Schilder mit der Aufschrift „Wir kämpfen für unseren Kollektivvertag!“
APA/Georg Hochmuth
Metaller-KV

Betriebsversammlungen ab Montag

Die Verhandlungen über den Kollektivvertrag der Metallindustrie sind auch am Freitag ergebnislos geblieben. Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA wollen wie angekündigt und beschlossen ab Montag Betriebsversammlungen abhalten. Die Arbeitergeberseite rief zu Mäßigung – auch im Ton – auf, die Gewerkschaften wollen „vorsorglich Beschlüsse für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen“ einholen.

Laut Angaben der Gewerkschaften gab es in der dritten Verhandlungsrunde keine Bewegung beim Angebot der Arbeitgeber: Es liege weiterhin eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent bei einer zugrunde liegenden Inflation von 9,6 Prozent auf dem Tisch. Das sei ein „Hohn gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die hart und schwer gearbeitet haben“, wurden die Chefverhandler Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) in einer gemeinsamen Aussendung zitiert.

Der Arbeitgebervertreter vom Fachverband der Metalltechnischen Industrie (FMTI), Christian Knill, gab den Gewerkschaften die Schuld am „einseitigen“ Abbruch der Verhandlungen. Die Arbeitgeberseite argumentiert, dass durch ihr Angebot Beschäftigte mit niedrigen Löhnen durchschnittlich sieben bis neun Prozent netto mehr erhalten würden. Das stärke wie auch von der Gewerkschaft gefordert die Kaufkraft.

Grafik zu Metallerabschlüssen seit 2017
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Arbeitgeber verweisen auf Rezession und Inflation

Der Verband verwies auf die gesunkene Inflation und die Rezession in der Branche, die Aufträge seien um 30 Prozent eingebrochen. Die Branche gehöre bereits zu den bestbezahlten, das Durchschnittsgehalt betrage 5.100 Euro, der Durchschnittslohn 3.670 Euro, hieß es weiter. Seit 2009 seien die Reallöhne (nach Berücksichtigung der Inflation) in der Branche um zwölf Prozent gestiegen. Man habe ein gemeinsames Interesse, so Knill, „gesunde Betriebe, sichere Arbeitsplätze und gute Bezahlung“.

Die Rechnung einer Lohnerhöhung bis zu neun Prozent bezeichneten Binder und Dürtscher in ihrer Aussendung erneut als „Vodoo-Rechnung“. Die Forderung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach 11,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt bleibe aufrecht. Man erwarte für die nächste Verhandlungsrunde am 2. November ein ernsthaftes und annehmbares Angebot. Die Gewerkschaften würden jedenfalls die Argumentation mit Regierungsmaßnahmen oder der Inflationsrate nicht hinnehmen.

Holpriger Start für dritte Verhandlungsrunde

Der Start der dritten Runde der KV-Verhandlungen war am Freitag ungewöhnlich verlaufen. Die Arbeitgeber hatten von einem inzwischen der Polizei übermittelten Drohbrief berichtet. Die Gewerkschaften wiederum stellten postwendend klar, dass sie derartige Aggressivität selbstverständlich ablehnen.

Rund 2.300 Belegschaftsvertreterinnen und Belegschaftsvertreter beschlossen bereits Anfang der Woche einstimmig, zwischen 21. Oktober und 1. November Betriebsversammlungen in allen Betrieben der gesamten Metallindustrie und im Bergbau abzuhalten, sofern es bei der nächsten Gesprächsrunde zu keinem Abschluss kommt. Die „Bereitschaft, Maßnahmen in den Betrieben zu setzen“, sei groß, hieß es dazu Anfang der Woche in einer Aussendung.

Gewerkschaften beharren auf plus 11,6 Prozent

Die Arbeitgeber hatten zuletzt eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 2,5 Prozent und eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung in Höhe von 1.050 Euro angeboten. Zugleich rechneten sie vor, dass das zusammen mit den Maßnahmen der Bundesregierung – wie der Abschaffung der kalten Progression – ein Lohnplus von rund sieben Prozent bringen würde.

Die Gewerkschaften argumentierten am Freitag erneut, dass die Metallindustrie „beträchtliche Gewinne“ verzeichnet habe, die Unternehmer hätten „exzellente Einkünfte“ erzielt und „ordentlich“ Geld ausgeschüttet. Man wolle sie keinesfalls aus der Verantwortung für die Beschäftigten entlassen. Neben 11,6 Prozent mehr Lohn fordern die Gewerkschaften das Recht, Teile der vereinbarten Lohnerhöhung in zusätzliche Freizeit umzuwandeln. Auch die Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche sei Thema.

IHS-Chef schlägt flexiblen Abschluss vor

Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Holger Bonin, brachte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag einen „möglichst flexiblen“ Abschluss ins Spiel. Es gebe zwar Unternehmen, die sich einen Abschluss in der Höhe der Inflation von 9,6 Prozent leisten könnten, andere aber nicht. Er schlägt daher vor, dass diese „nach unten abweichen“, um Beschäftigung zu sichern. Wie Bonin sagte, könne er sich aber nur „schwer praktisch vorstellen, dass der Abschluss sehr weit unter der Inflationsrate liegt“.

Denn auch die Gewerkschaft habe Erwartungen zu bedienen. Zu den bei den Gewerkschaften unbeliebten Einmalzahlungen sagte der Ökonom, dass man im Kollektivvertrag vereinbaren könnte, dass diese Zahlungen bei den Verhandlungen im Jahr darauf miteinbezogen werden. Darüber hinaus könnte auch eine Wahloption, die Lohnerhöhung in weniger Arbeitsstunden, also in mehr Freizeit, umzuwandeln, für beide Seiten attraktiv sein – sie hätte zudem eine inflationsdämpfende Wirkung, so Bonin.

Andere Branchen liegen bei Inflationsrate

Die Abschlüsse der vergangenen Wochen in anderen Branchen lagen alle bei rund zehn Prozent plus, bei einer Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate von 9,6 Prozent. Die Pensionen steigen um 9,7 Prozent, die Sozialberufe haben in ihrer KV-Runde ein Plus von 15 Prozent gefordert. Den höchsten Abschluss in letzter Zeit haben die Paketzusteller erzielt, sie bekommen 16 Prozent mehr Lohn.

Die Wirtschaftsforscher von WIFO und IHS haben in ihrer Konjunkturprognose KV-Abschlüsse bei der Herbstlohnrunde auf Höhe der rollierenden Inflation – sprich 9,6 Prozent – bereits eingepreist. WIFO-Experte Benjamin Bittschi verwies zuletzt im Ö1-Morgenjournal darauf, dass auch bei sämtlichen KV-Abschlüssen in den vergangenen Monaten die Zwölfmonatsinflation maßgebend war und bei einem Lohn- und Gehaltsplus von rund zehn Prozent abgeschlossen wurde.

Zuletzt hatten WIFO und IHS verkündet, dass sie heuer eine milde Rezession und einen leichten Aufschwung im kommenden Jahr erwarten. Für den heuer schrumpfenden und 2024 stagnierenden Industriesektor sahen die heimischen Ökonomen keinen Bedarf für ein Konjunkturprogramm.