Schild der COFAG am Mediatower
ORF.at/Roland Winkler
Auszahlungen gehen weiter

VfGH kippt Teile der COFAG-Grundlagen

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat nach monatelanger Prüfung der gesetzlichen Grundlagen zur Auszahlung von CoV-Hilfen durch die Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) Teile der rechtlichen Grundlagen dafür gekippt. Der Grund sind Verstöße gegen die Verfassung. Auch Richtlinien des Finanzministeriums zur Auszahlung von Finanzhilfen sind zum Teil rechtswidrig, teilte das Höchstgericht am Dienstag mit. Die Auszahlungen können jedoch weitergehen, betonten VfGH und Finanzministerium.

„Die Aufhebung der verfassungswidrigen Bestimmungen tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2024 in Kraft“, teilte der VfGH mit. Diese Fristsetzung erachtet das Höchstgericht als „notwendig, weil der Bundesgesetzgeber infolge der Aufhebung sowohl für die weitere Tätigkeit der COFAG als auch für die voraussichtlich notwendige Abwicklung dieser Gesellschaft nähere Regelungen erlassen muss“.

„Bis zur Erlassung derartiger gesetzlicher Regelungen kann die COFAG weiterhin die ihr durch das ABBAG-Gesetz übertragenen Aufgaben besorgen und daher auch Finanzhilfen auszahlen“, so der VfGH. Errichtet wurde die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH nach dem ABBAG-Gesetz. Die ABBAG war nach der Finanzkrise für die staatlichen Bankenunterstützungen gegründet worden.

VfGH kippt Teil der COFAG-Grundlagen

Für die Abwicklung der rund 19 Milliarden Euro an Fördergeldern während der CoV-Pandemie wurde die Finanzierungsagentur COFAG gegründet. Nach monatelanger Prüfung kippte der Verfassungsgerichtshof nun Teile der COFAG-Grundlagen.

Das ABBAG-Gesetz ermöglicht „finanzielle Maßnahmen“ für Firmen, die pandemiebedingt in finanzielle Probleme geraten sind. Dafür wurde die mit bis zu 19 Milliarden Euro ausgestattete COFAG als GmbH gegründet. Diese ist an Richtlinien gebunden, die aufgrund des Proporzes vom Finanzminister einvernehmlich mit dem Vizekanzler als Verordnungen erlassen werden. Weitere Vorgaben ergeben sich aus einem zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrag, den die COFAG mit dem Bund, vertreten durch den Finanzminister, abgeschlossen hat.

Teile des ABBAG-Gesetzes verfassungswidrig

Konkret hob der VfGH mehrere Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Abbaubeteiligungs AG des Bundes (ABBAG-Gesetz) als verfassungswidrig auf. Neben diesen Bestimmungen zur COFAG hob der VfGH auch Teile der als Verordnungen erlassenen Richtlinien als gesetzwidrig auf, die die Auszahlung von Finanzhilfen durch die COFAG regeln. Die Aufhebung dieser gesetzwidrigen Bestimmungen der Richtlinien tritt mit Ablauf des 15. April 2024 in Kraft.

Die Voraussetzungen für eine Ausgliederung sind laut VfGH nur teilweise gegeben. Denn auch wenn der Gesetzgeber Aufgaben der staatlichen Privatwirtschaftsverwaltung auf den privaten Rechtsträger COFAG übertragen hat, stellt die Tätigkeit der COFAG (im Sinne des Artikels 20 Abs. 1 B-VG) staatliche Verwaltung dar.

Die COFAG steht nämlich sowohl in einem spezifischen organisatorischen Naheverhältnis zum Bund als mittelbarem Alleingesellschafter als auch aufgrund der zu besorgenden Aufgaben in einem spezifischen funktionellen Naheverhältnis zum Bund. Die Ausgliederung muss also andere Voraussetzungen erfüllen. Derzeit verstößt diese laut VfGH gegen das Sachlichkeitsgebot.

Antrag der Wiener Lokalbahnen Anlass für Prüfung

Als sachlich nicht gerechtfertigt und daher verfassungswidrig hob der VfGH zudem die Bestimmung auf, dass auf die Gewährung von Covid-19-Ausgleichsleistungen kein Rechtsanspruch besteht (Paragraf 3b Abs. 2 ABBAG-Gesetz). Hier geht es darum, dass die Finanzhilfen als Entschädigung für Nachteile anzusehen sind, die Unternehmen durch epidemierechtliche Maßnahmen wie Lockdowns erlitten haben. In einem solchen Fall muss es aber einen Rechtsanspruch geben, so der VfGH.

Anlass für die Prüfung des ABBAG-Gesetzes war ein Antrag der Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste GmbH, nachdem die COFAG einen vom Unternehmen beantragten Fixkostenzuschuss nicht gewährt hatte. Im Rahmen dieser Gesetzesprüfung hat der VfGH entschieden, dass die Regeln betreffend die COFAG im ABBAG-Gesetz teilweise verfassungswidrig sind. Einerseits sei die Art und Weise der Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf eine GmbH – also eine Ausgliederung – „unsachlich“. Andererseits hätten Unternehmen „zu Unrecht keinen Rechtsanspruch auf Finanzhilfen“.

