US-Staatssekretär Antony Blinken mit einem Delegierten der Saudischen Regierung
APA/AFP/Jacquelyn Martin
Trotz US-Bemühungen

Saudisch-israelische Normalisierung auf Eis

Bei dem blutigen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel sind aufseiten Israels 1.300 Menschen getötet worden. Die israelische Gegenoffensive kostete bisher nicht nur ähnlich viele Menschenleben – sondern auch die Chance auf eine Normalisierung der Beziehungen mit Saudi-Arabien. Die Gespräche dazu lägen auf Eis, hieß es am Samstag aus saudischen Diplomatenkreisen. Daran konnten derzeit auch die Bemühungen der USA nichts ändern.

Der Schritt kam nicht überraschend: Experten hatten bereits zuvor die Vermutung in den Raum gestellt, dass die Hamas mit der verheerenden Attacke auf Israel gerade auch die Gespräche zwischen Israel und Saudi-Arabien torpedieren wollte. Am Samstag wurde nun aus saudischen Diplomatenkreisen bestätigt, dass die Gespräche über eine mögliche Aufnahme von Beziehungen mit Israel gestoppt wurden.

Für den mit Israel verfeindeten Iran war das am Samstag Grund genug, eine mögliche Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien bereits für gescheitert zu erklären. „Das ist völlig vom Tisch“, sagte der iranische Außenminister Hussein Amirabdollahian in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Der Außenminister betonte zugleich die Einigkeit des Iran und Saudi-Arabiens. „Teheran und Riad sind sich einig, die Verbrechen des zionistischen Regimes gegen die Bevölkerung des Gazastreifens zu verhindern“, sagte er.

Der Iran hat Israel seit der Islamischen Revolution von 1979 zum Erzfeind erklärt. Teheran hat seit den 1990er Jahren seine politischen und militärischen Beziehungen in der Region ausgebaut, um eine „Achse des Widerstands“ gegen Israel zu schaffen. Die Beziehungen zwischen den Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien waren jahrelang massiv angespannt. Im März hatten beide Staaten dann verkündet, wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen zu wollen.

USA halten an Normalisierungkurs fest

Dass Saudi-Arabien auch seine Beziehungen zu Israel normalisieren könnte, läuft den Interessen Teherans entsprechend zuwider. Umso mehr, als eine Annäherung die Stellung des Iran im Nahen Osten wohl merklich schmälern würde.

US-Staatssekretär Antony Blinken
AP/Jacquelyn Martin
Bei seinem Besuch in Saudi-Arabien betonte US-Außenminister Blinken den Austausch

Saudi-Arabien gilt als wichtige Schutzmacht der Palästinenser. Dass es überhaupt zu Gesprächen zwischen Israel und dem Königreich gekommen war, galt als Erfolg für US-Präsident Joe Biden. Eine tatsächliche Einigung wäre für den US-Präsidenten ein außenpolitischer Coup.

Entsprechend wollten die USA auch weiterhin an einem Normalisierungskurs festhalten. „Die regionale Integration liegt weiterhin im besten Interesse der Menschen im gesamten Nahen Osten“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums der Deutschen Presse-Agentur in Washington am Samstag. „Die Vereinigten Staaten und unsere Partner werden sich von Terroristen nicht abschrecken lassen.“ Die oberste Priorität der US-Regierung sei es in diesem Moment, Israel zu unterstützen, sagte der Sprecher weiter. „Gleichzeitig bleiben wir der Förderung von Stabilität, Wohlstand und einer stärkeren Integration in der Region verpflichtet.“

USA und Saudi-Arabien betonen Zusammenarbeit

Erst am Samstag war US-Außenminister Antony Blinken im Zuge seiner Nahost-Reise nach Saudi-Arabien gereist. Der gemeinsame Austausch sei wichtig, sagte Blinken bei einem Treffen mit seinem saudischen Amtskollegen Faisal bin Farhan Al Saud am Samstag in Riad laut einem Transkript des US-Außenministeriums. Dieser äußerte sich demnach ähnlich. Es sei wichtig, sicherzustellen, dass dieser Konflikt nicht auf andere Orte und andere Fronten übergreife.

Am Sonntag traf Blinken dann mit Saudi-Arabiens Kronprinzen und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman zusammen. Er habe bei dem Treffen Riad aufgefordert, Druck auf die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas für ein Ende ihrer Angriffe auf Israel auszuüben. Die USA konzentrierten sich weiterhin darauf, „die Terrorangriffe der Hamas zu stoppen, die Freilassung aller Geiseln zu erreichen und eine Ausbreitung des Konflikts zu verhindern“, sagte der US-Außenamtssprecher Matthew Miller nach dem Treffen.

Saudi-Arabien kritisiert „Zwangsumsiedlung“

Saudi-Arabien hatte am Samstag wie auch Ägypten, mit dem Israel schon 1979 Frieden geschlossen hat, vor allem den Aufruf des israelischen Militärs zur Evakuierung des nördlichen Gazastreifens kritisiert. Saudi-Arabien lehne die „Zwangsumsiedlung ab“, teilte das Außenministerium mit.

Alle Formen der militärischen Eskalation, die sich gegen Zivilisten richteten, müssten gestoppt werden. Den Menschen im Gazastreifen seien die Grundvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben entzogen worden, was „einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht“ darstelle, hieß es aus Riad. Ägypten sprach von „einer schwerwiegenden Verletzung der Regeln des humanitären Völkerrechts“.