Arbeiter bearbeitet Rohrstücke mit einem Winkelschleifer
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KV-Verhandlungen

Metaller stellen Arbeitgebern Rute ins Fenster

Nach den bisher ergebnislosen Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 120.000 Beschäftigten der Metallindustrie erhöhen diese den Druck. Am Montag wurden laut einer Aussendung bundesweite Betriebsversammlungen beschlossen, sollte am Freitag „kein Abschluss zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern erzielt“ werden, hieß es.

Rund 2.300 Belegschaftsvertreterinnen und Belegschaftsvertreter beschlossen laut Aussendung einstimmig, zwischen 21. Oktober und 1. November Betriebsversammlungen in allen Betrieben der gesamten Metallindustrie und im Bergbau abzuhalten, sofern es bei der nächsten Gesprächsrunde zu keinem Abschluss kommt. Die „Bereitschaft, Maßnahmen in den Betrieben zu setzen“, sei groß.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer forderten „ein faires Angebot“, so die beiden Chefverhandler der Arbeitnehmerseite, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). Auf die Betriebsversammlungen könnten weitere Maßnahmen folgen. Die Arbeitgeber hatten zuletzt eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent und eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung in Höhe von 1.050 Euro angeboten.

Gewerkschaften beharren auf plus 11,6 Prozent

Zugleich rechneten sie vor, dass das zusammen mit den Maßnahmen der Bundesregierung – wie der Abschaffung der kalten Progression – ein Lohnplus von rund sieben Prozent bringen würde. Dürtscher bezeichnete das als „Vodoo-Rechnung“. Die Gewerkschaften bleiben weiterhin bei ihrer Forderung nach 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Am 25. September hatten Binder und Dürtscher ihre Forderung an die Arbeitgeber überreicht, seitdem fanden zwei ergebnislose Verhandlungsrunden statt.

Grafik zu Metallerabschlüssen seit 2017
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Vor allem die Kaufkraft müsse gestärkt werden, die Beschäftigten der Metallindustrie könnten sich seit dem KV-Abschluss im Vorjahr um fast zehn Prozent weniger leisten. „Ohne eine deutliche Stärkung der Einkommen wird es keinen raschen Aufschwung 2024 geben. Das sehen alle wichtigen Wirtschaftsforscher so. Die Industrie hat eine klare Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagen Binder und Dürtscher laut Aussendung.

IHS-Chef schlägt flexiblen Abschluss vor

Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Holger Bonin, brachte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag einen „möglichst flexiblen“ Abschluss ins Spiel. Es gebe zwar Unternehmen, die sich einen Abschluss in der Höhe der Inflation von 9,6 Prozent leisten könnten, andere aber nicht. Er schlägt daher vor, dass diese „nach unten abweichen“, um Beschäftigung zu sichern. Wie Bonin sagte, könne er sich aber nur „schwer praktisch vorstellen, dass der Abschluss sehr weit unter der Inflationsrate liegt“.

Denn auch die Gewerkschaft habe Erwartungen zu bedienen. Zu den bei den Gewerkschaften unbeliebten Einmalzahlungen sagte der Ökonom, dass man im Kollektivvertrag vereinbaren könnte, dass diese Zahlungen bei den Verhandlungen im Jahr darauf miteinbezogen werden. Darüber hinaus könnte auch eine Wahloption, die Lohnerhöhung in weniger Arbeitsstunden, also in mehr Freizeit, umzuwandeln, für beide Seiten attraktiv sein – sie hätte zudem eine inflationsdämpfende Wirkung, so Bonin.

Andere Branchen liegen bei Inflationsrate

Die Abschlüsse der vergangenen Wochen in anderen Branchen lagen alle bei rund zehn Prozent plus, bei einer Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate von 9,6 Prozent. Die Pensionen steigen um 9,7 Prozent, die Sozialberufe haben in ihrer KV-Runde ein Plus von 15 Prozent gefordert. Den höchsten Abschluss in letzter Zeit haben die Paketzusteller erzielt, sie bekommen 16 Prozent mehr Lohn.

Die Wirtschaftsforscher von WIFO und IHS haben in ihrer Konjunkturprognose KV-Abschlüsse bei der Herbstlohnrunde auf Höhe der rollierenden Inflation – sprich 9,6 Prozent – bereits eingepreist. WIFO-Experte Benjamin Bittschi verwies am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal darauf, dass auch bei sämtlichen KV-Abschlüssen in den vergangenen Monaten die Zwölfmonatsinflation maßgebend war und bei einem Lohn- und Gehaltsplus von rund zehn Prozent abgeschlossen wurde.

Zuletzt hatten WIFO und IHS verkündet, dass sie heuer eine milde Rezession und einen leichten Aufschwung im kommenden Jahr erwarten. Für den heuer schrumpfenden und 2024 stagnierenden Industriesektor sahen die heimischen Ökonomen keinen Bedarf für ein Konjunkturprogramm.