Polizeikräfte am Tatort
AP/Martin Meissner
Brüssel-Attentat

Verdächtiger tot

Nach den tödlichen Schüssen auf zwei Schweden in Brüssel ist der mutmaßliche Täter gestorben. Abdesalem L. war bei seiner Verhaftung am Dienstag von der Polizei angeschossen worden und sei gegen 9.30 Uhr verstorben, meldeten belgische Medien mit Berufung auf die Staatsanwaltschaft. Der 45-Jährige wurde verdächtigt, am Montag zwei Schweden in der belgischen Hauptstadt erschossen und eine weitere Person verletzt haben.

Dass es Komplizen gibt, will Innenministerin Annelies Verlinden nicht ausschließen. Ihren Angaben zufolge wurde die Tatwaffe nahe dem Ort der Festnahme, einem Cafe im Stadtteil Schaerbeek, gefunden. Nach vorherigen Angaben von Justizminister Vincent van Quickenborne handelte es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 45-jährigen Tunesier, der im November 2019 in Belgien Asyl beantragt habe. Die Staatssekretärin für Asyl und Migration, Nicole de Moor, sagte, sein Asylantrag sei negativ beschieden worden, er sei im Februar 2021 offiziell aus dem Nationalregister gestrichen worden.

Laut Justizminister van Quickenborne war der Mann der Polizei im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen. Im Juli 2016 wurden von einer ausländischen Polizeibehörde unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Mann ein radikalisiertes Profil habe und in ein Konfliktgebiet in den Dschihad ziehen wolle, wie van Quickenborne sagte. „Darüber hinaus gab es, soweit unseren Diensten bekannt ist, keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung.“

Brüssel: Terrorist nach Verhaftung gestorben

In der belgischen Hauptstadt Brüssel ist der Attentäter, einen Tag nachdem er zwei schwedische Staatsbürger erschossen hat, selbst Schussverletzungen durch die Polizei erlegen. Bis Dienstagfrüh war er noch auf der Flucht.

Höchste Bedrohungslage für Brüssel

Premierminister Alexander De Croo hatte Dienstagfrüh gesagt, weil die Bedrohungslage für Brüssel auf die höchste Stufe hochgestuft worden sei, werde es nun eine verstärkte Polizeipräsenz geben. Auch an einer Reihe von sensiblen Orten, insbesondere an Orten, die mit der schwedischen Gemeinschaft in Verbindung stehen, würden verstärkte Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Am Nachmittag solle der Nationale Sicherheitsrat zusammenkommen.

Polizeikräfte am Tatort
AP/Martin Meissner
In einem Cafe im Stadtteil Schaerbeek wurde der mutmaßliche Attentäter gefasst

Am frühen Montagabend war laut Nachrichtenagentur Belga ein bewaffneter Mann im Norden der Innenstadt von einem Roller abgestiegen und hatte auf der Straße Schüsse abgegeben. Als mehrere Menschen in einen Hauseingang flohen, soll er sie verfolgt und auf sie geschossen haben. Die Polizei bestätigte diese Angaben nicht. De Croo schrieb auf Twitter (X), bei den Todesopfern handle es sich um schwedische Staatsbürger. Das dritte Opfer ist laut Staatsanwaltschaft inzwischen außer Lebensgefahr.

Opfer sollen Fußballfans gewesen sein

Die Tat ereignete sich kurz nach 19.00 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt unmittelbar vor einem EM-Qualifikationsspiel im Brüsseler König-Baudouin-Stadion. Mehreren Medienberichten zufolge handelt es sich bei den Opfern um schwedische Fans.

Die beiden starben rund fünf Kilometer entfernt vom Brüsseler Fußballstadion. Das EM-Qualifikationsspiel wurde beim Stand von 1:1 abgebrochen. Die Nachricht vom Tod der beiden verbreitete sich in der Halbzeitpause. Nach Angaben des schwedischen TV-Senders SVT hätten die Spieler der schwedischen Nationalmannschaft daraufhin beschlossen, das Spiel nicht fortzusetzen. Die belgischen Spieler hätten sich dem angeschlossen. Mehrere Tausend Menschen mussten aus Sicherheitsgründen zunächst im Brüsseler Fußballstadion ausharren, bis sie fortgebracht werden konnten.

Womöglich Bekennervideo

Nach Angaben der für Terrorismus zuständigen belgischen Bundesstaatsanwaltschaft gibt es bisher keine Hinweise, dass eine Verbindung zwischen dem Angriff in Brüssel und dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel besteht. Die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer könnte eine Motivation für die Tat sein, zitierte die belgische Nachrichtenagentur Belga einen Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft.

