Xi Jinping und Wladimir Putin
AP/Louise Delmotte
Nächster gemeinsamer Nenner?

Gaza und die Achse Russland – China

Am Tag, als US-Präsident Joe Biden mit seinem Besuch in Tel Aviv die Unterstützung der USA für Israels Kampf gegen die Hamas untermauert hat, hat sich Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jingping getroffen. Dass Putin in Peking einen von Den Haag ausgestellten internationalen Haftbefehl nicht fürchten musste, stand bereits im Vorfeld außer Frage – vielmehr könnte nach der stärkeren Anbindung der beiden Länder seit Russlands Einmarsch in der Ukraine nun auch der Gaza-Krieg die Achse Moskau – Peking weiter vertiefen.

Beide Länder haben es bisher vermieden, den Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel klar zu verurteilen – gleichzeitig kommt aus China und Russland anhaltende Kritik an Israels Vorgangsweise im Gazastreifen. Die Position der beiden Länder zur Lage in Nahost verdeutliche, wie sehr sich die globale politische Landschaft durch Russlands Einmarsch in der Ukraine verändert hat, hieß es dazu in der „New York Times“ („NYT“).

Diese verwies in diesem Zusammenhang auf die bereits wegen des Ukraine-Krieges zwischen Russland, China und dem Iran gebildete Achse. Der Gaza-Krieg sei nun ein „weiterer Konflikt, der die Polarisierung zwischen den westlichen Demokratien und dem autoritären Lager Russlands, Chinas und des Iran vorantreibt“, zitierte die Zeitung dazu den deutschen Außenpolitikanalysten Ulrich Speck.

„Guardian“ erinnert an Kalten Krieg

Bereits vor Putins China-Reise verwies bereits unter anderem der britische „Guardian“ auf die im Gaza-Konflikt „verschärfte“ Position von Russland und China und eine damit einhergehende „wachsende Kluft zwischen den Verbündeten des Kalten Krieges und westlichen Mächten wie den USA, Großbritannien und Frankreich“.

China und die Sowjetunion seien jahrzehntelang für die „palästinensische Sache eingetreten“, wie der „Guardian“ hier in Erinnerung rief. In jüngerer Zeit hätten die beiden Länder aber auch versucht, „engere Beziehungen zu Israel mit ihren umfassenderen diplomatischen Bemühungen zur Gewinnung von Verbündeten in der arabischen Welt und darüber hinaus in Einklang zu bringen“.

Experte sieht Moskau als Profiteur des Gaza-Krieges

Nach Einschätzung des Nahost-Experten Daniel Gerlach dürfte nun vor allem Russland von dem Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen profitieren. „Die sich wieder mal die Hände reiben, sitzen in Moskau“, sagte Gerlach dazu laut dpa.

Einerseits liege die Aufmerksamkeit zurzeit nicht mehr auf dem Ukraine-Krieg, andererseits stilisiere sich Russland als Teil der Lösung, Mediator und Unterstützer der Unterdrückten, so der Experte.

Russland werde nach Gerlachs Einschätzung „die Lage wohl nutzen, um wieder einmal die westlichen Demokratien als moralisch verkommene, korrupte Staaten darzustellen, die zwar von Menschenrechten, Völkerrecht und Freiheit reden, aber, sobald es um die Palästinenser geht, davon nichts mehr wissen wollen“. Die russische Führung, die selbst einen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, fordert seit Tagen, Zivilisten und zivile Infrastruktur zu schonen.

„Externe Faktoren“ und „gemeinsame Bedrohung“

Nach Darstellung von NBC habe Putin in Peking schließlich auch selbst nahegelegt, dass er so wie beim Ukraine-Krieg nun auch im Sog des Gaza-Krieges die Beziehung mit Peking weiter stärken wolle. „All diese externen Faktoren sind gemeinsame Bedrohungen, und sie stärken die russisch-chinesische Zusammenarbeit“, wie Russlands Präsident dem US-Sender zufolge dazu sagte.

Putin und Xi unterzeichneten nur wenige Wochen vor Russlands Invasion in der Ukraine eine Vereinbarung, in der sie sich zu einer „grenzenlosen“ Beziehung verpflichteten. Pekings Versuche, sich im russischen Krieg gegen die Ukraine als neutraler Friedensvermittler darzustellen, wurden von Westen immer wieder teils scharf kritisiert.

Der Kreml-Chef war der wichtigste Gast beim einem zweitägigen Gipfel zu Chinas „Seidenstraßen“-Prestigeprojekt. China ist Russlands größter Handelspartner. Chinesische Zolldaten zeigen, dass der Handel zwischen den beiden Ländern im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 190 Milliarden Dollar (180 Mrd. Euro) pro Jahr erreichte. „Das bilaterale Handelsvolumen hat einen historischen Höchststand erreicht und nähert sich dem Ziel von 200 Milliarden Dollar an“, so Chinas Präsident Xi.

Chinas Seidenstraße 3.0

Der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping bekräftigen ihre enge Verbindung und wollen die Zusammenarbeit beim „Seidenstraßen“-Großprojekt vertiefen.

Erster großer Auftritt im Ausland seit Kriegsbeginn

Putins Reise zum „Seidenstraßen“-Forum war der erste Besuch des Kreml-Chefs bei einem wichtigen internationalen Akteur seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 und seit dem Erlassen eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen ihn.

Insgesamt reisten Vertreter aus 130 Ländern zum „Seidenstraßen“-Forum an. Das vor zehn Jahren gestartete Projekt „Neue Seidenstraße“ hat zum Bau von Häfen, Eisenbahnlinien, Flughäfen und Industrieparks in Asien, Europa, Afrika und darüber hinaus geführt. Die Projekte sollen China einen besseren Zugang zu den Märkten anderer Länder verschaffen. International wird die Initiative teils scharf kritisiert, weil sie ärmere Länder in die Verschuldung und Abhängigkeit von China treibt.