post“ mit Verweis auf die Experten und Expertinnen weiter.

Infografik zum Wetterphänomen „El Nino“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

„El Nino“-Schwankungen erschweren Prognosen

Denn dieses Mal entwickelt sich „El Nino“ parallel zu einem beispiellosen Anstieg der globalen Temperaturen. Damit steigt laut Fachleuten das Risiko, dass „El Nino“ bereits wie in der Vergangenheit weltweit tödliche und verheerende Brände, Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen und Schlammlawinen auslösen könnte.

Infografik zum Wetterphänomen „El Nino“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Mit Sicherheit könne man das jetzt aber noch nicht sagen, versucht David DeWitt, Direktor des Climate Prediction Center der NOAA, in der „Washington Post“ zu beruhigen und verweist auf andere, weniger drastische Prognosen. Auch laut anderen Fachleuten lasse sich Monate im Voraus nur schwer bestimmen, wo der erwartete „El Nino“ neue Wetterextreme hervorrufen könnte.

Satellitenaufnahme von Hurrikan Hilary
AP/NOAA
Auch der Hurrikan „Hilary“ (hier eine Satellitenaufnahme vom 18. August) könnte ein wenig zum Aufbau von „El Nino“ beitragen

Das liege daran, dass die Forschung bisher noch keinen Zusammenhang zwischen der vom Menschen verursachten Erwärmung des Planeten und „El Nino“ oder seinem Gegenstück „La Nina“ direkt geklärt habe, so die „Washington Post“. Auch die Schwankungen zwischen „El Nino“-Ereignissen machten es schwierig, die Auswirkungen genau vorherzusagen.

Wissenschaftlerin sieht erste Anzeichen

Andere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stärken unterdessen der experimentellen Prognose den Rücken. Durch die steigenden Temperaturen der Oberflächengewässer entlang des Äquators im östlichen und zentralen Pazifik wachsen auch die Gefahren durch „El Nino“. Es gebe Anzeichen dafür, dass steigende Temperaturen die Fähigkeit von „El Nino“ erhöhen könnten, in einigen Teilen der Welt heftige Regenfälle auszulösen, so Yuko Okumura von der University of Texas.

„Es ist wahrscheinlich, dass die Auswirkungen stärker sein könnten“, so Okumura weiter in der „Washington Post“. Je wärmer diese Gewässer werden, und je mehr sie sich mit West-Ost-Winden über dem Pazifik verbinden, desto stärker werde „El Nino“ und sein Einfluss auf das globale Wetter.

NOAA: Wahrscheinlichkeit von 71 Prozent

Klimamodelle deuteten seit Monaten auf die Möglichkeit eines starken „El Nino“ hin, der Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren auslösen könnte, so die „Washington Post“. NOAA-Wissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen erklärten dieses Jahr das Auftreten des „El Nino“-Musters erstmals im Juni, als es zu diesem Zeitpunkt bereits Anzeichen einer ungewöhnlichen Erwärmung im Pazifik und anderen Gewässern auf der ganzen Welt gab.

Ausgetrocknetes Flussbett in Neuseeland
IMAGO
Das Phänomen „El Nino“ brachte in einigen Gegenden Dürren

Als schließlich dann die globalen Ozean- und Oberflächentemperaturen in den folgenden Monaten auf Rekordniveau stiegen, hätten sich die offiziellen Vorhersagen über die Intensität von „El Nino“ weiter verfestigt, so die „Washington Post“ weiter. Laut NOAA-Prognosen von diesem Monat stieg die Wahrscheinlichkeit des Aufbaus eines starken „El Nino“-Musters bis zum Winter auf der Nordhalbkugel auf 71 Prozent. Seine aktuelle Stärke sei jedoch moderat, so die US-Zeitung weiter.

„Das ist eine plausible Zukunft“

„El Nino“, spanisch für Christkind, heißt das Klimaphänomen deswegen, weil es kurz vor Weihnachten zu beobachten ist. Der „El Nino“ von Ende 2015/16 war der schwerste seit über 20 Jahren. Die Konsequenzen waren schnell spürbar, wie einige Beispiele zeigen: Brasilien musste aufgrund von Ernteausfällen die Preise erhöhen. Kolumbien meldete eine schwere Dürre, die zusätzlich die angeschlagene Wirtschaft belastete.

Mann blickt auf überschwemmte Häuser in in Asuncion, Paraguay
Reuters/Jorge Adorno
In anderen Gegenden brachte „El Nino“ hingegen schwere Überschwemmungen

Chile litt durch die erwärmten Meeresströme unter einem großen Lachssterben. Venezuela stellte die Uhren 30 Minuten vor, um mit einem besseren Nutzen des Tageslichts dem Strommangel entgegenzuwirken, schaltete den Strom stundenlang ab und verkürzte die Arbeitstage. Vietnam erlebt gerade die schlimmste Dürre seit 90 Jahren, die die Reisfelder austrocknet.

Vergleiche mit dem „El Nino“ von 1997/1998, der ähnlich katastrophal war, wie jener zwei Jahrzehnte später, werden bereits gezogen. Auch dieser Winter brachte extreme Regenfälle, in diesem Fall etwa in Kalifornien und Kenia und eine schwere Dürre in Indonesien. „Möglicherweise steht uns ein ähnlicher Winter bevor“, so Stephen Yeager, der bei der Prognose mitgeholfen hat. „Das ist eine plausible Zukunft“, so Yeager zur „Washington Post“.