„Standard“: Noch 450 Mio. Euro für 2024 budgetiert

Für nächstes Jahr habe das Finanzministerium noch „COFAG-Zuschüsse“ in Höhe von 450 Millionen Euro budgetiert, schrieb der „Standard“ zuletzt unter Berufung auf interne Unterlagen des Ministeriums. Kommentieren wollte man diese Summe dort laut der Zeitung nicht, versprach aber bereits, dass die Abbaugesellschaft des Bundes, die die COFAG abwickelt, ein Konzept fertigstellen werde, sobald das Urteil des VfGH vorliege.

„Noch offene Fälle werden selbstverständlich erledigt.“ Die COFAG war in der Zeit von Gernot Blümel (ÖVP) als Finanzminister eilig ins Leben gerufen worden. Grund waren rasch nötige Staatshilfen für Firmen aufgrund der Pandemie.

Opposition übt Kritik

Von der Opposition gab es von Anfang an Kritik am Konstrukt. Vor allem wurde bzw. wird dort eine mangelnde parlamentarische Kontrolle gesehen. Dementsprechend übte SPÖ-Chef Andreas Babler am Dienstag harsche Kritik. In einer Pressekonferenz sprach er von einem der größten Finanzskandale der Zweiten Republik. Es gehe nicht, dass Milliardenbeiträge vorbei an demokratischer Kontrolle ausbezahlt worden seien. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass Großkonzerne überproportional profitiert hätten.

NEOS zeigte sich ebenfalls „nicht überrascht“ über die Entscheidung des VfGH. Man habe ja seinerzeit gemeinsam mit der SPÖ auch versucht, die COFAG vor den VfGH zu bringen, erinnerte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Rande einer Pressekonferenz.

Auch die Freiheitlichen sahen sich „bestätigt“ in dem, was sie „von Anfang an gesagt“ hätten und wollen die COFAG „näher untersuchen“, ohne vorerst von einem angedachten U-Ausschuss zu sprechen: „Die Übertragung der Abwicklung der Covid-Hilfsgelder an die eigens dafür gegründete COFAG war rechtswidrig. Der VfGH bestätigt damit das schwarz-grüne Totalversagen“, so FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.

Ausstehende Hilfen werden weiter ausbezahlt

„Die COFAG-Gründung fiel in eine Zeit mit hoher Dringlichkeit und weitreichender rechtlicher Unsicherheit“, teilte das Büro von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Stellungnahme mit. Bereits vor Monaten sei die ABBAG von Brunner beauftragt worden, ein Konzept zur Abwicklung der COFAG zu erstellen. „Die nun erfolgte Entscheidung des VfGH bereinigt rechtliche Unklarheiten und wird in diesen Prozess einfließen. Auf bereits ausbezahlte COFAG-Hilfen hat die Entscheidung keine Auswirkungen.“

Noch auszuzahlende Hilfen würden selbstverständlich weiter bearbeitet, da die Frist des Verfassungsgerichtshofs eine Auszahlung bis 31. Oktober 2024 ermöglicht. Darüber hinaus bestehe allenfalls die Möglichkeit, die rechtliche Basis im Sinne der Entscheidung anzupassen.

Keine Bedenken hatte der VfGH gegen den Ausschluss öffentlicher Unternehmen von Finanzhilfen. Der Antrag der Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste GmbH, die im alleinigen Eigentum der Stadt Wien steht und deren Antrag das Gesetzesprüfungsverfahren ausgelöst hatte, wurde daher ebenso abgewiesen wie die Anträge mehrerer anderer Gesellschaften, die im (unmittelbaren oder mittelbaren) Alleineigentum von Bundesländern oder Gemeinden stehen.

Verstöße gegen Gleichheitsgrundsatz

Gegen das ABBAG-Gesetz verstößt laut Höchstgericht auch die Freistellung der COFAG von Weisungen, denn wie bereits früher vom VfGH festgestellt besorgt diese die staatliche Verwaltung. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, die COFAG der Leitungs- und Aufsichtsbefugnis eines obersten Organs der Vollziehung des Finanzministers zu unterstellen. Die vom Finanzminister proporzhaft mit dem Vizekanzler durch Verordnungen erlassenen Richtlinien sehen laut VfGH hingegen vor, dass die Organe der COFAG innerhalb dieser Richtlinien bei ihrer Entscheidung weisungsfrei sind.

„Gleichheitswidrig“ ist laut VfGH wiederum „die Anknüpfung des Ausschlusses von Finanzhilfen an den Zeitpunkt der Verhängung finanzstrafrechtlicher Sanktionen.“ Betriebe nur deshalb von Covid-Hilfen auszuschließen, weil diese oder deren geschäftsführenden Organe in den fünf Jahren vor der Antragstellung wegen eines vorsätzlichen Finanzdeliktes eine Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße von über 10.000 Euro bekommen haben, „verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz“.

Es liege zwar im Regelungsspielraum des Gesetzgebers, Förderungen an steuerliches Wohlverhalten zu knüpfen. Der vorliegende Ausschlussgrund knüpfe jedoch an den Zeitpunkt der Verhängung einer finanzstrafrechtlichen Sanktion (Strafe oder Geldbuße) und nicht an den Tatzeitpunkt des Finanzvergehens an.