Logo der Landtagswahl 2023 in einem TV-Studio
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Bayern und Hessen

Deutsche ‚Ampel‘ gegen Rechtsruck machtlos

Böses Erwachen für die deutsche „Ampelkoalition“ aus SPD, Grünen und FDP nach den deutschen Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Sie hat dem Rechtsruck nichts entgegenzusetzen, so das Fazit. Das Regieren für den deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD) werde noch schwieriger, analysieren deutsche Medien. Heimliche Siegerin in beiden Bundesländern ist die rechtspopulistische AfD, sie konnte stark zulegen.

Nach diesen deutlichen Einbußen der „Ampelparteien“ ist klar, dass man so wie bisher nicht weitermachen kann. Für Scholz dürfte das Regieren nicht leichter werden, so die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Politiker und Politikerinnen aus den eigenen Reihen der SPD und der Grünen mahnten nun, öffentlich ausgetragene Streitigkeiten in der Regierungsarbeit im Bund zu beenden.

SPD-Chefin Saskia Esken rief die „Ampelpartner“ FDP und Grüne auf, Debatten endlich hinter den Kulissen und nicht in der Öffentlichkeit zu führen. Streit müsse zwar manchmal sein, aber es entstehe selbst bei den vielen Entscheidungen der „Ampelregierung“ der Eindruck mangelnder Geschlossenheit, sagte Esken nach der Sitzung des SPD-Präsidiums. „Da müssen wir besser werden.“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
IMAGO/Bildgehege
Die Ergebnisse der Landtagswahlen machen die Regierungsarbeit für den deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD) nicht leichter

Aufwärtstrend der AfD hält an

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte am Montag im ARD-„Morgenmagazin“, es gelte jetzt, wieder mehr Vertrauen zu gewinnen. Dabei gehe es nicht um eine Sichtweise, wer in der Koalition gewinne oder verliere. „Das schaffen wir nicht gegeneinander, das schaffen wir nur zusammen.“ Esken äußerte sich in der ARD auch beunruhigt über die Zugewinne der AfD und warnte vor trügerischen Erwartungen. „Die AfD wird tatsächlich auch von Menschen gewählt, die sich soziale Gerechtigkeit wünschen, von der AfD aber niemals bekommen würden.“

Die „SZ“ sieht den Aufwärtstrend der „heimlichen Gewinnerin“ der beiden Wahlen, der AfD, der im Bund und im Osten begonnen habe, weiter anhalten, wie die Zeitung schreibt. In Thüringen, Brandenburg und Sachsen finden im kommenden Jahr Landtagswahlen statt. Hier liege die AfD Umfragen zufolge weit in Führung, heißt es in der „SZ“.

Christian Lindner (FDP)
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner will die Regierungsarbeit kritisch prüfen

FDP: So kann es nicht weitergehen

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht auch deshalb die „Ampelkoalition“ in Berlin nach den Landtagswahlen in der Pflicht. Alle drei Parteien der Regierung hätten verloren, sagt Lindner in Berlin. „Deshalb ist unser Auftrag nun, unsere Regierungsarbeit kritisch zu prüfen.“ Es müsse analysiert werden, wo die Bundesregierung nicht den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger entspreche. Diese Aufgabe müssten FDP, Grüne und SPD nun „gemeinsam und mit großer Umsicht“ annehmen.

FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki forderte nach den Wahlen eine Kurskorrektur der Koalition im Bund. „So kann es nicht weitergehen“, sagte er der „Bild“ (Montag-Ausgabe). Alle „Ampelparteien“ hätten verloren. „Das ist das klare Signal, dass wir in Berlin endlich aufnehmen müssen, was die Menschen bewegt.“ In der Frage der Atomkraft, beim Heizungsgesetz und in der Migrationspolitik liege man konsequent im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung. „Wenn wir keine Lösungen präsentieren, werden sich am Ende die Themen die Koalitionen suchen.“

Grafik zum Ergebnis der Landswahl in Hessen
Grafik: APA/ORF; Quelle: ARD/Infratest dimap

