Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)
APA/Max Slovencik
Regierung einig

Amtsgeheimnis soll 2025 fallen

Jahrelang ist darum gerungen worden, nun hat die Regierung einen fertigen Entwurf zur Reform des Amtsgeheimnisses per 2025 vorgelegt. Das teilten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) in einer Pressekonferenz am Donnerstag mit. Das neue Informationsfreiheitsgesetz soll dafür sorgen, dass Bund, Länder und Gemeinden Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantworten und ihnen Informationen erteilen müssen. Für die Umsetzung der Pläne ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.

„Tatsächlich, das Amtsgeheimnis wird abgeschafft“, sagte Kogler zu Beginn der Pressekonferenz, mit dem „Metternich’schen Geist“ sei nun Schluss. Es handle sich um einen „monumentalen Kulturwechsel“ und eine „Transparenzrevolution“. Kleinere Nachschärfungen seien noch zu machen, doch 95 Prozent seien bewerkstelligt. Mit dem Gesetz müsse man den Ämtern dann nicht mehr „hinterhergoogeln“. „Bye-bye, Amtsgeheimnis, welcome, Infofreiheit“, so Kogler.

Verfassungsministerin Edtstadler sprach von einem „historischen Paradigmenwechsel“, man schaffe breiten Zugang zu Information in Österreich und damit eine „moderne Republik“. Transparenz werde künftig „zur Regel“ und „Geheimhaltung zur Ausnahme“, man drehe die bisherigen Regeln „um 180 Grad“, so Edtstadler. Informationen von allgemeinem Interesse müssten „proaktiv zugänglich gemacht werden“.

Kogler: „Amtsgeheimnis wird abgeschafft“

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat gemeinsam mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) in einer Pressekonferenz das neue Informationsfreiheitsgesetz präsentiert. Der „Metternich’sche Geist“ des Amtsgeheimnisses soll mit 2025 abgeschafft werden. Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern müssen von Bund, Ländern und Gemeinden ohne Umwege beantwortet werden. Für die Umsetzung der Pläne ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.

„Grundrecht auf Information“

Mit dem neuen Informationsfreiheitsgesetz soll ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Grundrecht auf Zugang zu Information eingeführt werden. Anstelle des Amtsgeheimnisses tritt ein „Grundrecht auf Information“ für jede und jeden, das erforderlichenfalls auch bei Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden kann.

Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung betrifft die Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie von allen Gemeinden – samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen. Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen. Dabei darf aber die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist in einer Pressekonferenz auf die genauen Details des neuen Informationsfreiheitsgesetzes eingegangen. So müssen Informationen im öffentlichen Interesse proaktiv veröffentlicht werden. Das „Grundrecht auf Zugang zu Informationen“ gilt zudem für alle Organe der Verwaltung.

Aktive Veröffentlichungspflicht

Zur Auskunftserteilung haben die informationspflichtigen Stellen ab Antragstellung vier Wochen, wobei diese Frist um vier Wochen verlängert werden kann. Bei der Auskunftserteilung ist auf Persönlichkeitsrechte wie das Recht auf Datenschutz Rücksicht zu nehmen.

Informationen von allgemeinem Interesse müssen von staatlichen Organen künftig auch aktiv veröffentlicht werden. Diese sollen auf einer Website (dem zentralen Informationsregister) öffentlich zugänglich gemacht werden. Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnern und Einwohnerinnen sind von der aktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen.

Gilt auch für Nationalrat, Bundesrat und Rechnungshof

Darüber hinaus gilt diese Verpflichtung auch für den Nationalrat und den Bundesrat sowie den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft, ebenso für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof.

Nicht aktiv veröffentlicht werden müssen Informationen, die im Interesse der nationalen Sicherheit einer Geheimhaltung unterliegen, Gleiches gilt für Informationen betreffend die umfassende Landesverteidigung und die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Nur 259 von insgesamt 2.093 Gemeinden betroffen

Betroffen sind damit von der aktiven Informationspflicht nur 259 der insgesamt 2.093 Gemeinden in Österreich. Die übrigen 1.834 haben weniger als 5.000 Einwohner. In den betroffenen Gemeinden würden aber 60 Prozent der Bevölkerung leben, so Edtstadler. Kogler zeigte sich zuversichtlich, dass viele kleine Gemeinden freiwillig aktiv Informationen veröffentlichen werden und dabei sogar ein Wettbewerb entstehen könne zwischen den Gemeinden.

Für die Umsetzung ist eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat sowie eine qualifizierte Zustimmung des Bundesrats erforderlich – und damit die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ.

