Hilfen für Palästinenser auf dem Prüfstand

Die EU-Unterstützung für die Palästinenser wird angesichts des Angriffs der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel auf den Prüfstand gestellt.

Die Europäische Kommission untersuche derzeit, wie sich die jüngsten Ereignisse auf die Entwicklungshilfe auswirken könnten, sagte heute eine Sprecherin in Brüssel. Schon heute sei aber sehr klar, dass die EU weder direkt noch indirekt die Aktivitäten der Hamas oder anderer Terrororganisationen finanziere.

Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus dem vergangenen Jahr sind die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit einem Beitrag von rund 600 Millionen Euro pro Jahr der größte Geldgeber der Palästinenser. Allein aus dem EU-Haushalt waren für den Zeitraum 2021 bis 2024 Finanzhilfen in Höhe von 1,18 Milliarden Euro vorgesehen.

Die EU habe sehr strenge Regeln zur Überprüfung der Empfänger, betonte die Sprecherin. Alle müssten versichern, dass diese weder direkt noch indirekt an Unternehmen, Organisationen oder Personen mit Verbindung zur Hamas gingen.

Österreich stoppt Hilfe

Angesichts der Gewalteskalation in Israel stoppt Österreich die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensern. „Wir werden alle Zahlungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vorerst auf Eis legen“, sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) heute im Ö1-Morgenjournal.

CARE Österreich führt derzeit zwei Projekte in den Palästinensergebieten durch, die finanziell von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden. Die Ankündigung, die Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit einzufrieren, drohe die ohnehin schon prekäre humanitäre Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung weiter zu verschärfen. Die NGO appelliert an die Regierung, die Prüfung der betroffenen Projekte so rasch wie möglich durchzuführen.

Deutschland setzt teilweise Hilfen „vorübergehend“ aus

Das deutsche Entwicklungsministerium entschloss sich ebenfalls nach einer kontroversen innenpolitische Debatte, die Finanzhilfen für die Zusammenarbeit mit den palästinensischen Gebieten „vorübergehend“ auszusetzen. Die Programme würden nun umfassend und mit offenem Ausgang überprüft, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Die mitregierende FDP hatte laut Reuters gefordert, alle Zahlungen an palästinensische Organisationen auszusetzen.

Anders als das Entwicklungshilfeministerium leistet das deutsche Außenministerium weiter Zahlungen für die Palästinensergebiete. Ein Großteil der vom Ministerium für humanitäre Aufgaben bereitgestellten Gelder von 73 Millionen Euro seien bereits ausgezahlt, sagte ein Außenamtssprecher. „Aber es stehen auch noch Zahlungen an, und die gehen auch weiter. Denn mit dieser Hilfe wird ja gerade lebensrettende Arbeit geleistet.“

Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, mahnte in der Debatte über Kürzungen und Aussetzungen von Finanzhilfen für die palästinensischen Gebiete zu Augenmaß. „Jegliche Hilfe für die Palästinenser einzustellen, halte ich für falsch“, sagte der deutsche Historiker. „Das wird der Komplexität der Situation dort nicht gerecht.“