Hessen: Niederlage für SPD-Bundesinnenministerin

In Hessen wurde die CDU klar stärkste Kraft. Sie legte laut vorläufigem Ergebnis auf 34,6 Prozent zu (Wahl 2018: 27,0 Prozent). Die AfD verbesserte sich auf 18,4 Prozent (13,1 Prozent). Die SPD, welche die deutsche Innenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin ins Rennen schickte, fiel auf 15,1 Prozent (19,8 Prozent). Eine deutliche Niederlage personell wie prozentuell damit auch für die Bundes-SPD. Die deutsche Innenministerin ist nun geschwächt. Auch die mitregierenden Grünen sackten von 19,8 auf 14,8 Prozent Prozent ab. Die FDP schaffte im Gegensatz zu Bayern den Verbleib im Landtag knapp mit 5,0 Prozent, die Linke verfehlte den Wiedereinzug.

Die SPD-Spitze sprach indes Montag Faeser nach ihrer Wahlniederlage das Vertrauen aus. Faeser habe gerade in der Migrationspolitik „großartige Arbeit“ geleistet, so Esken. „Deswegen gibt es gar keinen Grund für uns anzunehmen, sie sei geschwächt“, fügte sie hinzu. Faeser selbst bedankte sich für das Vertrauen der Bundes-SPD und der hessischen SPD. Sie habe schon vor der Wahl betont, dass sie als Bundesinnenministerin im Falle einer Wahlniederlage im Amt bleiben wolle.

Grafik zum Ergebnis der Landswahl in Bayern
Grafik: APA/ORF; Quelle: ARD/Infratest dimap

Bayern: FDP verpasst Einzug

Auch in Bayern ist nicht alles Wonne und Eitelkeit, und der Rechtsruck knabbert auch an der seit Jahrzehnten regierenden CSU. So hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Sonntag die Wahl in Bayern zugleich gewonnen und verloren. Söder hat nun laut der „SZ“ bereits zweimal ein „historisches Ergebnis“ eingefahren. War schon bei der letzten Wahl 2018 sein Ergebnis mit 37,2 Prozent „historisch schlecht“, so hat die CSU mit dem vorläufigen Endergebnis von 37,0 Prozent zwar nur minimal verloren, aber damit dennoch ihr „historisch“ schlechtestes Ergebnis seit 1950 eingefahren.

Die Freien Wähler verbesserten sich in Bayern laut vorläufigem Endergebnis von 11,6 auf 15,8 Prozent. Die Grünen verloren von 17,6 auf 14,4 Prozent. Die AfD legte von 10,2 auf 14,6 Prozent zu (10,2), die SPD fuhr Verluste ein und kam, von 9,7 Prozent, nur noch auf 8,4 Prozent. Die FDP verpasste gar mit 3,0 Prozent den Wiedereinzug ins bayerische Parlament, zuletzt hatte sie 5,1 Prozent. Und die Freien Wähler, mit denen die CSU bereits im Vorfeld gesagt hatte, wieder eine Regierung zu bilden, sind jetzt in einer komfortablen Situation. Weitere Forderungen an den alten Koalitionspartner CSU gab es bereits.

CDU sieht auch „gute Botschaft“

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin, es gebe „auch eine gute Botschaft, denn der Frust auf die ‚Ampel‘ entlädt sich eben nicht ausschließlich bei der AfD“. Vielmehr führe Unzufriedenheit mit der Bundesregierung auch zu einem Zuwachs insbesondere bei der CDU in Hessen.

„Das ist eine gute Botschaft für die Demokratie, für unser Land und auch für die CDU.“ CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wies nach dem Erfolg der mit den Grünen regierenden Hessen-CDU auf weiter bestehende Differenzen im Bund hin. Auf Landesebene habe man natürlich andere Themen, sagte er in der ARD. Im Bund sehe man beim großen Thema der Eindämmung der Migration ganz andere Vorstellungen.

Gerangel um CSU-CDU-Spitzenkandidatur

In der Bundespolitik läuft auch für den CSU-Chef Söder nicht alles rund: In Sachen CSU-CDU-Kanzlerkandidatur scheint für Söder der Zug offenbar bereits abgefahren. Wenn Söder als bayerisches Original schon in Bayern Mühe habe, dann dürfte es ihm im Bund nicht viel besser ergehen, so die „SZ“. „Die Kandidatenfrage dürften dann wohl CDU-Chef Friedrich Merz und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst unter sich ausmachen“, so die Zeitung.