SPÖ will „genau prüfen“, FPÖ lehnt ab

Erste Reaktionen folgten unmittelbar nach der Pressekonferenz: Man werde den Entwurf „nun genau prüfen und sei offen für Gespräche“, teilte SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried per Aussendung mit. „Auf den ersten Blick gibt es sicher noch Verbesserungsbedarf“, so Leichtfried. Gesprächsbedarf ortete er im Umstand, dass durch die 5.000-Einwohner-Grenze, ab der eine aktive Veröffentlichungspflicht gelten soll, „ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung benachteiligt werden würde“.

Von der FPÖ kam hingegen bereits eine Absage. In dieser Form werde die Partei dem Gesetzesentwurf keine Zustimmung geben, so FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst und der Abgeordnete Werner Herbert in einer Aussendung. Auch in den Augen der FPÖ wäre es „angebracht gewesen, allen Gemeinden die proaktive Veröffentlichung vorzuschreiben und nicht erst ab einer Einwohnerzahl von 5.000 oder mehr“.

Auch von NEOS kam zu diesem Punkt Kritik: Mit der Ausnahme für Gemeinden unter 5.000 Einwohner „entstehen genau jene Dunkeldörfer“, vor denen man gewarnt habe, teilte der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak per Aussendung mit. Außerdem sehe das Gesetz keinen „Informationsfreiheitsbeauftragten“ vor – das bedeute, dass bei Weigerung der Gemeinden sofort der Rechtsweg beschritten werden müsse. Insgesamt handle es sich um eine „Scheinlösung“.

Zadic: „Turbo gegen Vetternwirtschaft und Korruption“

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zeigte sich ähnlich wie zuvor ihre Regierungskollegen euphorisch über die Einigung. Der Entwurf läute „ein neues Zeitalter der Informationsfreiheit“ ein und wirke auch als „Turbo gegen Vetternwirtschaft und Korruption“, teilte Zadic via Twitter (X) mit. Die Hartnäckigkeit der Grünen habe sich ausgezahlt. Gemeinsam mit dem neuen Korruptionsstrafrecht und dem Parteienfinanzierungsgesetz werde damit „ein transparentes Österreich“ geschaffen.

Transparency: Eigenlob „etwas zu dick aufgetragen“

Georg Krakow von Transparency International meinte im Ö1-Mittagsjournal, das Eigenlob der Regierung sei „etwas zu dick aufgetragen“. Denn es habe „unendlich lange“ gedauert, bis man es „ins Vorzimmer eines Gesetzes“ geschafft habe. Außerdem wäre es laut der NGO besser gewesen, wenn alle Gemeinden von der proaktiven Veröffentlichungspflicht umfasst gewesen wären, sagte Krakow.

Bedenken, dass das für die betroffenen Gemeinden einen zu großen Aufwand bedeuten würde, teilt er nicht. So sei es etwa mit den heutigen technischen Möglichkeiten kein großer Aufwand, eine Studie öffentlich zugänglich zu machen.

Gemeindebund spricht von „gangbarem Weg“

Der Gemeindebund bezeichnete dagegen die Ausnahme von der proaktiven Informationspflicht für kleinere Gemeinden als „gangbaren Weg“, da gerade die kleineren Gemeinden weniger personelle Ressourcen zur Verfügung hätten. Nun sei der Bund gefordert, die technischen Möglichkeiten für die Veröffentlichung und Verknüpfung von Daten zur Verfügung zu stellen, forderten Vizepräsidentin Andrea Kaufmann und Vizepräsident Erwin Dirnberger in einer Aussendung.

Der Städtebund zeigte sich über den Gesetzesentwurf „skeptisch“. „Unsere Städte sind selbstverständlich für mehr Transparenz. Ich spreche mich aber gegen mehr Verwaltungsaufwand für die Städte und Gemeinden aus“, so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bezeichnete es dagegen als „erfreulich“, dass „die Bundesregierung ihren Worten nun endlich auch Taten folgen lässt“. Die Verfassungsexperten des Landes Kärnten würden den Gesetzesentwurf nun „auf Herz und Nieren sowie auf seine Praxistauglichkeit“ prüfen, denn: „Prinzipiell sind wir für ein solches Gesetz, es muss nur praktikabel und administrierbar sein“, so Kaiser.

Gesetz soll 2025 in Kraft treten

Beschlossen werden soll das Gesetz so rasch wie möglich, in Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen laut Regierungsplänen 2025. Jedenfalls aber soll zwischen dem Parlamentsbeschluss und dem Inkrafttreten eine Zeitspanne von eineinhalb Jahren liegen, damit sich die jeweiligen Stellen ausreichend vorbereiten können.