Markus Söder, Parteivorsitzender CSU und Ministerpräsident Bayerns
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Bayern

CSU-Chef Söder vor „Schicksalswahl“

Die bayrische Landtagswahl am Sonntag dürfte für die CSU nach dem historisch schlechten Ergebnis 2018 weitere Verluste mit sich bringen. Mit Zugewinnen wird hingegen bei der rechtspopulistischen AfD und den Freien Wählern (FW) gerechnet – ihr Aufschwung hätte bundesweite Folgen. Medien sehen eine „Schicksalswahl“ für die CSU und eine bedeutende Weichenstellung in der politischen Laufbahn ihres Chefs Markus Söder, für den wenige Prozentpunkte einen Unterschied machen könnten.

Im Bayern-Trend des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der „Bild“-Zeitung wurden der CSU nicht mehr als 36 Prozent prognostiziert. Das wäre eine weitere Verschlechterung gegenüber 2018, als sie mit 37,2 Prozent eine herbe Niederlage einfuhr, die absolute Mehrheit verlor und in der Folge eine Koalition mit den Freien Wählern einging.

Mit Verlusten wird auch bei der SPD mit neun Prozent gerechnet, der FDP droht mit vier Prozent sogar ein Ausscheiden aus dem Landtag. Für die Grünen geht es um den zweiten Platz als stärkste Oppositionskraft, sie liegt laut repräsentativer Befragung mit den FW gleichauf bei 15 Prozent.

Zugewinne werden nicht nur bei den FW unter Hubert Aiwanger, sondern auch bei der rechtspopulistischen AfD erwartet – mit rund 14 Prozent würde es wohl rechnerisch für ein Bündnis mit der CSU reichen, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sowohl in Bayern als auch in Hessen kann die AfD vom Migrationsthema profitieren, Aufwind bekommt sie auch von den Umfragen im Bund.

Katrin Ebner-Steiner (AfD), Landtagsabgeordnete, hält beim Politischen Frühschoppen Gillamoos
APA/dpa/Pia Bayer
Die AfD profitiert von der aktuellen Migrationsdebatte in Deutschland

Freie Wähler bringen Söder in „strategisches Dilemma“

Die Freien Wähler bringen die CSU unter Söder zunehmend unter Druck – sie hätten mittlerweile die Grünen als Hauptgegner im Wahlkampf abgelöst, so die „Tagesschau“. Beide Parteien kämpfen um Stimmen aus dem bürgerlich-konservativen Lager. Aiwanger bringe Söder zudem spätestens seit der Causa rund um ein antisemitisches Flugblatt in ein „strategisches Dilemma“.

D: Wahlen in Bayern und Hessen

In den deutschen Bundesländern Bayern und Hessen wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Die rechtsextreme AfD ist laut Umfragen in beiden Bundesländern gefragt.

Söder habe sich mit seiner Vorstellung einer „bürgerlichen Koalition“ früh festgelegt, damit sei er auf die Freien Wähler und damit auch Aiwanger angewiesen. Dieser scheint von dem Flugblattskandal laut Umfragen sogar zu profitieren. Ihm sei die Inszenierung als „Galionsfigur“ außerhalb des urban-progressiven Milieus auch bei vielen nicht radikalen Teilen der Bevölkerung gelungen, sagte der Politikwissenschaftler Alexander Straßner gegenüber der „Tagesschau“.

Ein Aufschwung der FW dürfte auch bundespolitisch Folgen haben – vor allem, wenn ihr der Einzug in den hessischen Landtag gelänge. Ein Erstarken im Bund könnte es zumindest theoretisch für die CSU schwieriger machen, 2025 noch einmal in den Bundestag einzuziehen. Scheitert die CSU aber bei der Bundestagswahl, wäre ihr Geschäftsmodell kaputt: Bisher warb sie immer damit, die einzige Partei zu sein, die Bayerns Interessen im Bund vertritt, was ihr eine klare Mehrheit der bayrischen Wähler sichern konnte.

Hubert Aiwanger (Freie Wähler)
APA/AFP/Tobias Schwarz
Die Flugblattaffäre dürfte Hubert Aiwanger bei der Landtagswahl nicht schaden

Wenige Prozentpunkte für Söder entscheidend

Für CSU-Chef Söder dürfte es am Sonntag aber auch persönlich durchaus spannend werden. Denn nur drei Prozentpunkte nach oben oder unten würden am Wahlabend in Bayern wohl den Unterschied zwischen einem Debakel und einem oder zwei blauen Augen ausmachen, mit dem er politisch über- und weiterleben könne, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“).

2008 waren für die CSU knapp 43 Prozent und der Verlust der absoluten Mehrheit noch Grund für einen Rücktritt, inzwischen dürften „37 plus“ ausreichen, so die „FAZ“ weiter. Ein Wahlergebnis für die CSU von 33 oder 34 Prozent würde die Putschgerüchte gegen den in der Vergangenheit immer wieder angeschlagenen Parteichef aber weiter befeuern.

Laut Umfragen führungsstark, aber nicht glaubwürdig

In seinem ersten Wahlkampf 2018 hatte der Nachfolger von Horst Seehofer noch wenig souverän gewirkt, die erzielten 37,2 Prozent waren das schwächste Ergebnis der CSU bei einer Landtagswahl seit fast 70 Jahren. Auch das Hickhack in Bezug auf die Kanzlerkandidatur rund um CDU-Chef Armin Laschet blieb in Erinnerung. Söder übte sich in Selbstkritik, erarbeitete sich den Ruf eines Machers und galt 2021 auch als „Kanzlerkandidat der Herzen“.

Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler in Bayern, daneben Markus Söder Parteivorsitzender CSU und Ministerpräsident Bayerns
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Das Verhältnis zwischen Söder und seinem Stellvertreter Aiwanger gilt als angespannt

Der Wandel vom Scharfmacher zum Landesvater wirkte für viele aber nicht glaubwürdig. Obwohl etwa bekannt ist, dass der promovierte Jurist und ausgebildete Fernsehredakteur Bier verabscheut, posierte er häufig mit Bierkrügen in Menschenmengen. Das spiegelt sich in widersprüchlichen Beliebtheitswerten wider: So sagten im Mai in einer Umfrage für den Bayerischen Rundfunk 78 Prozent, dass Söder führungsstark sei. Aber nur eine Minderheit von 43 Prozent attestierte ihm, glaubwürdig zu sein.

Kanzlerambitionen weiter Thema

Dennoch ist der CSU-Chef unangefochten die Nummer eins in seiner Partei. Die Wiederwahl mit 96,6 Prozent als CSU-Vorsitzender lieferte Ende September ein besseres Ergebnis als erwartet und stärkte Söder vorerst, das könnte sich bei einem schwachen Wahlergebnis ändern.

Bei einem guten Ergebnis allerdings dürfte Söder bei der Suche nach dem nächsten Kanzlerkandidaten der Union für 2025 wohl erneut im Spiel sein. Dort sehen viele den Ausgang der Bayern-Wahl als wichtigen Zwischenschritt. Und Söder werden nach wie vor Ambitionen für das Amt nachgesagt.

Ein schlechteres Ergebnis als 2018 sollte es für die CSU in dem Zusammenhang aber wohl keinesfalls sein, schreibt die deutsche „Tagesschau“ und spricht gar von einer „Schicksalswahl“ für Söder und seine CSU. Sollten sich die Umfragen bestätigen und die Freien Wähler mit Zugewinnen an den Kabinettstisch zurückkehren, wäre sein Name wohl damit verbunden, dass die Zeiten der CSU-Alleinherrschaft in Bayern endgültig vorbei sind.