Aus Ermittlerkreisen hieß es, in Onlinediensten kursiere ein Bekennervideo, auf dem ein Mann arabisch spreche. In einem weiteren Video, das auf der Website der flämischen Zeitung „Het Laatste Nieuws“ veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie der mutmaßliche Schütze in einer orangefarbenen Jacke eine automatische Waffe schultert und auf einem Motorroller davonfährt. Parallel sind mindestens vier Schüsse zu hören. In sozialen Netzwerken wurden unbestätigte Aufnahmen eines Mannes verbreitet, der sich als ein Mitglied des IS bezeichnet und erklärt, er habe drei Schweden getötet. Es ist unklar, ob es sich bei dem nun Festgenommenen um denselben Mann handelt.

Publikum beim Match Belgien – Schweden in Brüssel
Reuters/Yves Herman
Das Fußballspiel wurde nach der ersten Halbzeit abgebrochen

Schwedischer Premier: „Grenzen besser kontrollieren“

De Croo drückte dem schwedischen Premier Ulf Kristersson sein aufrichtiges Beileid aus: „Als enge Partner ist der Kampf gegen den Terrorismus ein gemeinsamer Kampf.“ Kristersson rief die Schweden und Schwedinnen in Belgien zur Wachsamkeit auf. Bei einer Pressekonferenz in Stockholm am Dienstag sagte er: „Wir in Schweden und in der EU müssen unsere Grenzen besser kontrollieren.“

Der mutmaßliche Täter habe sich vor dem Anschlag zeitweise in Schweden aufgehalten. Schwedens Ministerpräsident bezeichnete den Anschlag als kaltblütig. „Alles deutet darauf hin, dass das ein Terroranschlag ist, der sich gegen Schweden und schwedische Mitbürger richtet, nur weil sie Schweden sind“, sagte Kristersson auf der Pressekonferenz.

Der schwedische Justizminister Gunnar Strommer sprach am Montag von „schrecklichen Nachrichten aus Brüssel“. Schweden hatte im August seine Terrorwarnstufe auf die zweithöchste Stufe angehoben, nachdem Koranverbrennungen in Schweden Muslime empört hatten. Die schwedische Regierung verurteilte die Verbrennungen.

Nehammer: „Stehen Seite an Seite“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „feigen Anschlag“ und drückte den Menschen in Schweden ihr Beileid aus. Der belgische EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb auf Twitter (X): „Das Herz Europas wird von Gewalt getroffen. Mein Mitgefühl gilt den Familien der Opfer des tödlichen Anschlags im Zentrum von Brüssel.“ Der belgische Königspalast zeigte sich „schockiert“ und drückte seine „Unterstützung für die Sicherheitskräfte aus, die alles tun, um den Urheber der Taten zu fassen“, hieß es auf der Plattform.

Polizisten suchen den Attentäter in Brüssel
Reuters/Yves Herman
Die Polizei sucht weiter nach möglichen Komplizen

Ähnlich äußerte sich Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. „Italien verurteilt entschieden jede Form von Gewalt, Fanatismus und Terrorismus und drückt den Opfern und ihren Familien sein tiefstes Mitgefühl aus“, hieß es in einer Erklärung. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte die Tat „auf das Schärfste“. „Wir stehen im Kampf gegen Terror und Extremismus Seite an Seite“, betonte Nehammer auf Twitter. Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) verurteilte das Attentat.

Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin kündigte an, die Grenzkontrollen zum Nachbarland Belgien verschärfen zu wollen. Am Freitag war in einer Schule in Nordfrankreich ein Französischlehrer von einem radikalisierten ehemaligen Schüler getötet worden. Die Staatsanwalt teilte am Montag mit, dass er sich zuvor in einer Audiobotschaft zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt hatte. In Frankreich gilt seit der Tat die höchste Alarmstufe.

Belgien mehrfach Ziel terroristischer Anschläge

Der Rat der Muslime in Belgien verurteilte das Attentat. Er forderte die Behörden „zu größter Entschlossenheit auf, um unsere nationale Gemeinschaft zu schützen und so schnell wie möglich Licht ins Dunkel zu bringen“.

Belgien war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel von Anschlägen. Am 22. März 2016 sprengten sich in der Hauptstadt Brüssel drei Selbstmordattentäter im Flughafen und in einer U-Bahn-Station in die Luft. Dabei wurden 35 Menschen getötet und fast 700 weitere verletzt. Zu den Taten bekannte sich die Terrormiliz IS.

Im November 2022 hatte ebenfalls in Brüssel ein mit einem Messer bewaffneter Mann zwei Polizisten angegriffen, wobei einer von ihnen getötet und der andere schwer verletzt wurde. Die Bundesstaatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein.