Das US-Kapitol
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US-Republikaner

Hängepartie im Repräsentantenhaus

Eine Abstimmung über den neuen Vorsitz des US-Repräsentantenhauses verzögert sich auf unbestimmte Zeit. Die Parlamentskammer vertagte am Mittwoch die Sitzung. Ein neuer Zeitpunkt wurde nicht genannt. Dabei sah es zeitweise so aus, als hätten sich die Republikaner auf einen neuen Vorsitzenden geeinigt – doch der Moment war nur von kurzer Dauer.

Bei einer Abstimmung der Republikaner hinter verschlossenen Türen setzte sich zunächst der erzkonservative Abgeordnete Steve Scalise als Nachfolger des abgesetzten Kevin McCarthy, des bisherigen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, durch. Der 58-Jährige erhielt laut US-Medien 113 Stimmen, der von Ex-Präsident Donald Trump unterstützte Jim Jordan 99 Stimmen. Somit hätte Scalise die Nominierung durch seine Partei in der Tasche.

Allerdings äußerten sich einige Republikaner, die ankündigten, trotz des Fraktionsvotums später im Plenum für Jordan stimmen zu wollen. Die „New York Times“ berichtete, dass man die Wahl von Scalise bereits nach wenigen Minuten wieder in Zweifel zog.

Der designierte Präsident der US-Kongresskammer, Steve Scalise
Reuters/Kevin Lamarque
Scalise könnte der nächste Speaker im Repräsentantenhaus werden – doch er muss seine Partei überzeugen

Die Republikaner verfügen in der Kammer über eine vergleichsweise kleine Mehrheit von 221 zu 212 Stimmen. Sie müssen nahezu geschlossen hinter ihrem Kandidaten stehen. Die Partei ist aber tief zerstritten. Scalise ist die bisherige republikanische Nummer zwei im US-Repräsentantenhaus.

Scalise machte Unterstützung für Israel deutlich

Bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden ruht die Arbeit in der Kammer. Entsprechend können die USA etwa Israel keine zusätzliche Hilfe im Kampf gegen die Hamas zukommen lassen. Scalise machte nach seiner parteiinternen Nominierung seine Unterstützung für Israel deutlich. Sollte er gewählt werden, stünde eine Resolution zur Unterstützung des Partners als Erstes auf der Tagesordnung, sagte Scalise.

Handwagen mit Dokumenten während der Wahl im US-Repräsentantenhaus
APA/AFP/Mandel Ngan
Die Republikaner haben gewählt, aber noch nicht entschieden

Die Parlamentskammer müsse nun schnell wieder funktionsfähig werden und weitere militärische Hilfe für Israel nach den Angriffen der Hamas genehmigen. „Wir müssen sicherstellen, dass wir eine Botschaft an die Menschen in der ganzen Welt senden, dass das US-Repräsentantenhaus offen ist und die Angelegenheiten des Volkes erledigt.“

Historische Abwahl im US-Kongress

Der bisherige Speaker, Kevin McCarthy, war am 3. Oktober in einem internen Machtkampf von erzkonservativen Parteikollegen gestürzt worden. Diese straften ihn ab, weil er auf die Unterstützung der Demokraten von Präsident Joe Biden zurückgegriffen hatte, um einen Etatstopp abzuwenden.

Der ehemalige Präsident der US-Kongresskammer, Kevin McCarthy
Reuters/Evelyn Hockstein
McCarthy hat gegen seine eigene Partei verloren und musste abtreten

Scalise sitzt seit 2008 im Kongress. Er überlebte 2017 einen Schusswaffenangriff nur knapp, gilt jedoch bis heute als starker Verfechter eines liberalen Waffenrechts. Im vergangenen Jahr wurde er zum Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus gewählt. „Es ist sehr, sehr wichtig, dass der Kongress die Arbeit wieder aufnimmt“, erklärte er zuletzt.

Wenn das Repräsentantenhaus nicht bis zum 17. November eine Einigung mit dem Senat über ein neues Budget erzielt, kommt es doch zum Shutdown, den McCarthy mit einer Übergangsfinanzierung verhindert hatte. Im kommenden Jahr wird in den USA nicht der Präsident, sondern auch das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats gewählt.