Karina Canellakis vor Einstand mit RSO Wien

Von einer Generationenablöse am Pult ist in dieser Klassiksaison sehr viel die Rede, und in Stellung bringen sich im Aufzeigen für die Zukunft des Dirigierens eine Reihe von Dirigentinnen. Am Sonntag wird die US-amerikanische Dirigentin Karina Canellakis im Großen Wiener Musikvereinsaal ihr Debüt mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien geben. Insgesamt drei weitere Male wird die 1981 geborene Amerikanerin in Wien zu erleben sein.

Einem größeren Klassikpublikum ist Canellakis nicht zuletzt durch die Leitung von Ludwig van Beethovens „Neunter Symphonie“ im Wiener Belvedere 2021 gemeinsam mit den Wiener Symphonikern bekannt.

Für ihren RSO-Wien-Einstand am Sonntag hat sie mit Leos Janaceks „Glagolitischer Messe“ ein, wie es in Fachkreisen heißt, „schlechthin großes Werk“ ausgewählt, das an Orchester, Chor und Solistinnen besondere Herausforderungen stellt. Janacek hat seine Messe (1926–1928) im alten Kirchenslawisch geschrieben, nicht so sehr aus religiösen Gründen als zur Untermauerung eines neuen slawischen Identitätsgefühls. Und auch, wie er selber zum Ausdruck bringen wollte, „um nicht zum alten Eisen zu gehören“.

Karina Canellakis beim Dirigieren im Garten des Wiener Belvederes 2021
Roman Zach-Kiesling / First Look / picturedesk.com

Zeitreise zurück zu den Werksentstehungen

„Es ist ein großes Werk, das sehr viel Vorarbeit verlangt“, so Canellakis, die in diesen Tagen gerade das Werk mit dem RSO Wien in Wien erarbeitet. Sie selbst freue sich sehr auf das Klangerlebnis im Großen Musikvereinssaal, habe sie diesen doch bereits als Geigerin erleben dürfen.

„Dieser Saal ermöglicht Klangfülle ebenso wie die Intimität des Klangs“, so Canellakis, die neben Janacek auch Bela Bartoks „Vier Stücke für Orchester“, op. 12 Sz 51 (1912–1921) im ersten Teil des Abends präsentiert. Zu hören, als Schwellenstück zur Moderne quasi, gibt es auch Antonin Dvoraks „sinphonische Dichtung“ „Die Waldtaube“, c-Moll op. 110 (1899), die quasi überleitet in den Moderneschwerpunkt, den sich Canellakis mit dem RSO Wien verordnet hat.

Dass Canellakis um das nicht immer leichte Standing der Rundfunkorchester in der Gegenwart weiß, darf man voraussetzen, ist sie selbst doch Chefdirigentin des Niederländischen Radio Philharmonie Orchesters. Ihren Ansatz für die Vermittlung der Musik, nicht zuletzt auch der Moderne, beschrieb sie im Vorfeld mit dem Versuch, das Publikum in eine „Zeitreise zu bringen, das Setting der Werkentstehungen wiedererleben“ zu können.