Westbalkan-Gipfel in Tirana

Die Staats- und Regierungsspitzen des Berliner Prozesses sind heute zu ihrem jährlichen Gipfel in der albanischen Hauptstadt Tirana zusammengekommen. Der Berliner Prozess wurde 2014 ins Leben gerufen, um die regionale Zusammenarbeit der sechs Westbalkan-Staaten, welche eine EU-Mitgliedschaft anstreben, zu fördern. Österreich ist durch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vertreten.

Die sechs EU-Bewerber auf dem Westbalkan sind Albanien, Bosnien-Herzegowina, der Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Seitens der EU-Länder federführend beim Berliner Prozess sind Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Bulgarien, Griechenland, Polen und Slowenien. Mit an Bord sind außerdem etwa die EU-Kommission und internationale Finanzinstitute, denn der Berliner Prozess fördert – unabhängig vom regulären Stabilisierungs- und Beitrittsprozess – konkrete Regionalprojekte, beispielsweise im Verkehrs- und Energiebereich.

Beitrittsperspektive

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz verwies bei seinem Eintreffen in Tirana auf den EU-Gipfel von Thessaloniki im Jahr 2003, auf dem den sechs Westbalkan-Ländern eine EU-Beitrittsperspektive zugesagt wurde. 20 Jahre danach sei für ihn „ganz, ganz klar, dass es bald einmal so weit sein muss“, dass die Länder auch tatsächlich in die Union aufgenommen werden.

Schallenberg wandte sich gegen ein „binäres Denken von drinnen oder draußen“ in Sachen EU. Versprochenes Ziel sei die Mitgliedschaft. Auf dem Weg dorthin könne es aber volle Einbindung in einzelne EU-Agenturen oder bestimmte Politikbereiche wie die Forschung geben. Außerdem will Schallenberg mit den Westbalkan-Staaten zum gegenseitigen besseren Verständnis nicht nur über deren EU-Integration sprechen, sondern sich auch über weltpolitische Themen wie Russland und den Nahost-Konflikt austauschen. Die EU-Erweiterung müsse als geostrategisches Interesse betrachtet werden, nicht als bürokratisches Projekt, strich er hervor.

Kosovo-Serbien-Treffen möglich

Laut der Nachrichtenagentur Reuters könnte es in Tirana möglicherweise am Rande zu einem Treffen von Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Vertretern des Kosovo und Serbiens kommen. Die Spannungen zwischen Belgrad und Prishtina waren jüngst wieder eskaliert. Im von Serben dominierten Nordkosovo überfielen Ende September 30 bewaffnete Serben eine Polizeistation. Drei der Angreifer und ein Polizist wurden getötet.

Die NATO stockte ihre Schutztruppe KFOR im Kosovo auf. Vor diesem Hintergrund sei es „wichtig, dass beide Länder in Tirana überhaupt wieder an einem Tisch sitzen werden“, zitierte Reuters einen EU-Diplomaten.