2,7 Prozent Defizit

Budgetrede im Zeichen der Rezession

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat am Mittwoch dem Nationalrat das Budget 2024 vorgelegt. Am Freitag waren bereits erste Zahlen via „Kronen Zeitung“ und „Presse“ durchgesickert. Das Defizit soll demnach bei 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Im Frühling war man noch von 1,6 Prozent ausgegangen – laut den Wirtschaftsforschungsinstituten auch eine Folge der leichten Rezession. Die Opposition wirft der Regierung Versagen vor.

Am Samstag bestätigten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Brunner die kolportierten Medienberichte, laut denen Einnahmen von 103 Milliarden Euro und Ausgaben von 123 Milliarden für das Jahr 2024 veranschlagt würden. Erwartet wird ein Defizit von 2,7 Prozent des BIP. Beide strichen jedoch hervor, dass das Defizit damit innerhalb der von der EU vorgegebenen Dreiprozentgrenze liegen werde.

Im vergangenen Jahr betrug das Defizit noch 3,5 Prozent des BIP bzw. in absoluten Zahlen 15,8 Milliarden Euro. Für heuer wurden nach Brüssel 3,2 Prozent Abgang gemeldet. Ob diese Prognose hält, ist noch unklar. Für 2024 sollen es nun 2,7 Prozent sein, im April ging das Finanzministerium noch von 1,6 Prozent aus.

Brunner verweist auf schwierige Ausgangslage

Offiziell hatte Brunner vorläufig keine Zahlen verkündet, aber immerhin schon den Titel seiner Budgetrede: „Mit Optimismus für Österreich: Wohlstand erhalten. Zukunft gestalten“. Im Fokus stünden die weitere Entlastung der Menschen und der Ausbau der Kinderbetreuung, Konjunkturbelebung, Wissenschaft und Forschung sowie Sicherheit, hieß es in einer Aussendung des Finanzressorts von Dienstagvormittag.

Brunner wies auf die schwierige Ausgangslage hin. So koste der Finanzausgleich 17 Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren. Die Abschaffung der kalten Progression bringe einen Ausfall der Einnahmen von 3,6 Milliarden. Dazu kämen steigende Zinsen: Alleine die Auszahlungen des Bundes für Finanzierungen beliefen sich von Jänner bis Mai 2023 auf 4,4 Milliarden Euro. Das sei ein Anstieg um 1,5 Milliarden Euro bzw. 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Schließlich habe der Bund auch mit hohen Inflationskosten zu ringen.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Im April ging Finanzminister Brunner noch von einem Defizit von 1,6 Prozent aus – nun sind es 2,7 Prozent

Mehr Budget für Kinderbetreuung, Bundesheer und Unis

Inhaltlich verwies der Finanzminister etwa auf jene 4,5 Milliarden, die bis 2030 für die Kinderbetreuung aufgewendet werden sollen. Für Investitionen im Bereich Sicherheit und Bundesheer würden zwei Millarden Euro mehr als im letzten Finanzrahmen zur Verfügung gestellt. Das Budget für die Universitäten soll in der kommenden Leistungsvereinbarungsperiode (2025–2027) auf insgesamt 16 Milliarden Euro erhöht werden. Die Universitätenkonferenz (uniko) zeigte sich damit vorerst zufrieden.

Rezession erwartet

Dass das Defizit schlechter ausfallen werde als noch im Frühjahr angenommen, liegt nicht zuletzt an den veränderten wirtschaftlichen Voraussetzungen. In ihrer Herbstprognose gingen die Wirtschaftsforschungsinstitute heuer von einer leichten Rezession aus, nachdem davor noch ein moderates Wachstum erwartet worden war.

Brunner: Steigerungen für alle Ressorts

Was die einzelnen Ressorts angeht, sagte Brunner zuletzt in einem „Kurier“-Interview, dass es für alle Ressorts Steigerungen geben werde, jedoch nicht so starke, wie sich das vielleicht jedes Ministerium wünschen würde. Als mittelfristigen Gewinner schilderte der Minister den Bereich Wissenschaft und Forschung, auf den ein besonderer Fokus gelegt werde.

Kurzfristig dürften Justiz, Sicherheit und Klimaschutz besonders gut dotiert werden. Wermutstropfen für die Ressortchefinnen und -chefs ist, dass ihnen für die gestiegenen Zinszahlungen jeweils ein Solidarbeitrag abgefordert wird.

Im Finanzressort will er zudem Klima-Know-how bündeln und einen „Climate-Hub“ einrichten. In diesem sollen klima- und energiepolitische Fragestellungen, die derzeit in den sieben Sektionen behandelt werden, an einer Stelle zusammengezogen werden. Ziel sei, Österreich zum Vorreiter in der strategischen Verknüpfung der Themen Finanzen und Klima zu machen.

