Ex-Kommissionschef Juncker warnt vor übereiltem Ukraine-Beitritt

Der frühere EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat vor einem übereilten Beitritt der Ukraine zur EU gewarnt. „Wer mit der Ukraine zu tun gehabt hat, der weiß, dass das ein Land ist, das auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt ist“, sagte Juncker in einem heute veröffentlichten Interview der deutschen „Augsburger Allgemeinen“. „Trotz der Anstrengungen ist es nicht beitrittsfähig, es braucht massive interne Reformprozesse“, sagte Juncker weiter.

Die EU habe mit einigen „sogenannten neuen Mitgliedern“ schlechte Erfahrungen mit Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit gemacht. Das dürfe sich nicht wiederholen. Auch dem Land selbst gegenüber sei ein solches Vorgehen nicht fair, sagte Juncker. „Man darf den Menschen in der Ukraine, die bis zum Hals im Leid stecken, keine falschen Versprechungen machen.“

„Europäische Perspektive“ erhalten

Dennoch müsse eine „europäische Perspektive“ für Moldawien und die Ukraine, „die sich so tugendhaft (gegen Russland) wehrt und europäische Werte verteidigt“, aufrechterhalten bleiben.

Es müsse möglich sein, dass diese Länder „an Teilen der europäischen Integration teilnehmen können“, so Juncker. „Wir sollten darauf hinwirken, dass so etwas wie ein teilweiser Beitritt möglich wird, eine intelligente Form der Fast-Erweiterung.“

Michel kann sich Beitritt bis 2030 vorstellen

EU-Ratspräsident Charles Michel befürwortete unterdessen einen Beitritt der Ukraine bis 2030 – unter bestimmten Voraussetzungen. „Die Ukraine kann 2030 zur EU gehören, wenn beide Seiten ihre Hausaufgaben machen“, sagte Michel dem „Spiegel“. Er forderte von der EU unter anderem eine Beschleunigung der Entscheidungsprozesse.