Elon Musk
IMAGO/USA TODAY Network/Jack Gruber
Bericht

Musk erwägt Twitter-Rückzug aus EU

Der Streit zwischen der Europäischen Union und Tech-Milliardär Elon Musk zieht weite Kreise. Laut einem Medienbericht erwägt Musk, die Kurznachrichtenplattform Twitter (X) aus der EU abzuziehen. Auslöser sei die Unzufriedenheit des Tesla-Chefs mit dem Digitalgesetz DSA. Aus Brüssel kamen zuletzt scharfe Worte Richtung Musk wegen kursierender Falschinformationen auf der Plattform.

Das DSA-Gesetz (Digital Services Act) der EU verpflichtet Onlineplattformen, konsequent und schnell unter anderem gegen Hassrede vorzugehen. Musk bekam jüngst einen Fragenkatalog der EU-Kommission, die mehr darüber wissen will, wie sein Onlinedienst seinen Verpflichtungen nachkommt. Der Grund waren Hinweise auf die Ausbreitung von Gewaltaufrufen und Falschinformationen nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel.

EU-Kommissar Thierry Breton verwies unter anderem auf Berichte über manipulierte Bilder und Mitschnitte von Videospielen, die als echte Aufnahmen ausgegeben worden seien. Musk zeigte Unverständnis über die Nachfragen. Bei DSA-Verstößen drohen hohe Strafen. Laut der Nachrichtenwebsite Business Insider beriet Musk darüber, Twitter nicht mehr in der EU verfügbar zu machen oder den Zugang für Nutzer und Nutzerinnen in der Region zu blockieren.

Yaccarino verwies auf Kontenlöschung

Bis zum 18. Oktober hatte Twitter Zeit, Fragen zu Aktivierung und Funktionsweise seines Krisenprotokolls zu beantworten. Bis Ende des Monates muss das Unternehmen die restlichen eingeforderten Informationen übermitteln. Auf Basis der Antworten werde die Kommission über ein förmliches Verfahren entscheiden, hieß es zuletzt. Die Behörde verwies auch darauf, dass sie Strafen für unvollständige oder irreführende Antworten verhängen könne.

X-Chefin Linda Yaccarina
APA/AFP/Getty Images/Jerod Harris
Laut Twitter-Chefin Yaccarino läuft in Sachen Inhaltskontrolle alles in geregelten Bahnen

Vergangene Woche zählte Twitter-Chefin Linda Yaccarino in einer gut dreiseitigen Antwort die allgemeinen Plattformregeln und dementsprechend von Twitter ergriffene Maßnahmen gegen illegale Inhalte auf. Sie ging nicht direkt auf die von Breton erwähnten Berichte über die Verbreitung manipulierter Bilder sowie Mitschnitte aus Videospielen ein, die als echte Videoaufnahmen ausgegeben wurden.

Seit dem Hamas-Angriff auf Israel seien Zehntausende Einträge entfernt oder gemeldet und Hunderte mit der Hamas verbundene Konten gelöscht worden, sagte Yaccarino. „Auf X gibt es keinen Platz für Terrororganisationen oder gewalttätige, extremistische Gruppen, und wir löschen solche Konten umgehend.“

Musk beschnitt Kontrollteams

Musk hatte nach dem Kauf von Twitter für rund 44 Milliarden Dollar mehr als die Hälfte der Belegschaft entlassen. In großem Maße davon betroffen waren auch die Teams, die für die Kontrolle der Inhalte, die auf Twitter geteilt werden, zuständigen sind. Der Tech-Milliardär behauptete, vor der Übernahme habe Twitter die Redefreiheit zu stark eingeschränkt.

Seit der Übernahme durch Musk beantwortet das Unternehmen Presseanfragen generell mit dem knappen Satz, dass man gerade beschäftigt sei. Er habe schon nach der Übernahme vorgeschlagen, den Dienst nur auf die USA zu reduzieren, um Kosten zu sparen, schrieb Business Insider. Das sei einer der Gründe, warum Musk die internationalen Teams bei der ersten Gelegenheit einsparte, wurde ein Twitter-Mitarbeiter zitiert. Erst Studnen später dementierte Musk: Es handle sich um einen weiteren „völlig falschen“ Bericht des Onlinemediums „Business Insider“, schrieb er auf Twitter (X).

Thierry Breton
Reuters/Issei Kato
EU-Kommissar Breton stellte Twitter bereits ein Ultimatum, um die Falschinfos auf der Plattform unter Kontrolle zu bringen

Ein internationaler Rückzug von Twitter kam Anfang dieses Jahres erneut zur Sprache, als Musk beschloss, fast alle der rund zwei Dutzend weltweiten Büros des Unternehmens zu schließen, darunter die meisten in Europa und Indien sowie die Büros in Australien, Afrika und Südkorea. Damals schlug Musk vor, die Plattform nur noch in den Ländern zu betreiben, in denen sie am beliebtesten ist, also in den USA, Großbritannien und Japan.

Meta verschärfte Vorgehensweise gegen Falschinfos

Der Facebook-Konzern Meta lässt seinen in diesem Jahr gestarteten Twitter-Konkurrenzdienst Threads unter Verweis auf die EU-Digitalgesetze schon jetzt nicht in der Region nutzen. Im Fall von Threads gehen Fachleute allerdings eher davon aus, dass die Beschränkungen für das Zusammenlegen von Daten aus verschiedenen Diensten auch unter dem Dach eines Konzerns der Grund dafür sind. Die Regeln verankern, dass dafür die Zustimmung der Nutzer und Nutzerinnen notwendig ist.

Meta hatte kürzlich angekündigt, nach der Attacke der Hamas auf Israel zusätzliche Maßnahmen gegen die Verbreitung illegaler und irreführender Inhalte im Netz zu ergreifen. Allein in den ersten drei Tagen nach dem Angriff am Samstag vergangener Woche seien 795.000 Beiträge auf Arabisch und Hebräisch entfernt oder als verstörend markiert worden, teilte Meta mit.