Robert Fico
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Slowakei-Wahlsieger

„Größere Probleme“ als Hilfe für Ukraine

Der Sieger der vorgezogenen Parlamentswahl in der Slowakei am Samstag, Ex-Regierungschef Robert Fico von der populistischen Partei Smer-SD, bleibt bei seiner Anti-Ukraine-Haltung, die er schon während des Wahlkampfes angekündigt hatte. Die Slowakei habe „größere Probleme“ als die Ukraine-Hilfe, sagte der prorussische Fico am Sonntag vor Medien.

„Wir bleiben dabei, dass wir bereit sind, der Ukraine auf humanitäre Weise zu helfen“, sagte Fico am Sonntag in Bratislava. „Wir sind bereit, beim Wiederaufbau des Staates zu helfen, aber Sie kennen unsere Meinung zur Bewaffnung der Ukraine.“ Für den Fall einer Regierungsbildung seiner Partei stellte er seinen Einsatz für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Aussicht. Er werde sein „Bestes tun, um schnellstmöglich Friedensgespräche zu organisieren“.

Der 59-Jährige hatte im Wahlkampf erklärt: „Wir sind ein friedliches Land und werden keine einzige Patrone in die Ukraine schicken.“ Auch einer baldigen EU-Mitgliedschaft der Ukraine erteilte er eine Absage. Gleichzeitig hatte er zu besseren Beziehungen zu Russland aufgerufen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist die Slowakei bisher einer der größten Unterstützer Europas für die Ukraine – unter anderem überließ Bratislava Kiew MiG-Kampfjets.

Gelegs (ORF) zur Slowakei-Wahl

ORF-Korrespondent Ernst Gelegs spricht unter anderem über den Sieger der vorgezogenen Parlamentswahl in der Slowakei, Ex-Regierungschef Robert Fico. Des Weiteren berichtet er, was der Sieger für die Ukraine bedeutet.

Annährung an Ungarn wahrscheinlich

Politikbeobachterinnen und -beobachter gehen davon aus, dass sich eine mögliche slowakische Regierung unter Fico nun der Linie des im Nachbarland Ungarn regierenden Ministerpräsidenten Viktor Orban anschließen wird, der mit der EU bei zahlreichen Themen über Kreuz liegt – und die Bemühungen von EU und NATO zur Unterstützung der Ukraine torpediert. Orban gratulierte Fico bereits zu dessen „unbestreitbarem Sieg“. Es sei „immer gut, mit einem Patrioten zusammenzuarbeiten“, schrieb Orban auf Twitter (X).

Fico selbst sagte nach seinem Wahlerfolg, die außenpolitische Ausrichtung der Slowakei werde sich nicht ändern. Das Land sei „natürlich Mitglied der EU“, sagte er, fügte aber an: „Das bedeutet natürlich nicht, dass ich nicht die Dinge in der EU kritisieren kann, die mir nicht gefallen.“

Überraschende Wende

Nach Auszählung von 99,9 Prozent der Wahllokale lag laut vorläufigen Ergebnissen des Statistikamtes am Sonntag die sozialdemokratische Partei Smer des Linkspopulisten und Ex-Premiers Robert Fico mit 22,9 Prozent der Stimmen in Führung. Ihr Vorsprung ist nicht mehr aufzuholen. Die Wahlbeteiligung lag vorläufig bei 68,5 Prozent.

Populistische Smer siegt bei Parlamentswahl

Ein liberales Wahlwunder wird es bei der vorgezogenen Parlamentswahl in der Slowakei doch nicht geben. Nach Auszählung von knapp 99 Prozent der Wahllokale liegt laut vorläufigen Ergebnissen des Statistikamtes in der Nacht auf Sonntag die sozialdemokratische Partei Smer des Linkspopulisten und Ex-Premiers Robert Fico mit 23,3 Prozent der Stimmen in Führung. Ihr Vorsprung ist nicht mehr aufzuholen. Die Wahlbeteiligung lag vorläufig bei 68 Prozent.

Die am späten Samstagabend veröffentlichten Exit Polls hatten noch die liberale Progressive Slowakei (PS) unter dem 39-jährigen Vizepräsidenten des EU-Parlaments, Michal Simecka, als Gewinner der Wahl gesehen. Die Vorhersagen haben sich aber schließlich nicht bestätigt. Die Progressiven lagen zuletzt nur bei 17 Prozent und somit auf Platz zwei.

Die sozialdemokratische Hlas von Ex-Premier Peter Pellegrini, eine gemäßigte Abspaltung von Ficos Smer, landete erwartungsgemäß auf Platz drei mit 14,7 Prozent. Sie gilt als Königsmacher, ohne sie wird eine Regierungskoalition mit Mehrheitsunterstützung im Parlament schwierig.

