George Cove vor hinter Solarpanelen in „Harnessing sunlight“, René Homer, Modern Electrics, Vol. II, No.6, September 1909
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Entführung 1909

Mysteriöses Aus für frühe Solarpaneele

Die Geschichte der Solarpaneele könnte umgeschrieben werden müssen. Der großflächige, der kommerzielle Einsatz der Umwandlung von Sonnenenergie in Strom hätte durchaus viel früher, nämlich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, stattfinden können, so die akademische Website The Conversation. Als das Aus für die Vorreiter der PV-Anlagen gilt laut der Website die mysteriöse Entführung des kanadischen Erfinders George Cove und der unaufhaltsame Aufstieg der fossilen Brennstoffe.

Cove war einer der weltweit ersten Unternehmer im Bereich erneuerbare Energien. Er gilt laut The Conversation als Erfinder der ersten Haushaltssolarpaneele, die jenen, die heute in Häusern installiert werden, zumindest ähnlich sahen. Auch technisch gelten sie als Vorreiter. Sie verfügten sogar über eine rudimentäre Batterie, um die Stromversorgung für einige Zeit aufrechtzuerhalten, wenn die Sonne nicht schien.

Cove gründete 1905 in New York das Unternehmen Sun Electric Generator Corporation. Seine Gesellschaft für die Produktion der Paneele soll auch genügend Kapital für die Massenherstellung gehabt haben. Coves Idee erlangte auch breitere mediale Aufmerksamkeit, wie etwa ein Bericht im Magazin „Modern Electric“ von September 1909 zeigt. In dem Magazin hieß es, dass „das Gerät bei zweitägiger Sonneneinstrahlung ausreichend elektrische Energie speichert, um ein gewöhnliches Haus eine Woche lang zu beleuchten“.

Portrait zeigt George Cove in „The Technical World Magazine“, 1909
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Der Unternehmer und Erfinder George Cove

Entführung änderte alles

Der Artikel von 1909 knüpft auch eine soziale Utopie an die Paneele. Die billige Solarenergie könne Menschen aus der Armut befreien. Die Paneele brächten ihnen billiges Licht, Wärme und Strom und befreiten die Masse vom täglichen Kampf ums Brot, so der Tenor. Auch über Flugzeuge, die mit von der Sonne aufgeladenen Batterien angetrieben werden könnten, wurde spekuliert. Eine Zukunft mit sauberer Energie schien in dem Artikel zum Greifen nah.

Und dann änderte sich alles schlagartig: Cove wurde laut einem Bericht des „New York Herald“ vom 19. Oktober 1909 entführt – oder behauptete das zumindest. Als Bedingung für seine Freilassung sollte er auf seine Patente verzichten und sein Unternehmen schließen. Laut dem Artikel verweigerte Cove das laut eigenen Angaben aber und wurde schließlich später in der Nähe des Bronx Zoo in New York wieder freigelassen.

Doch kurz nach dem Vorfall scheiterte seine Firma. Die Hintergründe sind unklar, entwickelte Cove doch über die Jahre vor seiner mutmaßlichen Entführung mehrere Typen des Solargeräts und verbesserte es dabei jedes Mal, so The Conversation. Wie gut diese tatsächlich funktioniert haben, lässt sich heute jedoch nur schwer sagen, so die „Material Culture Review“ vor einigen Jahren.

Solarpanel in „The Technical World Magazine“, 1909
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Das von Cove hergestellte Paneel sollte in Massenproduktion gehen

Von Ölindustrie als Konkurrenz gesehen?

Cove wurde auch beschuldigt, die Entführung inszeniert zu haben, um Aufmerksamkeit in den Medien zu erheischen. Es gab allerdings auch Theorien, dass möglicherweise ein ehemaliger Investor hinter der Entführung steckte. Fotografisch sollten die Spuren von Cove allerdings offenbar getilgt werden, wie die Enthüllungsplattform Bellingcat zeigt. Nach Bildanalysen und Nachforschungen steht für die Aufdecker fest: Cove wurde aus einem Bild, das ihn mit einem seiner Solarpaneele zeigt, später entfernt.

Später wurde auch spekuliert, dass die Ölindustrie hinter dem Kidnapping Coves steckte, um einen Konkurrenten auszuschalten. Doch dafür war Coves Erfindung noch „zu klein“ für diese Unternehmen, wie etwa Standard Oil von John D. Rockefeller, als Konkurrenz zu gelten. Standard Oil unterdrückte allerdings die Konkurrenz so stark, dass sich die US-Regierung dazu gezwungen sah, Kartellgesetze zur Bekämpfung von Monopolen einzuführen.

Durchbruch in den 1950er Jahren

Solarenergie an sich ist eine Bedrohung für die fossile Industrie, da es sich um eine „von Natur aus demokratische Technologie handelt“, wie The Conversation schreibt. Denn jeder hat Zugang zur Sonne im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen, deren Verwertung den Aufbau riesiger Infrastrukturen erfordert.

Nach Coves Entführung gab es zwar weitere vereinzelte Anstrengungen zur Solarentwicklung, doch in den nächsten Jahrzehnten gab es keine größeren kommerziellen Aktivitäten. Erst in den 1950er Jahren wurde das Konzept von Bell Labs, der Forschungsabteilung der Bell Telephone Company in den USA, wiederbelebt.