Öffentlich ruhige Verhandlungen

Abgelaufen sind die Budgetverhandlungen öffentlich ruhig wie selten. Gerüchte, laut denen die Koalition am Streit über Ausgaben für den Klimaschutz scheitern könnte, haben sich nicht bestätigt. Dennoch ging es hinter den Kulissen höher her als in vergangenen Jahren, wurde der APA von beiden Koalitionsparteien bestätigt. Gefunden hat man sich letztlich, Brunners zweite Budgetrede am Mittwoch wird auch den Segen der Grünen haben.

Nationalratssitzung
ORF/Roland Winkler
Nach der Budgetrede am Mittwoch folgt am Donnerstag dazu die erste Lesung im Nationalrat

Nach der Budgetrede gibt es am Donnerstag im Nationalrat eine erste Aussprache über das Zahlenwerk, ehe es in den zuständigen Ausschuss geht, vermutlich inklusive Expertinnen- und Expertenhearing. Der Beschluss des Bundesfinanzgesetzes ist für November angesetzt. Bis dahin sollen auch die Detailverhandlungen zum Finanzausgleich abgeschlossen sein.

Opposition sieht Regierungsversagen

Die bisher bekannten Zahlen zum Budget sorgten am Montag für Kritik der Opposition. „Wenn ein roter Finanzminister so etwas vorlegt, wird er mit nassen Fetzen erschlagen“, sagte SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer vor Journalistinnen und Journalisten. Die Bundesregierung von ÖVP und Grünen versuche nicht einmal, ein über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Budget darzustellen, so Krainer.

Ähnlich kritisch zeigten sich die anderen Oppositionsfraktionen. Für die FPÖ sind die bisher bekannten Details aus dem Budget ein „Beweis für das völlige Versagen von Schwarz-Grün“, für NEOS „zementiert“ die Regierung damit einmal mehr die Vergangenheit ein, statt auf Zukunftsbereiche zu setzen, berichtete das Ö1-Mittagsjournal am Montag.

IHS-Chef: Investitionen in Schlüsseltechnologien

IHS-Chef Holger Bonin meinte am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“, einige der im Vorfeld bekanntgewordenen Details hätten durchaus „investiven“ Charakter. Etwa von der für die Wissenschaft angekündigten Mittelerhöhung erwarte er sich Investitionen in Schlüsseltechnologien, die langfristig Wachstumspotenzial hätten.

Auch deuteten sich Förderungen für energetische Gebäudesanierung an. Das sei „sinnvoll“, schlage man damit doch „zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagte der IHS-Chef. Zum einen stabilisiere man damit die Bauwirtschaft, zum anderen leiste man damit einen Beitrag zur Dekarbonisierung.

Fiskalratschef zeigt sich besorgt

Fiskalratschef Christoph Badelt zeigte sich noch zurückhaltend mit einer Bewertung des Haushaltsentwurfs. In der ZIB1 am Montag hob er das ausgeglichene Haushaltsbudget mit einem leichten Plus vor der Pandemie hervor. Infolgedessen habe man die Inflationskrise und auch andere Krisen budgetär gut verkraftet. Im Augenblick sei man aber dabei, nicht mehr diese gute Position wiederzugewinnen, so der Fiskalratschef weiter. „Und das macht mir Sorgen.“

Größeres Loch im Staatshaushalt als erwartet

Am Mittwoch steht die Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) an, doch es sind schon Zahlen durchgesickert, und die sind deutlich schlechter als erwartet. Die schwächelnde Wirtschaft und die weiterhin hohe Teuerung dürften heuer ein viel größeres Loch im Staatshaushalt hinterlassen haben als zunächst angenommen.

Thinktanks: Ausgabenbremse und Konjunkturpaket

Der arbeitgebernahe Thinktank Agenda Austria wies in einer Aussendung darauf hin, dass der Bundeshaushalt seit den 1970er Jahren lediglich im Jahr 2019 einen Überschuss zu verzeichnen hatte. „Österreich sollte sich Schweden zum Vorbild nehmen und eine Ausgabenbremse einziehen, damit wenigstens in guten Jahren Überschüsse anfallen“, forderte Franz Schellhorn, Leiter der Agenda Austria.

Für das arbeitnehmernahe Momentum Institut argumentierte Ökonomin Sophie Achleitner für ein Konjunkturpaket, um die Wirtschaft anzukurbeln. Während das BIP im EU-Schnitt zwischen dem ersten und zweiten Quartal 2023 nämlich noch leicht zugelegt habe, sei Österreich mit minus 0,8 Prozent Vorletzter unter den europäischen Ländern.