Liberale wollten Rückkehr Ficos verhindern

Beobachterinnen und Beobachter erachteten eine von Fico geführte Koalition in der Slowakei als wahrscheinlich – unter der Bedingung, dass es ihm gelingen wird, Hlas und die national-populistische SNS ins Boot zu holen. Als Wahlsieger soll Fico am Montag von Staatspräsidentin Zuzana Caputova den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Die Liberalen wollten eine Rückkehr Ficos an die Macht jedoch verhindern. Die Progressiven verkündeten am Sonntagvormittag, umgehend informelle Gespräche mit eventuellen Partnern einzuleiten.

Gelegs (ORF) zum Sieg der Smer-Partei

ORF-Korrespondent Ernst Gelegs berichtet über den Sieg der populistischen Smer-Partei bei der slowakischen Parlamentswahl.

Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 Regierungschef und führte die Slowakei 2007 in den Schengen-Raum und 2009 in die Euro-Zone. Nach dem Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter Martina Kusnirova 2018 wurden im Zuge der Ermittlungen große Korruptionsnetzwerke aufgedeckt, in die auch hohe Staatsbeamte verstrickt waren. Fico musste unter dem Druck von Massenprotesten zurücktreten.

Stotternde Auszählung der Ergebnisse

Der Urnengang am Samstag sowie die Auszählung der Ergebnisse hatten sich ungewöhnlich hingezogen. Zunächst wurde das Wahlmoratorium wegen eines Todesfalles direkt im Wahllokal verlängert, was die Veröffentlichung der Nachwahlbefragungen hinausgezögert hatte. Das Moratorium am Ende des Wahlkampfs verbietet es Kandidierenden, Wahlkampagnen zu führen, zudem ist es untersagt, die Ergebnisse von Meinungsumfragen und Wahlumfragen zu veröffentlichen.

Michal Simecka
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Simecka war zunächst als Gewinner der Wahl gehandelt worden

Die Auszählung der Ergebnisse erfolgte dann auch nur stotternd, relevante Zahlen wurden erst Stunden nach Wahlschluss Sonntagfrüh bekannt. Zuletzt waren mit 99,43 Prozent fast alle Stimmen ausgezählt, die endgültigen Ergebnisse werden im Laufe des Tages erwartet.

Wahl brachte mehrere Überraschungen

Die Wahl brachte gleich mehrere Überraschungen. Die rechtsextreme Partei Republika, eine Abspaltung der zerbröckelnden Volkspartei – Unsere Slowakei (L’SNS) von Extremistenführer Marian Kotleba, hat mit knapp 4,87 Prozent den Parlamentseinzug unerwartet verfehlt. Die L’SNS selbst kam sogar nicht einmal auf ein Prozent der Stimmen.

Auch die kürzlich noch mitregierende konservative Familienpartei von Parlamentspräsident Boris Kollar ist aus dem Parlament ausgeschieden, mit einem unerwartet drastischen Stimmenverfall. Sie kam nur auf 2,24 Prozent.

Zum Aufsteiger der Wahl sind hingegen die Gewöhnlichen Menschen (OLANO) von Igor Matovic geworden, die als Hauptverantwortliche für das dreieinhalb Jahre andauernde politische Chaos im EU- und NATO-Land Slowakei gesehen werden. OLANO ist als Wahlkoalition mit der Christlichen Union und der Kleinpartei Für die Menschen angetreten und brauchte daher sieben Prozent, um in den Nationalrat zu kommen. Umfragewerte sahen sie sogar schon außerhalb. Schließlich kam die Partei des selbst ernannten Kämpfers gegen Korruption Matovic auf über neun Prozent der Stimmen.

Sieben Parteien im künftigen Parlament

Insgesamt werden sieben Parteien im künftigen Parlament von Bratislava vertreten sein. Geschafft haben es auch die Christdemokraten. Die KDH war in den zwei letzten Amtszeiten nicht im Parlament vertreten, jetzt kam sie aber wieder auf knapp sieben Prozent.

Auch die neoliberale Freiheit und Solidarität (SaS) von Richard Sulik ist mit nahezu sechs Prozent gerade noch durchgekommen. Als letzte Partei wird die nationalistische SNS im Parlament vertreten sein. Sie hat die Fünfprozenthürde allerdings nur hauchdünn überschritten und kam auf 5,66 Prozent.

Während des Wahlkampfs wurde die Slowakei von einer Flut von Falschinformationen überschwemmt, die vielfach auf Ficos Rivalen Simecka abzielten. Laut einer Studie des Poltikinstituts Globsec vom vergangenen Jahr hängt etwa die Hälfte der 5,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Slowakei populistischen Verschwörungstheorien an. Die neue Regierung in Bratislava wird den seit Mai 2023 amtierenden Interimsregierungschef Ludovit Odor ablösen, der nicht zur Wahl antrat.