Die ehemalige ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremser
ORF/Roland Winkler
Kurz-Prozess

Auftakt mit Diversion für Glatz-Kremsner

Unter großem Medienrummel ist am Mittwoch der erste Prozesstag gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über die Bühne gegangen. Wie Kurz standen auch dessen Ex-Büroleiter Bernhard Bonelli und die frühere Casinos-Austria-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner wegen mutmaßlicher Falschaussage vor Gericht. Für Letztere schlug der Richter am Ende des Prozesstages eine Diversion vor.

Der Medienandrang war enorm. Vor Beginn des Prozesses hatten sich mehr als 80 Journalisten und Journalistinnen aus dem In- und Ausland im Großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht für Strafsachen Wien versammelt. Kurz nach 9.30 Uhr eröffnete Richter Michael Radasztics den Prozess. Die Anklage verlas ihren Strafantrag, die Verteidigung von Kurz und Bonelli widersprachen der Argumentation der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Glatz-Kremsner räumte jedoch ein Fehlverhalten ein, was ihr wohl zur Diversion verhalf.

Glatz-Kremsner war Erstangeklagte. Ihr war vorgeworfen worden, als Auskunftsperson im „Ibiza“-U-Ausschuss und im Verfahren rund um die Casinos Austria AG (CASAG) falsch ausgesagt zu haben. Entgegen Chats und Aktennotizen habe sie behauptet, den FPÖ-Vertrauten Peter Sidlo nicht in dessen Ambitionen unterstützt zu haben, CASAG-Vorstand zu werden. „Ich habe Fehler gemacht“, so die frühere ÖVP-Vizechefin während der Einvernahme durch den Richter. Fragen der WKStA beantwortete Glatz-Kremsner hingegen nicht.

Sebastian Kurz am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland WInkler
Der Prozessauftakt am Mittwoch war auch ein mediales Ereignis

Die WKStA sprach sich auch aus „generalpräventiven Gründen“ gegen eine diversionelle Erledigung aus, was aber keine Auswirkung auf die Entscheidung von Richter Radasztics hatte. Die Ex-Casinos-Generaldirektorin muss konkret binnen zwei Wochen einen Geldbetrag von 104.060 Euro zahlen. Das Hauptverfahren wurde vertagt, zahlt Glatz-Kremsner den Geldbetrag ein, wird das Verfahren geschlossen. Die WKStA könnte dann noch Rechtsmittel dagegen einlegen.

Kurz-Prozess: Diversion für Glatz-Kremsner

Unter großem Medienrummel ist am Mittwoch der erste Prozesstag gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über die Bühne gegangen. Wie Kurz standen auch dessen Ex-Büroleiter Bernhard Bonelli und die frühere Casinos-Austria-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner wegen mutmaßlicher Falschaussage vor Gericht. Für Letztere schlug der Richter am Ende des Prozesstages eine Diversion vor. Sebastian Kurz (ÖVP) und Bernhard Bonelli beantragen einen Freispruch.

Verteidigung wollte WKStA-Argumente zerpflücken

Zuvor hatten die Anwälte von Kurz und Bonelli den Strafantrag der WKStA kritisiert und den Staatsanwälten mangelnde Objektivität vorgeworfen. Kurz und Bonelli wird vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem U-Ausschuss im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt.

Er habe die Bestellung Schmids nicht befördert, habe Kurz im U-Ausschuss angegeben. Tatsächlich sei die Initiative aber vom ehemaligen ÖVP-Chef ausgegangen. Kurz habe seine Rolle „geleugnet“, indem er mit seinen Antworten ein „Gesamtbild“ geschildert habe, in dem er sich als Akteur aus dem Spiel genommen habe. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Kurz-Anwalt: Zeitdruck im U-Ausschuss

Kurz’ Anwalt Otto Dietrich bezeichnete die Vorwürfe der WKStA gegen seinen Mandanten als nicht nachvollziehbar und plädierte für einen Freispruch. Dessen Aussagen als Auskunftsperson im U-Ausschuss seien richtig gewesen und stimmten auch mit der Wirklichkeit überein. Es gebe auch kein Beweisergebnis, dass der Ex-Kanzler persönlich über die Vorstandsbesetzung der Staatsholding ÖBAG entschieden habe, meinte dessen Anwalt zum Vorwurf, der Ex-Kanzler habe seine Rolle heruntergespielt.

