Kleine Gemeinde in Kärnten
ORF/Christian Öser
Amtsgeheimnis soll fallen

Kritik an Ausnahmen für kleine Gemeinden

Der am Donnerstag präsentierte Gesetzesentwurf zur Informationsfreiheit hat gemischte Reaktionen hervorgerufen. Ab 2025 soll das Amtsgeheimnis Geschichte sein. Während die FPÖ dem Gesetzesentwurf in dieser Form prompt eine Absage erteilte und auch NEOS Kritik übte, zeigte sich die SPÖ für eine Zustimmung zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit gesprächsbereit. Für Kritik sorgte generell die Ausnahme kleiner Gemeinden von der proaktiven Informationspflicht.

Mit dem neuen Informationsfreiheitsgesetz soll ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Grundrecht auf Zugang zu Information eingeführt werden. Anstelle des Amtsgeheimnisses soll ein „Grundrecht auf Information“ für jede und jeden treten, das erforderlichenfalls auch bei Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden kann.

Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung betrifft die Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie von allen Gemeinden – samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen. Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen.

Nur 259 von 2.093 Gemeinden müssen aktiv informieren

Informationen von allgemeinem Interesse müssen laut dem Entwurf von staatlichen Organen künftig auch aktiv veröffentlicht werden. Diese sollen auf einer Website (dem zentralen Informationsregister) öffentlich zugänglich gemacht werden. Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnern und Einwohnerinnen sind von der aktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen. Betroffen sind damit von der aktiven Informationspflicht nur 259 der insgesamt 2.093 Gemeinden in Österreich. Die übrigen 1.834 haben weniger als 5.000 Einwohner.

Vizekanzler Kogler (Grüne) zur Amtsgeheimnisreform

Vizekanzler Kogler spricht unter anderem über den Entwurf für die Reform des Amtsgeheimnisses, über die fehlende Ombudsstelle zur Informationsfreiheit, über die Kritik von Datenschützern sowie über die geplanten Klimagesetze.

Im ZIB2-Interview Donnerstagabend zeigte sich Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) überzeugt, dass das Gesetz „relativ rasch beschlossen“ werden kann. In den „nächsten Tagen“ soll der Entwurf mitsamt Erläuterungen im Parlament ankommen, so Kogler: „Und dann kann es schon losgehen mit den Gesprächen.“ Dass es an der nötigen Zweidrittelmehrheit scheitern könnte, glaubt er nicht. Schließlich sei es ein „großer Wurf“.

FPÖ: „Kniefall vor den ÖVP-Bürgermeistern“

An der im Entwurf vorgesehenen Ausnahmeregelung für kleinere Gemeinden wurde breit Kritik geübt – etwa von der FPÖ: Es handle sich um einen „Kniefall vor den ÖVP-Bürgermeistern“. In dieser Form werde man dem Gesetzesentwurf keine Zustimmung geben, so FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst und der Abgeordnete Werner Herbert in einer Aussendung.

Auch ortete die FPÖ einen „Rückschritt zu der bislang bekannten Version“. Konkret bemängelt wurde, dass die ursprünglich geplante „Cooling-off-Phase“ für Höchstrichterposten und die Ausweitung der Prüfmöglichkeiten des Rechnungshofs auf Unternehmen schon ab einer 25-Prozent-Beteiligung der öffentlichen Hand nicht mehr im Gesetzesentwurf enthalten sind.

SPÖ will „genau prüfen“

Die SPÖ zeigte sich dagegen offen für Gespräche und will den Entwurf „genau prüfen“. Verbesserungsbedarf ortete Verfassungssprecher Jörg Leichtfried ebenfalls bei der 5.000-Einwohner-Grenze. Kritisch sieht die SPÖ außerdem, dass es damit zu Einschränkungen bei der im Zuge des Parteiengesetzes geschaffenen Veröffentlichungspflicht für alle Behörden und Gemeinden für Studien, Gutachten und Umfragen geben würde.

NEOS: „Weit entfernt von echter Informationsfreiheit“

Die Ausnahme für kleine Gemeinden kritisierte auch NEOS, weil gerade in den kleineren Gemeinden Bürger Angst vor Nachteilen hätten, wenn sie vom Bürgermeister aktiv Auskünfte verlangen. Der Entwurf sei „weit entfernt von echter Informationsfreiheit“, so Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Der versprochene „Paradigmenwechsel“ werde auch dadurch verhindert, dass im Gesetzesentwurf kein Informationsfreiheitsbeauftragter vorgesehen ist.

Ohne diesen müssten Bürgerinnen und Bürger, denen eine Auskunft verweigert wird, sofort den Rechtsweg beschreiten, was viele abschrecken würde. Scherak stört sich außerdem an den für ihn zu weit ausgelegten Geheimhaltungsgründen. Durch die Klausel, dass eine Änderung des Gesetzes nur mit Zustimmung der Länder möglich wäre, würden zudem all diese Punkte „einzementiert“. Er hoffe deshalb auf weitere Verhandlungen.

Kogler sieht „Transparenzrevolution“

Kogler zeigte sich bei der Präsentation des Gesetzesentwurfs am Vormittag indes regelrecht euphorisch: „Bye-bye, Amtsgeheimnis, welcome, Infofreiheit“, sagte er. Mit dem „Metternich’schen Geist“ sei nun Schluss. Es handle sich um einen „monumentalen Kulturwechsel“ und eine „Transparenzrevolution“. Die Regierung beweise damit einmal mehr „Umsetzungskraft“, so Kogler mit Blick auf Spekulationen über ein getrübtes Koalitionsklima.

Kogler: „Amtsgeheimnis wird abgeschafft“

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat gemeinsam mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) in einer Pressekonferenz das neue Informationsfreiheitsgesetz präsentiert. Der „Metternich’sche Geist“ des Amtsgeheimnisses soll mit 2025 abgeschafft werden. Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern müssen von Bund, Ländern und Gemeinden ohne Umwege beantwortet werden. Für die Umsetzung der Pläne ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Edtstadler: „Historischer Paradigmenwechsel“

Verfassungsministerin Edtstadler sprach von einem „historischen Paradigmenwechsel“, man schaffe breiten Zugang zu Information in Österreich und damit eine „moderne Republik“. Transparenz werde künftig „zur Regel“ und „Geheimhaltung zur Ausnahme“, man drehe die bisherigen Regeln „um 180 Grad“, so Edtstadler. Informationen von allgemeinem Interesse müssten „proaktiv zugänglich gemacht werden“.

In den vom Gesetz dann betroffenen Gemeinden würden 60 Prozent der Bevölkerung leben, verteidigte Edtstadler die vorgesehene Regelung. Kogler zeigte sich zuversichtlich, dass viele kleine Gemeinden freiwillig aktiv Informationen veröffentlichen werden und dabei sogar ein Wettbewerb entstehen könne zwischen den Gemeinden.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist in einer Pressekonferenz auf die genauen Details des neuen Informationsfreiheitsgesetzes eingegangen. So müssen Informationen im öffentlichen Interesse proaktiv veröffentlicht werden. Das „Grundrecht auf Zugang zu Informationen“ gilt zudem für alle Organe der Verwaltung.

Zadic: „Turbo gegen Vetternwirtschaft und Korruption“

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zeigte sich ähnlich wie zuvor ihre Regierungskollegen euphorisch über die Einigung. Der Entwurf läute „ein neues Zeitalter der Informationsfreiheit“ ein und wirke auch als „Turbo gegen Vetternwirtschaft und Korruption“, teilte Zadic via Twitter (X) mit. Die Hartnäckigkeit der Grünen habe sich ausgezahlt. Gemeinsam mit dem neuen Korruptionsstrafrecht und dem Parteienfinanzierungsgesetz werde damit „ein transparentes Österreich“ geschaffen.

Transparency: Eigenlob „etwas zu dick aufgetragen“

Georg Krakow von Transparency International meinte im Ö1-Mittagsjournal, das Eigenlob der Regierung sei „etwas zu dick aufgetragen“. Denn es habe „unendlich lange“ gedauert, bis man es „ins Vorzimmer eines Gesetzes“ geschafft habe. Außerdem wäre es laut der NGO besser gewesen, wenn alle Gemeinden von der proaktiven Veröffentlichungspflicht umfasst gewesen wären, sagte Krakow.

Bedenken, dass das für die betroffenen Gemeinden einen zu großen Aufwand bedeuten würde, teilt er nicht. So sei es etwa mit den heutigen technischen Möglichkeiten kein großer Aufwand, eine Studie öffentlich zugänglich zu machen.

Gemeindebund spricht von „gangbarem Weg“

Der Gemeindebund bezeichnete dagegen die Ausnahme von der proaktiven Informationspflicht für kleinere Gemeinden als „gangbaren Weg“, da gerade die kleineren Gemeinden weniger personelle Ressourcen zur Verfügung hätten. Nun sei der Bund gefordert, die technischen Möglichkeiten für die Veröffentlichung und Verknüpfung von Daten zur Verfügung zu stellen, forderten Vizepräsidentin Andrea Kaufmann und Vizepräsident Erwin Dirnberger in einer Aussendung.

Der Städtebund zeigte sich über den Gesetzesentwurf „skeptisch“. „Unsere Städte sind selbstverständlich für mehr Transparenz. Ich spreche mich aber gegen mehr Verwaltungsaufwand für die Städte und Gemeinden aus“, so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bezeichnete es dagegen als „erfreulich“, dass „die Bundesregierung ihren Worten nun endlich auch Taten folgen lässt“. Die Verfassungsexperten des Landes Kärnten würden den Gesetzesentwurf nun „auf Herz und Nieren sowie auf seine Praxistauglichkeit“ prüfen, denn: „Prinzipiell sind wir für ein solches Gesetz, es muss nur praktikabel und administrierbar sein“, so Kaiser.