Richter Michael Radasztics
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Richter Radasztics schlug eine Diversion für Glatz-Kremsner vor, Kurz und Bonelli werden am Freitag befragt

„Bei nüchterner und objektiver Betrachtung“ ließen sich die im Strafantrag enthaltenen Vorwürfe nicht aufrechterhalten, so Dietrich. Der Anwalt sprach außerdem von unvollständigen und unterstellenden Fragen durch manche Abgeordneten im U-Ausschuss, die Stimmung dort sei aggressiv gewesen und nicht zu vergleichen etwa mit einer Gerichtsverhandlung.

Im U-Ausschuss herrsche Zeitdruck, was auch zu unvollständigen Antworten führen könne, sagte der Anwalt. Zudem sei in einem Fall ein Fehler bei der Protokollierung passiert. Auch Fehler bei der Protokollierung könnten passieren. Ein „na“ von Kurz sei zu einem „nein“ geworden.

Vorwürfe von Suppan gegen WKStA

Schwerwiegende Vorwürfe in Richtung WKStA kamen von Bonellis Verteidiger Werner Suppan. Er machte darauf aufmerksam, dass Aussagen der Ex-Minister Gernot Blümel und Hartwig Löger (beide ÖVP) zu den Koalitionsverhandlungen im Strafantrag wortgleich seien. Im Strafantrag sei zweimal die Antwort Blümels zitiert und behauptet worden, Löger hätte wortgleich ausgesagt.

„Diese Behauptung ist ein Fake, der Strafantrag ist ein Falschantrag“, so der Verteidiger. Der Vorsitzende wollte von Suppan wissen, ob er daraus eine Verfolgung wegen Amtsmissbrauchs ableiten wolle. Er wolle das dem Richter überlassen, so der Verteidiger. Die WKStA räumte einen „Screenshot-Fehler“ ein, von einem „Fake“ könne aber keine Rede sein, so die WKStA anschließend.

Roland Koch und Gregor Adamovic
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Die beiden WKStA-Oberstaatsanwälte Roland Koch und Gregor Adamovic teilten sich die Verlesung der Vorwürfe auf

WKStA: Wahrheitsfindung auch im U-Ausschuss wichtig

Die Wahrheitsfindung in U-Ausschüssen sei genauso wichtig wie bei Gerichtsverfahren, hatte zuvor der Vertreter der WKStA beim Verlesen des Strafantrags betont. Ein parlamentarischer U-Ausschuss ziele zwar nicht wie ein Gerichtsprozess auf ein Urteil ab, schaffe aber die Entscheidungsgrundlage für mögliche politische Konsequenzen und sei von ganz entscheidender Bedeutung für die Gesetzgebung. Angelogen worden seien „nicht die jeweiligen die Fragen stellenden Abgeordneten, sondern die Allgemeinheit“, befand die WKStA.

Auch Bonelli habe seine „maßgebliche Rolle“ heruntergespielt. Als Motiv für die Aussagen vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss nannte Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic einen befürchteten Reputationsschaden für den Ex-Kanzler: „Kurz wollte politische Nachteile für sich persönlich und die neue ÖVP abwenden.“ Die im U-Ausschuss untersuchten Vorwürfe würden „in diametralem Widerspruch zum von ihm propagierten neuen Stil“ stehen.

Kurz über seine Verteidigungslinie

Mit welcher Strategie die Verteidigung in den Prozess geht, legt Sebastian Kurz dar.

Zu den Vorwürfen werden Kurz und Bonelli aber erst am Freitag Stellung nehmen können. Der Ex-Kanzler hatte sich am Mittwoch schon mal zuversichtlich gezeigt. Seit zwei Jahren gebe es die Vorwürfe der WKStA, sagte der Ex-Kanzler, der vor Prozessbeginn vor einigen der über 80 angemeldeten Medienvertretern Stellung nahm. Zurück führte Kurz die Vorwürfe auf ein „Zusammenspiel aus Politik und WKStA“. Letztere habe „immer, wenn es zwei Möglichkeiten gab, es auf die für mich ungünstigere interpretiert“.